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Fahndung

RAF-Raubserie im Fernsehen: Neue Hinweise zum Stader Marktkauf-Überfall?

Mit Spannung wird der Fahndungsaufruf zu den ehemaligen RAF-Terroristen in der Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“.

Mit Spannung wird der Fahndungsaufruf zu den ehemaligen RAF-Terroristen in der Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“. Foto: Joerg Carstensen/dpa

Seit Jahrzehnten bemühen sich Zielfahnder, sie zu erwischen: drei untergetauchte RAF-Terroristen. Ihr Spur führte 2012 bis nach Stade. An diesem Mittwoch soll ein Millionenpublikum bei der Fahndung helfen.

Von Redaktion Mittwoch, 14.02.2024, 01:30 Uhr

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Hannover. Seit Jahrzehnten bemühen sich Zielfahnder, sie zu erwischen: drei mutmaßliche ehemalige Terroristen sind trotz Auflösung der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) im Jahr 1998 heute noch auf Fahndungsplakaten zu sehen. An diesem Mittwoch unternehmen die Ermittler einen neuen Versuch, die „RAF-Rentner“ dingfest zu machen - mithilfe des Millionenpublikums der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ (Mittwoch, 20.15 Uhr)

Schon seit 2015 versuchen Zielfahnder des Landeskriminalamtes Niedersachsen das Trio aufzuspüren. Gesucht werden Ernst-Volker Staub (69), Burkhard Garweg (55) und Daniela Klette (65). Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt seit 2015 gegen die drei wegen versuchten Mordes und diverser schwerer Raubüberfälle im Zeitraum von 1999 bis 2016.

Als RAF-Terroristen Marktkauf in Stade überfielen

Tatorte der versuchten und vollendeten schweren Überfälle waren in Niedersachsen unter anderem in Wolfsburg (28.12.2015), Cremlingen im Landkreis Wolfenbüttel (25.06.2016) und Stuhr bei Bremen (06.06.2015). DNA-Spuren brachten die ehemaligen RAF-Terroristen ins Visier der Fahnder. In Nordrhein-Westfalen sollen die Beschuldigten für Raubüberfälle in Bochum-Wattenscheid (27.12.2006) und Essen (13.12.2015) verantwortlich sein. Ziele waren oft Geldtransporte oder Supermärkte.

In Stade sollen die ehemaligen RAF-Mitglieder 2012 aktiv gewesen sein: Zwei Männer waren an Heiligabend in das Kassenbüro des Marktkauf-Centers eingedrungen, hatten drei Angestellte überwältigt und mit dem erbeuteten Geld - mehrere Tausend Euro - in einem silberfarbenen VW-Golf 3 die Flucht ergriffen.

Staub, Garweg und Klette werden zur sogenannten dritten Generation der RAF gerechnet. Die Gesuchten sollen seit den 1990er-Jahren im Untergrund leben. Der dritten Generation der RAF werden unter anderem die Morde am Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen im Jahr 1989 und am Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder 1991 zur Last gelegt.

Hoffnung auf neue Hinweise zu Raubserie von früheren RAF-Terroristen

Die Staatsanwaltschaft Verden geht aber davon aus, dass die Raubüberfälle nicht mehr politisch motiviert sind, sondern die Beschuldigten damit ihren Lebensunterhalt im Untergrund finanzieren, weshalb weitere Taten möglich seien. Unklar ist den Ermittlern zufolge, ob sich die drei derzeit in Deutschland oder im Ausland aufhalten. Mindestens zwischen 1999 und 2016 dürften sie in Deutschland gewohnt haben. Das Trio wurde 2020 auf die „Europe’s Most Wanted-Liste“ gesetzt, mit deren Hilfe europaweit nach Schwerstkriminellen und Terroristen gesucht wird.

Der am Freitag von der Staatsanwaltschaft Verden veröffentlichte neue Fahndungsaufruf hat mit Ermittlungen - darunter Durchsuchungen und Vernehmungen - der vergangenen Monate zu tun. Der Behörde zufolge hat einer der Gesuchten nachweislich weiterhin intensiven Kontakt nach Deutschland. In der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ sollen in einem Filmbeitrag auch die gravierenden Folgen der Verbrechen für die Opfer thematisiert werden. Bei der Raubserie hatten die Täter Wochen vorher gebrauchte Autos gekauft, sie setzten am Tatort Schusswaffen ein, flüchteten und fackelten später die Fluchtautos ab. Allein in Cremlingen wurden nach früheren Polizeiangaben 600.000 Euro erbeutet.

Die Behörden wenden sich in ihrem neuen Fahndungsaufruf auch gezielt an die Familien der beschuldigten Serienräuber und ehemaligen Terroristen, an deren Freundeskreis und ehemalige RAF-Unterstützer. Es gebe die Möglichkeit, anonyme Hinweise zu geben, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Die Gesuchten selber könnten sich ebenfalls melden. Dann werde auch die Möglichkeit einer Kronzeugenregelung besprochen. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Beschuldigten führt, ist von verschiedenen Stellen eine Belohnung von insgesamt 150.000 Euro ausgesetzt. Die Ermittler warnen davor, sich den Gesuchten selbst zu nähern, sie seien bewaffnet.

Von Interesse für die Fahnder sind nicht nur Hinweise zu den konkreten Taten, sondern auch Informationen zum Gesundheitszustand und zu den Interessen der Beschuldigten - auch aus der Zeit, bevor das Trio in den 1990ern untergetaucht ist.

Raubüberfall auf Ehepaar in „XY“-Sendung

Außerdem geht es in der „XY“-Sendung um einen Raubüberfall am 19. August 2022 auf ein Ehepaar aus Werlte im Landkreis Emsland. Zwei maskierte und mit Maler-Overalls bekleidete Männer brachen in die Villa des Ehepaars ein, teilte die Polizei mit. Sie bedrohten die beiden und durchsuchten das Haus. Als der Mann sich gegen einen der Einbrecher wehren wollte, trat dieser zu.

Der 83-Jährige stürzte und brach sich dabei die Hüfte. Die Täter flohen mit wertvollem Schmuck, einer Pistole und einem Geldbetrag in fünfstelliger Höhe. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, wird eine Belohnung von 25.000 Euro ausgelobt. (dpa)

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