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Mai-Kundgebung

TPolit-Promi kommt nach Stade: Warum es um den Stargast-Auftritt Streit gibt

Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, äußert sich bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des SPD-Präsidiums im Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale der SPD.

Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, soll am 1. Mai in Stade auftreten. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Eigentlich ist dem Deutschen Gewerkschaftsbund für die Kundgebung am 1. Mai eine kleine Sensation gelungen. Mit Katarina Barley kommt ein Politik-Promi nach Stade. Aber es gibt Streit um den Auftritt der Vize-Präsidentin des EU-Parlaments.

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Von Karsten Wisser
Freitag, 26.04.2024, 11:50 Uhr

Landkreis. Mit der Zusage von Katarina Barley ist dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Region Bremen-Elbe-Weser eine echte Überraschung gelungen. „Wir haben zuerst den SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil gefragt. Der hatte keine Zeit. Von Katarina Barley haben wir dann eine Zusage bekommen. Das war ein Glücksfall“, sagt Lutz Bock. Er gehört zum regionalen DGB-Team.

Wenig Werbung für die Vize-Präsidentin des EU-Parlaments

Katarina Barley ist SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl und Vize-Präsidentin des Parlaments. Vor ihrem Wechsel war sie außerdem Bundesfamilien- und Bundesjustizministerin. Trotz der prominenten Rednerin gibt es aber von zwei Seiten Kritik.

Der erste Kritikpunkt wird im Hintergrund geäußert. Der DGB hat das Wissen um den Stargast für die Kundgebung auf dem Platz Am Sande in Stade lange für sich behalten. Selbst die SPD hat nach TAGEBLATT-Informationen eher zufällig von dem Auftritt erfahren.

Der SPD-Unterbezirk freut sich auf Katarina Barley

„Wir waren an der Organisation des Auftritts nicht beteiligt, freuen uns aber natürlich sehr, dass Katarina Barley nach Stade kommt“, sagt Kai Koeser, Co-Vorsitzender des SPD-Unterbezirks. Tatsächlich gab es kaum Werbung für den prominenten Gast und bisher keine Informationen für die Medien.

Wilfried Behrendt, ehrenamtlicher Vorsitzender des DGB im Kreis Stade, erklärt die Kommunikation mit der späten Zusage und den Problemen, in Stade einen Platz für die Kundgebung zu finden. „Wir haben erst sehr spät und nach einigem Hin und Her den Platz Am Sande als Versammlungsort bekommen“, so Behrendt. Die Kundgebung beginnt am Mittwoch um 10 Uhr.

Reiner SPD-Wahlkampf: Linkspartei attackiert den DGB scharf

Die Sache mit der Information an die Medien hat jetzt die Linkspartei übernommen - aber mit scharfer Kritik am Auftritt der SPD-Frau. Die Linkspartei-Fraktionen im Stader Kreistag und im Rat der Hansestadt Buxtehude kritisieren den Ablauf der 1.-Mai-Kundgebung scharf.

Die drei Linken-Kommunalpolitiker Susanne Koch, Tanja Wilhelm und Benjamin Koch-Böhnke, wollen bereits in den vergangenen Jahren die große Nähe des DGB zur SPD ausgemacht haben. „Hat der DGB im Landkreis Stade die extreme Nähe zur SPD bisher immer versucht, nach außen herunterzuspielen, so wird sie in diesem Jahr bei der 1.-Mai-Kundgebung offen zur Schau gestellt“, so Benjamin Koch-Böhnke.

Linke: Barley-Auftritt verstößt gegen die Überparteilichkeit

Grund seiner Empörung ist der Auftritt von Barley als Hauptrednerin in Stade. Sie werde als SPD-Europaabgeordnete angekündigt und sei die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl. „Das hat mit der Überparteilichkeit einer Gewerkschaft nichts mehr zu tun“, kritisiert Koch-Böhnke.

Benjamin Koch-Böhnke

Der Buxtehuder Ratsherr Benjamin Koch-Böhnke ist Mitglied der Partei Die Linke. Foto: Wisser

Aus Sicht der Linkspartei ist dies kein einmaliger Ausrutscher. Auch der 1. Mai in Cuxhaven sei als Wahlkampfveranstaltung angelegt. „Indem sich der DGB zum Wahlkampfbüttel der SPD gemacht hat, verkommt die 1.-Mai-Kundgebung hier zum Europawahlkampf der SPD, zu der - welch ein Wunder - in diesem Jahr anscheinend auch Mitglieder anderer Parteien ihre Fahnen mitbringen dürfen“, so Koch-Böhnke. „Wahrscheinlich macht sich das ganz gut auf Fotos, wenn die SPD-Spitzenkandidatin vor einer breiten Parteienlandschaft reden darf.“

Linkspartei will keine Statistenrolle im SPD-Wahlkampf

Koch-Böhnke spricht von Missbrauch der Kundgebung. Die Linke werde weiter für Arbeitnehmerrechte eintreten, aber „sicher nicht auf der Stader Mai-Kundgebung als Statisten einer SPD-Wahlkampf-Veranstaltung den Kopf für eine SPD-Politik hinhalten, die für Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, eine stetig steigende Armut und den massiven Abbau des Sozialstaats steht“.

Kai Koeser

Kai Koeser ist Co-Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Stade und Chef des Stader Ortsvereins.

DGB und SPD reagieren überrascht und verärgert auf die Kritik der Linkspartei. „Wir haben in der Region sechs Veranstaltungen mit unterschiedlichen Rednern“, sagt DGB-Mann Lutz Bock. Es sei auch normal, dass Redner von Parteien, die den Gewerkschaften nahestehen, am 1. Mai redeten.

Krank: Donnerstag muss Barley einen Auftritt absagen

„Es ist schade, dass es in der Linkspartei derzeit niemanden gibt, der für solche Auftritte infrage kommt“, so Bock. „Die Linkspartei sollte sich vielleicht eher um die Parteien kümmern, die die Demokratie gefährden und den Gewerkschaften schaden wollen“, sagt SPD-Mann Kai Koeser. „Ich bin Verdi-Mitglied und somit DGB-Mitglied und selbstverständlich SPD-Mitglied und freue mich, dass eine bekennende Demokratin und Europäerin nach Stade kommt“, sagt Björn Protze, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion.

SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzender Björn Protze.

SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzender Björn Protze. Foto: privat

Am Schluss bleibt die Hoffnung, dass die ganze Aufregung nicht umsonst war. Am Donnerstag musste Katarina Barley einen Wahlkampfauftritt in Berlin absagen, weil sie krank war.

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