TSchlagabtausch um Stader LNG-Terminal: Fluch oder Segen?

Blick auf den geplanten Stader Energie-Hafen (Visualisierung). Foto: Hanseatic Energy Hub
Sichert das LNG-Terminal die Energieversorgung und macht das Land bereit für grüne Gase? Oder ist das Ganze womöglich eine Milliarden-Fehlinvestition? Darüber haben Experten jetzt in Stade gestritten.
Stade. Der Ingenieur Manfred Schubert gilt als der Erfinder des LNG-Terminals in Stade. Schon Jahre vor der russischen Invasion in der Ukraine und der Gaskrise in Deutschland war er überzeugt: LNG hat Zukunft. Inzwischen steht die Inbetriebnahme eines schwimmenden LNG-Terminals in Stade-Bützfleth kurz bevor. 2027 soll es von einem landseitigen LNG-Terminal abgelöst werden.
Schubert ist Mitgesellschafter der Hanseatic Energy Hub (HEH), die plant, in dieses Terminal an Land eine Milliarde zu investieren. Die finale Investitionsentscheidung soll in den nächsten Wochen fallen, berichtete Schubert bei „Mission Klima“, einer Podiumsdiskussion mit Experten in der Seminarturnhalle, zu der der Verein Wiki Stade eingeladen hatte.
Der Wille sei da, doch bis alle notwendigen Genehmigungen rechtssicher beisammen sind, brauche es Zeit. In vier bis sechs Wochen soll es so weit sein. Der Betrieb des LNG-Terminals wäre bis zum Jahr 2043 zulässig. Danach dürfte es nicht mehr mit fossilen Gasen betrieben werden.
Reichen 16 Jahre LNG-Betrieb für die Shareholder aus?
„Das sind nur 16 Jahre. Das reicht nicht aus, um das profitabel zu betreiben“, sagte Udo Paschedag. Früher Verwaltungsrichter und Staatssekretär im niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, stand er jetzt für die AUN, die Arbeitsgemeinschaft Umweltplanung Niederelbe, auf dem Podium und stellte Manfred Schubert kritische Fragen. Er wollte wissen, ob das LNG-Terminal droht, eine gestrandete Investition zu werden.

Macht es Sinn, eine Milliarde in LNG zu investieren? Udo Paschedag und Manfred Schubert diskutieren. Foto: Anping Richter
Zuvor hatte der Referent Rainer Baake, Direktor der Stiftung Klimaneutralität und ehemals Wirtschaftsstaatssekretär unter mehreren Bundesregierungen, gesagt: „Wenn wir Fehlinvestitionen vermeiden wollen, müssen wir Investitionen in fossile Energien jetzt unbedingt vermeiden - privat und volkswirtschaftlich.“ Europa habe beschlossen, bis 2050 klimaneutral zu werden, und Banken und Shareholder hätten längst erkannt, dass fossile Energie keine Zukunft habe.
Energieversorgung
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Ammoniak könnte auch als Dünger genutzt werden
„Synthetisches LNG kann vom ersten Tag an hereingefahren werden“, sagte Manfred Schubert über das feste LNG-Terminal in Stade. Zum Beispiel in Form von grünem Methanol, auf das Reedereien wie Maersk setzten. Außerdem sei die Umstellung von LNG auf Ammoniak als wasserstoffbasierten Energieträger problemlos möglich. „Das Umweltbundesamt (UBA) hält Ammoniak für einen Irrweg“, sagte Paschedag und bezog sich auf eine Studie, die unerprobte Technologien und die energieaufwendige Aufspaltung zur Rückgewinnung des Wasserstoffs kritisch einordne.
Alternative Erörterung
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Ammoniak werde jetzt schon nach Europa eingeführt, konterte Schubert - als Dünger, und das wäre für den Übergang auch eine Option. Kurzfristig sieht Manfred Schubert vor allem großen Bedarf für LNG - auch in Nachbarstaaten, die Gas brauchen und keine Küste haben.
Tschechien hat sich schon Kapazitäten von zwei Milliarden Kubikmetern gesichert - bei einer jährlichen Regasifizierungs-Kapazität von 13,3 Milliarden in Stade.
Branchenverband betont Bedeutung von Flüssiggas aus den USA
Vor der Auslandsreise von Kanzler Olaf Scholz in die USA an diesem Donnerstag hat der Branchenverband Zukunft Gas derweil auf die Bedeutung von Flüssiggas aus den USA hingewiesen. Vorstand Timm Kehler sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die US-Lieferungen sind weiterhin essenziell, um die EU aus der Umklammerung russischer Energieabhängigkeit zu befreien. Den angekündigten Stopp der Genehmigung neuer LNG-Terminals sehen wir daher äußerst kritisch.“
Die US-Regierung hatte angekündigt, ausstehende Genehmigungen für den Export von LNG auf Eis zu legen. Es solle untersucht werden, wie sich Exporte auf Energiekosten, die Energiesicherheit der USA und auf die Umwelt auswirken, so das Weiße Hauses Ende Januar.
Kehler warnte: „Die im vergangenen Jahr errichteten und die im Bau befindlichen deutschen LNG-Terminals würden in der Überzeugung geplant, dass amerikanisches LNG verfügbar sein und nach Europa geliefert werden wird.“ Es sei „elementar wichtig“, dass sich Scholz für anhaltend wettbewerbsfähige Gaspreise und damit für langfristige LNG-Lieferverträge einsetze, sagte Kehler weiter.