TMesserverbot? Flüchtlingsgewalt? Das sagt die Polizeistatistik im Kreis Stade

Sechs Zentimeter darf eine Messerklinge nach den Plänen von Innenministerin Nancy Faeser in der Öffentlichkeit künfig nur noch lang sein. (Archivbild) Foto: ---/Bundespolizei/dpa
Der Anschlag von Solingen mit drei Töten befeuert die Asyl- und Sicherheitsdebatte in Deutschland. Was der Blick in die Zahlen im Landkreis Stade verrät.
Berlin/Landkreis. Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen werden Forderungen nach härteren Abschieberegeln und einem strengeren Waffenrecht lauter. Zugleich wird Aufklärung verlangt, weshalb die Behörden im vergangenen Jahr mit dem Versuch scheiterten, den syrischen Asylbewerber abzuschieben, der so überhaupt erst den Anschlag mit drei Todesopfern am Freitagabend verüben konnte. CDU-Chef Friedrich Merz verschärfte noch einmal den Ton gegenüber Kanzler Olaf Scholz (SPD) und forderte einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan in Deutschland.
Ein 26-jähriger tatverdächtiger Syrer sitzt seit Sonntagabend in Untersuchungshaft - unter anderem wegen Mordverdachts und wegen des Vorwurfs, der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anzugehören. Die Terrormiliz reklamierte den Anschlag für sich und veröffentlichte am Sonntag ein Video, das den Täter zeigen soll.
Scholz kündigt schnelle Verschärfung des Waffenrechts an
Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen hat Olaf Scholz schnelle Konsequenzen angekündigt und eine harte Bestrafung des Täters verlangt. Die waffenrechtlichen Regelungen in Deutschland insbesondere für das Verwenden von Messern müssten noch einmal verschärft werden, sagte der SPD-Politiker am Anschlagsort. „Das soll und das wird jetzt auch ganz schnell passieren.“ Auch die Abschiebungen von Menschen ohne Aufenthaltsrecht müssten vorangetrieben werden.
Er sei „wütend und zornig“ wegen dieser Tat, sagte Scholz. „Sie muss schnell und hart bestraft werden.“ Der Kanzler sprach von einem furchtbaren Verbrechen. „Das war Terrorismus, Terrorismus gegen uns alle, der unser Leben und Miteinander bedroht.“ Dies werde man niemals hinnehmen und akzeptieren.
Scholz traf am Vormittag in Solingen ein. Er legte zusammen mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und dessen Innenminister Herbert Reul (beide CDU) sowie Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) weiße Rosen an dem Ort nieder, an dem der Opfer des Anschlags gedacht wird. Anschließend sprachen sie mit Einsatzkräften und Ersthelfern. Scholz nannte sie anschließend „tolle Leute“.
63 Messerattacken im Landkreis Stade im Jahr 2023
Oppositionsführer Merz schrieb in seinem E-Mail-Newsletter „MerzMail“: „Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter.“
Er wiederholte bekannte Unionsforderungen wie Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan. Weitere Flüchtlinge aus diesen Ländern dürfte nicht aufgenommen werden.
- Im Landkreis Stade registriert die Kriminalstatistik für das Jahr 2023 insgesamt 63 Taten mit einer Stichwaffe.
Dabei sei ausnahmslos mit Messern angegriffen und zugestochen worden, heißt es vonseiten der Polizei. Dabei sei es um Straftaten wie Bedrohung, gefährliche Körperverletzung, Raub und räuberische Erpressung gegangen. Insgesamt bedeuten 63 Messertaten einen minimalen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (66 Taten) vor. 2021 waren es 57 Messertaten im Kreis Stade.
Clan-Kriminalität
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Justizminister kündigt Verhandlungen über Waffenrecht für Messer an
Bundesjustizminister Marco Buschmann kündigte Verhandlungen über das Waffenrecht für Messer an. „Wir werden nun in der Bundesregierung darüber beraten, wie wir den Kampf gegen diese Art der Messer-Kriminalität weiter voranbringen“, sagte der FDP-Politiker der „Bild am Sonntag“. Bisher hat die FDP Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu schärferen Verboten abgelehnt.
Zuletzt hatte die Zahl der Messerangriffe in Deutschland deutlich zugenommen. 2023 registrierte die Polizei 8.951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, bei denen Messer zum Einsatz kamen, entweder um jemanden zu verletzen oder damit zu drohen - ein Anstieg um knapp 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die SPD verlangt eine deutliche Verschärfung der Gesetze, ebenso Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und die oppositionelle Unionsfraktion. Nach den Plänen von Faeser sollen Messer in der Öffentlichkeit nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben.
Ein Hauptproblem bei möglichen schärferen Regeln zum Mitführen von Messern ist deren Umsetzbarkeit, wie etwa die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden zur Kontrolle im öffentlichen Raum.
663 Straftaten durch Flüchtlinge im Landkreis Stade
Auch die Flüchtlingsdebatte ist neu befeuert. Im Kreis Stade hat es nach der erneuten Flüchtlingswelle im vergangenen Jahr einen rasanten Anstieg an Straftaten durch Geflüchtete gegeben.
- Laut Kriminalstatistik wurden demnach 663 Straftaten im Kreis Stadedurch Flüchtlinge begangnen. Das ist ein Anstieg um 294 Taten, knapp 80 Prozent mehr als im Vorjahr 2022.
Laut Polizei handele es sich dabei insbesondere um Ladendiebstahl und einfache Körperverletzungen.
- Im Jahr 2023 kam es in der Polizeiinspektion Stade zudem zu 164 Straftaten gegen Flüchtlinge und 201 Taten unter Flüchtlingen. In beiden Fällen ist dies ebenfalls ein Anstieg um mehr als 40 Prozent.
Im März dieses Jahres fiel das Fazit zur Kriminalität in der Direktion Lüneburg, zu der der Landkreis Stade zählt, von Polizeipräsident Thomas Ring noch so aus: „Der Anstieg der gesamten Fallzahlen kann unter anderem auf eine erhöhte Mobilität, wirtschaftliche und soziale Belastungen sowie mit Migrationsbewegungen einhergehende Faktoren zurückgeführt werden.“ Angesichts einer im Vergleich zum Vorjahr erhöhten Aufklärungsquote schlussfolgerte Ring, man dürfe zwar „nicht nachlassen“, aber: „Wir leben in einer sicheren Region.“
Merz an Scholz: Kommen Sie Ihrem Amtseid nach
Friedrich Merz forderte vom Kanzler, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen und die Abstimmungen über die notwendigen Gesetze im Bundestag freizugeben, so dass kein Abgeordneter an die sonst übliche Fraktionsdisziplin gebunden ist.
Scholz hatte bereits im Juni nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bringt nach dem Messerangriff von Solingen eine Ausweitung von Befugnissen der Sicherheitsbehörden ins Gespräch. Zu einem besseren Schutz vor Angriffen „gehört auch, dass die Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet werden“, sagte er im ZDF-Sommerinterview. Steinmeier forderte mehr Personal für die Sicherheitsbehörden. Bei terroristischer Gefahr sei aber auch eine Ausweitung der Befugnisse etwa des Bundeskriminalamts denkbar. Über ein entsprechendes Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung müsse jetzt beschleunigt beraten werden. (dpa/tip)