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Kindesentführung

Buxtehuder Flughafen-Geiselnehmer ist jetzt rechtskräftig verurteilt

Ein Mann aus Buxtehude wird auf dem Hamburger Flughafen von der Polizei weggeführt. (Archivbild)

Ein Mann aus Buxtehude wird auf dem Hamburger Flughafen von der Polizei weggeführt. (Archivbild) Foto: Jonas Walzberg/dpa

Ein Geiselnehmer drohte auf dem Hamburger Flughafen, sich mit seiner Stader Tochter in die Luft zu sprengen. Der Buxtehuder wurde zu langer Haft verurteilt und ging in Revision. So geht es jetzt weiter.

Von dpa Freitag, 16.05.2025, 07:50 Uhr

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Hamburg/Leipzig. Rund eineinhalb Jahre nach der Geiselnahme am Hamburger Flughafen ist der Täter rechtskräftig verurteilt. Der Bundesgerichtshof am Standort Leipzig verwarf die Revision des Mannes gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, wie aus einer Mitteilung des Gerichts hervorgeht. Es habe keine Fehler zu seinem Nachteil gegeben.

Das Hamburger Landgericht hatte ihn am 25. Juni 2024 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die Strafkammer hatte den 35-Jährigen wegen Geiselnahme, Entziehung Minderjähriger, vorsätzlicher Körperverletzung und Besitz von Munition schuldig gesprchen. „Zwölf Jahre Freiheitsstrafe für diese Wahnsinnstat. Das ist unsere Antwort“, sagte der Vorsitzende Richter Torsten Schwarz in der Urteilsbegründung.

Feuersäulen und Schüsse auf dem Flughafen

Am Abend des 4. November hatte der Mann seine Tochter aus der Wohnung seiner Ex-Frau in Stade entführt. Mit hohem Tempo war er mit der Vierjährigen im Auto zum Flughafen gefahren. An einem Tor in der Nähe der Terminals durchbrach er mit dem Mietwagen drei Schranken und drang bis auf das Vorfeld des Flughafens vor.

Der Geiselnehmer vom Hamburger Flughafen wohnte in Buxtehude. Seine Wohnung wurde durchsucht.

Der Geiselnehmer vom Hamburger Flughafen wohnte in Buxtehude. Seine Wohnung wurde durchsucht. Foto: Weselmann

Dort warf er zwei Brandsätze aus dem Auto. Inmitten des noch laufenden Flugbetriebs schossen zwei Feuersäulen empor, wie im Prozess gezeigte Videoaufnahmen belegen. Der Angeklagte feuerte mit einer scharfen Pistole dreimal in die Luft, einmal davon direkt neben einer kurz zuvor gelandeten Maschine der Turkish Airlines, in der sich noch die Besatzung aufhielt.

35-Jähriger gesteht die Taten weitgehend

Der 35-Jährige forderte, dass ihm ein Flugzeug zur Ausreise mit der Tochter in die Türkei zur Verfügung gestellt werde, und drohte, sich und das Kind in die Luft zu sprengen. „Entweder sie sollen uns töten oder wir gehen weg“, sagte er nach Angaben des Staatsanwalts.

Ein vermeintlicher Sprengstoffgürtel erwies sich später als Attrappe. Die mehr als 20-stündige Unterbrechung des Flugbetriebs hatte europaweite Auswirkungen. Dabei sei ein Schaden in Millionenhöhe entstanden, erklärte der Staatsanwalt. Der Angeklagte hat die Taten weitgehend gestanden.

Verteidigerin: Angeklagter war verzweifelt

Verteidigerin Anna Carlotta Bloch geht ebenfalls von der Schuld ihres Mandanten aus. In ihrem Plädoyer wies sie aber darauf hin, dass sich ihr Mandant im Sorgerechtsstreit massiv ungerecht behandelt gefühlt habe. Er habe die Tat aus Verzweiflung verübt, weil er seine Tochter 14 Monate lang nicht habe sehen dürfen.

Der Geiselnehmer steigt mit seinem Kind auf dem Arm am Flughafen aus seinem Fahrzeug nahe einem Flugzeug.

Der Geiselnehmer steigt mit seinem Kind auf dem Arm am Flughafen aus seinem Fahrzeug nahe einem Flugzeug. Foto: Jonas Walzberg/dpa

Während der Geiselnahme auf dem Flughafen habe er schon vorher aufgeben und das Kind der Stader Mutter übergeben wollen. Das Gericht sollte darum einen minderschweren Fall der Geiselnahme in Erwägung ziehen, sagte Bloch. Die Anwältin stellte keinen konkreten Strafantrag.

 Eine beschädigte Schranke, durch die ein Mann am Flughafen mit seinem Auto gerast sein soll. Der Hamburger Flughafen ist nach dem Eindringen eines Fahrzeugs auf das Gelände gesperrt worden. 

Eine beschädigte Schranke, durch die ein Mann am Flughafen mit seinem Auto gerast sein soll. Der Hamburger Flughafen ist nach dem Eindringen eines Fahrzeugs auf das Gelände gesperrt worden. Foto: Jonas Walzberg/dpa

Wegen Kindesentziehung vorbestraft

Nur ein halbes Jahr vor der Tat, im Mai 2023, hatte das Amtsgericht Stade den 35-Jährigen wegen Kindesentziehung zu einer Geldstrafe verurteilt. Er war im März 2022 mit dem damals dreijährigen Kind eigenmächtig in die Türkei gefahren. Die Mutter reiste hinterher und konnte die Tochter in einer Nacht- und Nebelaktion zurückholen.

Eine psychiatrische Sachverständige kam im aktuellen Prozess um die Geiselnahme zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte voll schuldfähig ist. Der 35-Jährige habe eine auffällige Persönlichkeitsstruktur, er sei narzisstisch, respektlos und überheblich, aber nicht psychisch krank. Dass das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter seiner Ex-Frau zugesprochen wurde, habe ihn massiv gekränkt.

Vorwürfe statt Reue

In seinem letzten Wort erhob der Angeklagte mit lauter Stimme schwere Vorwürfe gegen die deutschen Behörden und besonders das Familiengericht, dass das Sorgerecht seiner Ex-Frau zugesprochen hatte. Ein Wort der Reue oder des Bedauerns für seine Tat kam ihm nicht über die Lippen. Zum Prozessauftakt hatte er die betroffenen Flugreisenden und die Polizei um Entschuldigung gebeten.

Seit dem 29. April verhandelte das Gericht an neun Tagen. Mehrmals war der Angeklagte laut und wütend geworden. Nur mit Mühe konnte ihn der Vorsitzende Richter Torsten Schwarz beruhigen.

Der Buxtehuder wurde zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt. Seine Revision wurde verworfen.

Der Buxtehuder wurde zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt. Seine Revision wurde verworfen. Foto: Marcus Brandt/dpa

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