TDorfstromer: Wie ein Verein zur Erfolgsgeschichte wurde

Der Vorstandsvorsitzende Edgar Schmidt lädt einen Dorfstromer auf. Foto: Battmer
Die Wagen Nummer 26, 27 und 28 stehen schon in den Startlöchern. Inzwischen sind die E-Autos der Dorfstromer im ganzen Landkreis Stade und sogar in Hamburg unterwegs. Das Carsharing-Modell ist eine Erfolgsgeschichte - dennoch gibt es Zukunftssorgen.
Landkreis. Dorfstromer goes Süderelbe: Ab November werden die weißen E-Autos mit der grünen Schrift auch im Fischbeker Heidbrook und im Neugrabener Baugebiet Vogelkamp unterwegs sein. Ebenfalls noch im November soll auch Buxtehude einen Dorfstromer bekommen - am Sparkassen-Neubau in der Bahnhofstraße müsse nur die E-Ladesäule angeschlossen werden, berichtet Edgar Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Dorfstromer.
Es werden die Fahrzeuge Nummer 26 bis 28 im Dienste des kleinen Vereins sein. Bis heute haben die Autos der Dorfstromer 520.000 CO2-freie Kilometer zurücklegt; der Verein hat derzeit 720 fahrberechtigte Nutzer. Das hätten sich die Gründer bei ihren ersten Überlegungen vor etwa fünf Jahren auch nicht erträumt. „Eigentlich wollten wir damals nur drei oder vier Fahrzeuge“, erzählt Schmidt (73). Doch dann wurden die Dorfstromer „Opfer“ ihres eigenen Erfolgs.
Mit drei E-Autos kam der Erfolg
Dabei war der Start alles andere als rosig. Etwa Ostern 2019 gingen die Dorfstromer mit einem ersten Fahrzeug an den Start. Alle zwei Wochen sollte der Wagen zwischen Horneburg, Jork und Steinkirchen umgeparkt werden. Die Resonanz war mäßig. „Das wurde nicht angenommen. Die Leute mussten verlässlich wissen, wo das Auto steht“, sagt Schmidt. „Also waren wir mutig und haben im Sommer 2019 zwei weitere Fahrzeuge angeschafft.“
Mit nun drei Fahrzeugen stellte sich schnell der Erfolg ein. 2019 wurde der Verein mit dem Gründerstar-Sonderpreis in der Kategorie „Mobilität“ ausgezeichnet. Regelmäßig luden Kommunen den Verein ein, um sein E-Carsharing-Modell vorzustellen.

Die E-Autos der Dorfstromer fahren schon im gesamten Landkreis, aber auch über die Kreisgrenzen hinaus. Foto: Battmer
Seitdem haben sich die Dorfstromer immer weiter ausgebreitet. Der wohl wichtigste Schritt aus Sicht von Edgar Schmidt war die Kooperation mit der Raisa im Jahr 2020. Damit hat der Verein nicht nur die Stader Geest geentert. Ein weiterer Meilenstein sei der Sprung nach Hamburg gewesen: In der Frank’schen Siedlung kamen gleich fünf Fahrzeuge auf einen Schlag dazu.
Wohnungsbau: Carsharing statt Stellplätze
Gut ein Dutzend lose und konkrete Anfragen haben die Dorfstromer derzeit. Ein besonderes Projekt hebt Schmidt dabei in Freiburg hervor: Eine Genossenschaft hinter dem Mehrgenerationsprojekt in der Alten Meierei möchte Carsharing anbieten - und damit die Zahl der benötigten Parkplätze reduzieren. 1,5 Stellplätze pro Wohneinheit sind üblicherweise vorgeschrieben. Wird das nicht erreicht, drohen Ablösezahlungen an die Gemeinde. Alternativ kann der Bauherr aber auch Carsharing-Plätze vorhalten, diese müssen im Bauantrag schon dargestellt sein.
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Für Schmidt ein Vorgehen mit Modellcharakter. „Das wird wohl Standard“, sagt er. Finanziell lohne sich das für die Bauherren, schließlich könnte dieser mehr Wohnraum statt Parkflächen bauen. Und an dieser Stelle kommen auch die Dorfstromer ins Spiel: „Wir haben schon Gespräche mit Baugenossenschaften geführt“, berichtet Schmidt. Für ein Bauprojekt in Horneburg zum Beispiel gebe es eine entsprechende Vereinbarung.
Verein sucht dringend einen Fahrzeugwart
Und trotz alledem plagen die Dorfstromer Zukunftssorgen. „Wir brauchen Unterstützung“, sagt Schmidt. So kümmere sich zum Beispiel aktuell niemand um die sozialen Medien des Vereins, auch die Angaben auf der Webseite sind zum Teil nicht mehr aktuell.

Edgar Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Dorfstromer, sagt: "Wir brauchen Unterstützung." Foto: Battmer
Aber es betrifft auch die Fahrzeuge - Stichwort: Autowäsche, TÜV oder Reparaturtermine. Für alle Standorte gibt es zwar einen Fahrzeugpaten, doch die Dorfstromer suchen noch händeringend einen Fahrzeugwart, der sich um alle Wagen kümmert. „Gerne ehrenamtlich, aber wenn es nicht anders geht auch als Mini-Job“, sagt Schmidt. Bislang hat der Verein nur eine bezahlte Kraft: eine Buchhalterin, ebenfalls als Mini-Jobberin.
Müssen die Dorfstromer ein Unternehmen werden?
Da stellt sich die Frage, ob die Dorfstromer nicht langsam zu groß geworden sind, um als reiner Verein zu funktionieren. Denn im Wesentlichen kümmern sich die Vorstandsmitglieder Edgar Schmidt, Hans-Joachim Raydt, Sonja Zinke, Margaret Schindler und Hans-Georg Ehlers um die Belange des Vereins. Ehrenamtlich, versteht sich.
Sollten sich die Dorfstromer unternehmerisch aufstellen - etwa als GmbH - müssten die Entgelte steigen, ist Schmidt überzeugt. Bislang zahlen Nutzer 5 Euro pro Stunde. Etwa 850 Euro müsse ein Dorfstromer derzeit für eine schwarze Null einfahren, sagt Schmidt. Und falls nötig, gleichen die Kommunen das Minus im Ort aus. „Wir sind kein kommerzielles Angebot, das ist vielmehr eine Nachbarschaft, die sich ein Fahrzeug teilt“, stellt Schmidt klar. Und das soll nach Möglichkeit auch so bleiben. Doch dafür brauchen die Verantwortlichen ein paar helfende Hände mehr.