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Nachbarschaft

TAlarm im Rathaus: Fußballspielen auf dem Sportplatz in Steinkirchen ist illegal

Auf dem Sportplatz des Schulzentrums Steinkirchen am Mühlenweg dürften eigentlich keine Vereine wie die SG Lühe spielen. Die Anlage ist nur für den Schulsport zugelassen.

Auf dem Sportplatz des Schulzentrums Steinkirchen am Mühlenweg dürften eigentlich keine Vereine wie die SG Lühe spielen. Die Anlage ist nur für den Schulsport zugelassen. Foto: Vasel

Bei einem 14-Millionen-Euro-Etat fallen 20.000 Euro nicht groß ins Gewicht. Doch auch kleine Beträge können wichtig sein. Wenn der Rat die Mittel nicht bewilligt, droht den Fußballern in Steinkirchen ein Platzverbot am Mühlenweg. Das ist der Grund.

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Von Björn Vasel
Freitag, 08.12.2023, 06:50 Uhr

Steinkirchen. Der Sportplatz am Mühlenweg nördlich der Sporthalle am Striep ist am 10. Oktober 1989 lediglich als „Schulsportanlage“ genehmigt worden. Der Landkreis Stade hat - auf Antrag der Samtgemeinde Lühe - seinerzeit eine Baugenehmigung für die „Herstellung eines Spiel- und Sportplatzes mit Ballfanganlage und Flutlichtanlage“ erteilt.

Doch in den Folgejahren wurde die Anlage nicht nur von den Schülern der Grundschule und der heutigen Oberschule genutzt, auch Fußballer der Spielgemeinschaft Lühe (SG) und Leichtathleten nutz(t)en die Anlage für Training sowie Punktspiele beziehungsweise Wettkämpfe. Im Jahr 2003 errichtete die SG Lühe auf einer öffentlichen Fläche ein Vereinsheim, über die Jahre kamen zwei Anbauten hinzu.

Nachbar kritisiert illegale Nutzung und Lärm der Kicker

Die mit der Samtgemeinde Lühe abgestimmte, im Rückblick unrechtmäßige Nutzung des Platzes durch die Vereine blieb nicht ohne Folgen. Es gab und gibt Konflikte mit der Nachbarschaft - insbesondere durch die Nutzung des Vereinsheims und den Lärm bei den Heimspielen der Herrenmannschaft.

An der Bande klebt ein Aufkleber der SG Lühe.

An der Bande klebt ein Aufkleber der SG Lühe. Foto: Vasel

Der laute Tor-Jingle und das heftige Trommeln der Fans auf die Bande, aber auch lautstarkes Feiern mit Musik aus Lautsprechern stießen bei Nachbarn wie Johannes Cordes sauer auf. Der Obstbauer kritisiert, dass regelmäßig gegen die Lärmschutzverordnung verstoßen werde. Er moniert, dass die Verwaltung wissentlich den Verstoß gegen Recht und Gesetz geduldet habe.

Er habe eigentlich im Grundsatz nichts gegen das Fußballspielen. Doch auf die Nachbarschaft werde „keine Rücksicht genommen“. Laut Sportanlagenlärmschutzverordnung seien maximal 60 Dezibel (dB) erlaubt, „wir haben wiederholt bis zu 100 dB gemessen“. Bis in den späten Abend laufe der Fußballbetrieb - im Herbst/Winter auch unter Flutlicht. Der Schriftverkehr mit Samtgemeinde, Landkreis und Sportverein füllt Ordner. Cordes fordert, dass der Spielbetrieb und der Alkoholausschank im Vereinsheim („eigentlich eine Umkleide und keine Kneipe“) auf der Schulsportanlage eingestellt werden.

Das Vereinsheim der SG Lühe steht am Sportplatz - nordwestlich der großen Sporthalle am Striep.

Das Vereinsheim der SG Lühe steht am Sportplatz - nordwestlich der großen Sporthalle am Striep. Foto: Vasel

Es gebe schließlich weitere Fußballplätze in der Samtgemeinde Lühe als Alternative. Im November schlug Cordes der Kommune eine „gütliche Einigung“ vor - verbunden mit einer Spende von 10.000 Euro für den Verein bei Aufgabe des Platzes und des Vereinsheims.

Das ist mittlerweile hinfällig. Cordes hat einen Anwalt eingeschaltet. Die Samtgemeinde Lühe will jetzt über eine Nutzungsänderung den Platz auch für Vereine wie SG Lühe und TuS Grünendeich-Steinkirchen sichern. Das sagte Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke dem TAGEBLATT.

In den Haushaltsentwurf 2024, der erst am Montag abgestimmt werden soll, wurden kurzfristig 20.000 Euro zusätzlich eingestellt. Das kritisierte Cordes in der Einwohnerfragestunde. Er rechnet damit, dass auf die Samtgemeinde nun Kosten in Höhe von bis zu 100.000 Euro für Lärmschutz und höhere Ballfangzäune oder Nutzungsauflagen zukommen. Gerke will den Vereinssport sichern, das sei gemeinsames Ziel von Politik und Verwaltung. Privatfeiern habe er untersagt und Rücksichtnahme eingefordert. Er habe nach Kenntnis der Rechtslage umgehend Kontakt mit dem Kreis aufgenommen.

Landkreis Stade setzt auf Gutachten

Dass die Fußballer und die Leichtathleten den Sportplatz seit Jahrzehnten illegal nutzen, ist auch der Leiterin des Kreis-Bauordnungsamtes, Annette Krispin, und ihren Kollegen bekannt. „Wir wissen, dass auf dem Fußballplatz am Mühlenweg auch Vereinstätigkeiten stattfinden“, sagt Kreissprecher Daniel Beneke. Er bestätigt, dass die Samtgemeinde gegenüber dem Fachamt einen Antrag auf Nutzungsänderung angekündigt habe. Im Zuge dieses Verfahrens seien entsprechende Gutachten - unter anderem zum Lärm - zu erstellen.

Es gebe einen regen Austausch zwischen Rathaus und Kreishaus. „Wir erkennen an, dass die Samtgemeinde bemüht ist, einen rechtskonformen Zustand herzustellen.“ Für das im Jahr 2003 errichtete Vereinsheim - es steht auf einer öffentlichen Fläche - „liegt eine Baugenehmigung vor“. Lediglich für zwei kleinere Anbauten laufe derzeit ein Genehmigungsverfahren, so Beneke. Der Kreis hatte zwischenzeitlich auch eine Lärmmessung während eines Fußballspiel angekündigt.

Weil nun entsprechende Gelder in den Haushalt 2024 eingestellt werden, geht der Landkreis Stade davon aus, dass das Problem der illegalen Nutzung durch den Vereinssport geheilt werden könne.

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