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Testspiel

TBezirksligist empfängt Bundesligist: Das erwartet den HSV in Elstorf

Die Vereinsvorsitzenden Ingo Rischer (Zweiter von rechts) und Jan Svensson.

Die Vereinsvorsitzenden Ingo Rischer (Zweiter von rechts) und Jan Svensson. Foto: Scholz

TSV Elstorf gegen den HSV: Dieses Spiel elektrisiert das 3000-Einwohner-Dorf. Warum ausgerechnet der Siebtligist erster Testspielgegner des Bundesliga-Rückkehrers ist?

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Von Tim Scholz
Donnerstag, 03.07.2025, 05:50 Uhr

Elstorf. „Habt ihr vielleicht noch Karten?“, fragt ein älterer Mann. Jan Svensson bleibt stehen, schüttelt freundlich den Kopf. „Leider nein. Wir sind restlos ausverkauft.“ Vier Tage vor dem Spiel läuft Svensson, zweiter Vorsitzender des TSV Elstorf, über die Sportanlage an der Schützenstraße und kann es kaum fassen, was da auf den Verein zukommt.

Am Samstag (13 Uhr) empfängt der Bezirksligist zum 100-jährigen Vereinsjubiläum den Hamburger SV. Statt der üblichen 100 Zuschauer werden 3200 erwartet, Karten gibt es keine mehr. „Wir hätten sicherlich doppelt so viele verkaufen können“, sagt Svensson. Zuerst durften Mitglieder und Sponsoren zugreifen, dann „befreundete Vereine“ aus der Umgebung. Einen freien Verkauf gab es nicht.

Langes Warten auf die Zusage

Im Herbst vergangenen Jahres hat der TSV Elstorf sein Konzept an den HSV geschickt, musste dann aber lange warten. Die Planungen begannen dennoch. „Wir sind schon ein bisschen nervös geworden“, sagt Svensson. Die endgültige Zusage kam erst vor einigen Wochen.

Der TSV Elstorf feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum.

Der TSV Elstorf feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum. Foto: Scholz

Jan Svensson (48), HSV-Fan durch und durch, hat einen Zollstock in der Hosentasche und Schweißperlen auf der Stirn. Erste Telefonate führt er schon morgens um 7 Uhr. Nachmittags ist sein Handy meistens leer.

Elstorf setzt sich gegen viele Mitbewerber durch

Doch warum sucht sich Hamburg gerade einen Siebtligisten aus? „Der Trainer wollte zum Aufgalopp einen leichten Gegner“, erklärt Alexander Hartwig von der Agentur Onside, die das Testspiel für den HSV organisiert. Für Elstorf sprach vor allem die Infrastruktur: „Selbst die beste Organisation nutzt nichts, wenn der Platz nicht top ist“, sagt Hartwig, der sich vor Ort selbst davon überzeugt hat.

In der Regel bewerben sich gut hundert Vereine um Testspiele gegen den HSV. Zur Höhe der Antrittsgage hält sich Hartwig aus vertraglichen Gründen bedeckt. Sie sei „angemessen, damit der Gastgeberverein Spaß an so einem Event hat und nicht in finanzielle Schwierigkeiten kommt“.

Der Verein lässt auf der Gegengeraden Stehtraversen errichten.

Der Verein lässt auf der Gegengeraden Stehtraversen errichten. Foto: Scholz

Svensson sagt: „Wir werden nicht reich damit, gehen aber davon aus, dass es kostendeckend wird.“ Der TSV-Vorstand freut sich über die vielen ehrenamtlichen Helfer aus dem Verein. Rund 100 der 1200 Mitglieder sind in die Vorbereitungen eingebunden.

Mähroboter trimmen den Rasen auf gewünschte Höhe

Die ersten beiden Zusatztribünen mit jeweils 122 roten Sitzschalen und Überdachung stehen bereits, drei weitere folgen. Auf der Gegengeraden entstehen zwei lange Stehtraversen für jeweils 780 Fans. Hinter dem Tor montieren Jan Meyer und Thomas Reichling Werbebanden. 20 Meter fehlen noch.

Die Vorbereitungen laufen: Jan Meyer arbeitet an den Werbebanden.

Die Vorbereitungen laufen: Jan Meyer arbeitet an den Werbebanden. Foto: Scholz

Auch der Platz wird aufwendig vorbereitet. Eine Fachfirma aerifizierte, düngte, besandete und säte nach. Eine Firma aus Halvesbostel stellte Mähroboter zur Verfügung, die den Rasen auf die vom HSV gewünschte Höhe trimmen: 24 Millimeter. „Der Platz sieht schon super aus“, sagt Svensson.

30 Journalisten und eine große HSV-Delegation

Der TSV Elstorf erwartet eine 50-köpfige Delegation des HSV. Die Anforderungen des Bundesligisten halten sich in Grenzen. „Obst, Wasser und ein abgesperrter Bereich hinter der Trainerbank - das war‘s im Wesentlichen“, sagt Svensson. Auch beim Ticketverkauf oder der Gestaltung des Spieltagsschal bekamen die Elstorfer keinerlei Vorgaben. „Das war ein super fairer Umgang.“

Außerdem rechnet der TSV mit großem Medieninteresse: 30 akkreditierte Journalisten, darunter Kicker, Süddeutsche und Bild. Sogar ein paar HSV-Ultras hätten versucht, sich als Pressevertreter anzumelden, seien aber abgewiesen worden, so Svensson. „Es ist schon verrückt, dass wir das erste Testspiel des HSV nach der Bundesliga-Rückkehr ausrichten.“

Die Vereinsvorsitzenden Jan Svensson (links) und Ingo Rischer.

Die Vereinsvorsitzenden Jan Svensson (links) und Ingo Rischer. Foto: Scholz

Am Spieltag führen zwei bekannte Gesichter durch das Programm auf der Sportanlage: der ehemalige Sportschau-Moderator Gerhard Delling und HSV-Stadionsprecher Christian „Stübi“ Stübinger. Auch Bürgermeister Tobias Handtke wird da sein und hofft, dass sich die Hamburger ins Goldene Buch der Gemeinde Neu Wulmstorf eintragen.

TSV-Trainer sucht Rat beim Ex-Pauli-Coach

Und sportlich? „Wir wollen es genießen, Spaß haben und mutig sein“, sagt Elstorfs neuer Trainer Michel Welke, der hauptberuflich beim FC St. Pauli arbeitet. Fünf Trainingseinheiten wird er mit seinem Team vor dem Spiel absolvieren - „zwei mehr als der HSV“, scherzt er.

Von Timo Schultz, ehemaliger Trainer der Kiezkicker, bekam er den Tipp: „Lasst den Rasen hoch wachsen und wässert ihn nicht.“ Welke lacht: „Am Ende wird es natürlich schwer gegen diese individuelle Klasse.“ Über ein Tor seines Teams würde er sich dennoch freuen.

Jan Svensson und Tochter Emma Malu mit dem Merchandising.

Jan Svensson und Tochter Emma Malu mit dem Merchandising. Foto: Scholz

In der Vereinskneipe am Sportplatz, die am Samstag zum VIP-Bereich wird, blättert Svensson durch einen Ordner. Listen für die Personalplanung, Karten mit den Verkaufsständen, Zeitpläne für die Moderation. Svenssons Töchter werden Fanschals und T-Shirts verkaufen, die der TSV extra angefertigt hat. 100 der 300 Schals sind schon weg.

HSV bekommt Kabine 2

Ein paar Schritte weiter zieht sich der Kabinentrakt in die Länge. Svensson öffnet die Tür zu Kabine 2. An der Wand hängt ein großes TSV-Wappen. „Damit die Hamburger wissen, wo sie sind.“ In der Gymnastikhalle am Ende des Kabinentraktes richten die Hamburger ihre Massagebänke ein. Nach dem Spiel steht dort ein gemeinsames Buffet für beide Mannschaften an - mit „sportgerechter Nahrung“, so Svensson.

In dieser Kabine werden sich am Samstag die HSV-Profis umziehen.

In dieser Kabine werden sich am Samstag die HSV-Profis umziehen. Foto: Scholz

Um am Spieltag Chaos auf den Straßen zu vermeiden, werden Fußgänger und Radfahrer über die Schützenstraße geleitet, Autofahrer über die Moisburger Straße. Parkplätze sind ausgewiesen. 16 Security-Leute sind im Einsatz und werden von der zweiten Mannschaft unterstützt. „Wer kein Ticket hat, sollte nicht kommen“, sagt Svensson.

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