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Straftaten

TBedrohungslage im Landkreis Stade: Gewalttäter bleibt in der Psychiatrie

Im Stadthaus in Buxtehude wurden die Sicherheitsvorkehrungen nach dem Zwischenfall am 27. August erhöht.

Im Stadthaus in Buxtehude wurden die Sicherheitsvorkehrungen nach dem Zwischenfall am 27. August erhöht. Foto: Wisser

Aufatmen in Buxtehude und Horneburg: Der psychisch kranke Mann, der in beiden Orten Menschen angegriffen hat, bleibt in der Psychiatrie. Aber es gibt Konsequenzen.

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Von Karsten Wisser
Donnerstag, 18.09.2025, 05:50 Uhr

Buxtehude, Horneburg. Die Kette der Gewalttaten eines psychisch Kranken macht wieder Schlagzeilen – allerdings nicht, weil etwas Neues passiert ist. Überregionale Medien haben das Thema zehn Tage nach dem letzten Vorfall entdeckt und darüber berichtet.

Der Flüchtling, der zuletzt für die Schließung des Stadthauses in Buxtehude gesorgt hat, hatte in Horneburg zwei Rathausmitarbeiter angegriffen und einen Apotheker schwer verletzt. Auch das Horneburger Rathaus war eine Zeit lang geschlossen. Vorher war er in Stade auffällig geworden, wo Jobcenter und Arbeitsagentur ein Hausverbot gegen den Mann aussprachen.

Seit drei Wochen in der Psychiatrie untergebracht

Nachdem es vier Polizisten brauchte, den Mann aus dem Stadthaus zu bekommen, war er in die Psychiatrie des Elbe Klinikums Stade eingewiesen worden. Dort ist er seit drei Wochen untergebracht.

Offiziell ist jetzt, dass der Sudanese weitere drei Wochen dort bleiben soll. Das zuständige Amtsgericht Buxtehude ist der Empfehlung der behandelnden Mediziner und dem daraus resultierenden Antrag des Landkreises Stade gefolgt. Zuständig für solche Fälle ist der Sozialpsychiatrische Dienst. Ohne Verlängerung wäre der Mann am Mittwoch entlassen worden.

Angreifer soll Widerspruch eingelegt haben

Allerdings soll es nach TAGEBLATT-Informationen einen Widerspruch gegen die Verängerung geben. Der Flüchtling lebt seit zehn Jahren in Deutschland und soll gut Deutsch sprechen. Sein Gemütszustand und seine Aggressivität sind wohl auch davon abhängig, ob er Medikamente nimmt.

Er soll als junger Mann eingereist sein und schon 2021 und 2022 Gewalttaten verübt haben. Sein Aufenthaltsrecht leitet sich aus dem subsidiären Schutzstatus für Flüchtlinge ab. Im Sudan herrschen Bürgerkrieg und Hungersnot.

Das Stadthaus in Buxtehude bleibt weiter geöffnet

Die beiden betroffenen Verwaltungen hatten sich auf die Entlassung des Mannes bereits vorbereitet. In Buxtehude waren Fachgruppen umgesetzt und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen während der anderthalbwöchigen Schließung veranlasst worden.

Ralf Dessel ist der Erste Stadtrat und allgemeiner Vertreter der Bürgermeisterin.

Ralf Dessel ist der Erste Stadtrat und allgemeiner Vertreter der Bürgermeisterin. Foto: Daniela Ponath

„Das Stadthaus bleibt offen“, sagt Ralf Dessel, Erster Stadtrat, jetzt gegenüber dem TAGEBLATT. Unter anderem setzt die Stadt dabei auf einen Sicherheitsdienst. Der Schutz der Mitarbeiter und der Kunden habe Priorität. Während der Schließung gab es Zutritt nur über eine Nebentür und nach vorheriger Terminvereinbarung.

Das Stadthaus Buxtehude in Buxtehude wird jetzt durch einen Sicherheitsdienst geschützt.

Das Stadthaus Buxtehude in Buxtehude wird jetzt durch einen Sicherheitsdienst geschützt. Foto: Wisser

Späte Meldung an die zuständige Stelle

Inzwischen ist geklärt, warum die Kreisverwaltung die Zwangseinweisung in die Psychiatrie nicht schon nach den Angriffen in Horneburg beantragt hatte – es gab schlicht keine Meldungen an den Kreis. Der Hinweis hat ihn am 27. August, dem Tag des Tumults im Buxtehuder Stadthaus, erreicht.

Angesichts der Vorgeschichte wurde das mit Verwunderung aufgenommen. Der Sudanese hatte im Horneburger Rathaus einer Mitarbeiterin mit der Faust unvermittelt ins Gesicht geschlagen. Einen Kollegen der Frau schubste der Mann um und bedrohte die geschlagene Kollegin dann mit einem Metall-Gegenstand.

Diese Jagdszenen gab es im Horneburger Rathaus

Dann wandte er sich aber wieder dem anderen Mitarbeiter zu, der daraufhin durch die Haupttür des Rathauses flüchtete und von dem Mann verfolgt wurde. Seine Kollegen schlossen diese Tür schnell ab. Der Verfolgte rettete sich durch eine Nebentür zurück ins Rathaus und verriegelte diese dann ebenfalls. So war der Flüchtling ausgesperrt.

Tatort Horneburger Rathaus: Hier griff der Sudanese Mitarbeiter an.

Tatort Horneburger Rathaus: Hier griff der Sudanese Mitarbeiter an. Foto: Buchmann

In den Folgetagen belagerte der mutmaßliche Täter das Horneburger Rathaus. „Wenn der Mann entlassen wird, schließen wir das Rathaus wieder ab“, sagt Horneburgs Bürgermeister Knut Willenbockel angesichts der Jagdszenen, die sich im Rathaus abgespielt haben.

Wenn der Mann entlassen wird, schließen wir das Rathaus wieder ab.

Knut Willlenbockel, Bürgermeister von Horneburg

Die Sicherheit der Kollegen habe erste Priorität. Wer Dinge im Horneburger Rathaus erledigen wolle, könne klingeln und werde dann hereingelassen, so Willenbockel.

Knut Willenbockel ist der Horneburger Samtgemeindebürgermeister.

Knut Willenbockel ist der Horneburger Samtgemeindebürgermeister. Foto: Buchmann

Brutaler Angriff auf einen Apotheker

Vor dem Angriff im Horneburger Rathaus soll der Obdachlose vormittags einen Wachmann der Stader Arbeitsagentur angegriffen haben. Wenige Tage nach den Jagdszenen im Rathaus lief der Angriff auf einen Apotheker in Horneburg noch brutaler ab.

Der mutmaßliche Täter soll den Apotheker ins Gesicht getreten und dem Opfer die Augenhöhle gebrochen haben. In den Fällen war die Identität des Täters sofort bekannt.

Die TAGEBLATT-Recherchen hatten ergeben, dass es zwischen den beteiligten Behörden aufgrund von Datenschutz und ärztlichen Verschwiegenheitspflichten in der Regel wenig Möglichkeiten gibt, sich über Bedrohungslagen auszutauschen.

Behörden informieren sich jetzt gegenseitig

Inzwischen gibt es Kanäle, über die Informationen ausgetauscht werden. Die Verwaltungen in Horneburg und in Buxtehude haben auf diese Weise erfahren, dass der Angreifer erst einmal nicht freigelassen wird.

Laut dem Niedersächsischen-Psychisch-Kranken-Gesetz (NPsychKG) ist eine Einweisung in die Psychiatrie zulässig, wenn von der Person eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für sich oder andere ausgeht, die anders nicht abgewendet werden kann.

In einer früheren Version des Textes stand, dass die neue Betreuungsperson des psychisch kranken Manns den Widerspruch gegen die Verlängerung der Unterbringung eingelegt hat. Das war falsch.

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