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Verkehrskontrollen

TZu schnell: Wie Autofahrer in Buxtehude vor Gericht gegen Bußgelder kämpfen

Eine Polizeibeamtin steht mit einem Lasermessgerät an einer Bundesstraße und überwacht die Geschwindigkeit der Fahrzeuge. (Symbolbild)

Eine Polizeibeamtin steht mit einem Lasermessgerät an einer Bundesstraße und überwacht die Geschwindigkeit der Fahrzeuge. (Symbolbild) Foto: Patrick Pleul/dpa

Um 100 Euro geht es vor dem Amtsgericht Buxtehude, die fällig sind, weil ein Mann geblitzt wurde. Lohnt es sich, gegen verhängte Strafen vorzugehen? Ein Besuch im Gerichtssaal.

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Von Thomas Sulzyc
Dienstag, 12.08.2025, 05:50 Uhr

Buxtehude. Beim sogenannten Blitzermarathon hat die Polizei bundesweit eine Woche lang Autofahrer kontrolliert. Bis vergangenen Sonntag lief auch in Niedersachsen die Geschwindigkeitskontrollwoche. Eine Gesamtbilanz werde das niedersächsische Innenministerium voraussichtlich Mitte der Woche veröffentlichen, berichtete am Montag der NDR.

Eine Welle von Widersprüchen gegen Bußgeldbescheide dürfte nach dem Blitzermarathon auf die Amtsgerichte im Land zukommen. Denn Autofahrer scheuen sich auch bei geringen Bußgeldern nicht, vor Gericht zu ziehen. Das zeigten vor kurzem zwei Ordnungswidrigkeitenverfahren am Amtsgericht Buxtehude.

Die Szenerie in Saal 2 ist speziell: Nur die Amtsrichterin und jeweils ein Rechtsanwalt nehmen teil. Sie verhandeln in Abwesenheit der betroffenen Autofahrer. Diese dürfen auf eigenen Wunsch hin in beiden Fällen fehlen, weil sie jeweils zugegeben haben, das Auto gefahren zu haben. Die Amtsrichterin führt selbst Protokoll - das ist bei diesen Verfahren so üblich.

In einem Fall zweifelt eine 62 Jahre alte Autofahrerin aus Estorf das Ergebnis einer Geschwindigkeitsmessung an. 21 Stundenkilometer zu schnell soll sie demnach am Dezember 2024 in geschlossener Ortschaft in Jork-Borstel gefahren sein.

Autofahrerin will Punkt in Flensburg vermeiden

Mit der Zahlung von 135 Euro Bußgeld wäre die Sache erledigt gewesen. Doch die Autofahrerin kämpft vor Gericht, weil sie einen Eintrag in das Fahreignungsregister in Flensburg abwenden will. Ein Fahrverbot droht ihr aber nicht. Nur einmal sei die Estorferin in der Vergangenheit aufgefallen, weil sie einem anderen Autofahrer die Vorfahrt genommen hatte.

Um die Geschwindigkeitsmessung in Zweifel zu ziehen, hat die Estorferin einen Gutachter beauftragt. Der kommt zu dem Ergebnis: Es sei nicht auszuschließen, dass die Estorferin nur 20 Stundenkilometer zu schnell gefahren sei - und damit der Eintrag in die Verkehrssünderdatei entfiele. Begründung: Spezielle Zusatzdateien würden dem vom Landkreis Stade eingesetzten Messgerät fehlen.

Kein Zweifel am Messgerät des Landkreises Stade

Die Ergebnisse von Messgeräten des Landkreises Stade anzuzweifeln, haben Rechtsanwälte in der Vergangenheit öfter probiert - in diesem Fall ohne Erfolg. Jedenfalls stellt die Amtsrichterin mit Hinweis auf „oberlandesgerichtliche Rechtsprechung“ klar: „Amtsgerichte können den Messergebnissen vertrauen.“

Das Gutachten nennt die Richterin „enttäuschend“. Zu abstrakt sei es, ohne konkreten Bezug zu dem Fall. Das Urteil: Wegen fahrlässiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit bleibt es bei 135 Euro Geldbuße und einem Punkt in Flensburg.

Wegen 100 Euro Bußgeld streitet ein 50 Jahre alter Autofahrer aus Fredenbeck in einem anderen Fall - ohne Erfolg. Er war im vergangenen Januar bei einer Geschwindigkeitskontrolle mit 75 Stundenkilometern außerhalb geschlossener Ortschaft bei Harsefeld-Rutenbeck gefahren - erlaubt sind dort nur 50.

So zweifeln Rechtsanwälte Messungen an

Ein Schlosssymbol fehle auf dem Foto, moniert sein Rechtsanwalt. Damit sei die Manipulation der Messung nicht ausgeschlossen. Er fordert für seinen Mandanten: kein Eintrag in die Verkehrssünderdatei, ein Verwarngeld unter 60 Euro.

Mit Hinweis auf ein fehlendes Schlosssymbol versuchen Rechtsanwälte häufiger, Bußgeldbescheide aufheben zu lassen. In diesem Fall vor dem Amtsgericht Buxtehude ohne Erfolg: „Laut oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung bedarf es des Schlosssymbols auf dem Beweisfoto nicht“, sagt die Amtsrichterin.

Lohnt es sich, gegen Bußgelder vorzugehen?

Viele Bußgeldbescheide seien fehlerhaft, heißt es auf dem Portal Bußgeldkatalog.org, das ein Verlag mit Sitz in Berlin betreibt.

Aber: Wer vor Gericht verliert, muss die Verfahrenskosten bezahlen. In den beiden Fällen vor dem Amtsgericht Buxtehude sind das jeweils 60 Euro. Werden Zeugen geladen, zählt zu den Verfahrenskosten auch deren Entschädigung, zum Beispiel für Fahrkosten und Verdienstausfall.

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