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Küstenschutz

TTote Schafe auf dem Deich: Landrat Seefried plant Abschuss des Jorker Problemwolfs

Landrat Kai Seefried informiert sich auf Hahnöfersand über den jüngsten Wolfsangriff auf Deichschafe.

Landrat Kai Seefried informiert sich auf Hahnöfersand über den jüngsten Wolfsangriff auf Deichschafe. Foto: Beneke

Landrat Kai Seefried will den Wolf im Alten Land zum Abschuss freigeben. Nach zwei Angriffen auf Deichschafe soll es eine Genehmigung dafür geben, wenn die DNA-Probe dasselbe Tier als Täter identifiziert. Vorher muss aber noch eine wichtige Frage geklärt werden.

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Von Karsten Wisser
Dienstag, 30.04.2024, 17:50 Uhr

Jork. Stades Landrat Kai Seefried (CDU) will die Blockadesituation beim Umgang mit Problemwölfen überwinden. Der Landkreis Stade plant eine Abschussgenehmigung für den Wolf in Jork. Dort gab es am 9. März und am 24. April Wolfsangriffe auf Deichschafe auf Hahnöfersand (das TAGEBLATT berichtete). In den vergangenen Wochen gab es viele Sichtungen, Fotos und Videos, die einen jungen Wolf in den Obstplantagen im Alten Land zeigen. Ob es sich dabei um das Tier handelt, das auch die Schafe getötet hat, ist unklar.

Viele Wolfsangriffe auf Schafe und Rinder in der Region

„Ich bin fest entschlossen, eine Abschussgenehmigung zu erteilen“, sagt Seefried. „Wir machen uns als Behörde lächerlich, wenn wir nur zugucken.“ Theoretisch kann der Landrat das, weil der Wolf nur im Kreisgebiet Schafe tötet. Bei einem Raubtier, das die Kreisgrenzen quert, wäre das Land alleine zuständig.

Kurz nach dem Start der Weidesaison gibt es in der Region schon wieder eine Vielzahl von Wolfsangriffen auf Nutztiere. In der Regel sind das Schafe. Bei Buchholz im Landkreis Harburg und bei Cadenberge im Kreis Cuxhaven gab es aber auch gerissene Rinder.

Die Angriffe auf Deichschafe sorgen für große Beunruhigung, weil die Behörden und die Deichverbände die Schafe für unersetzlich halten. Diese halten die Grasnarbe auf den Deichen kurz und verdichten mit ihren Huftritten den Boden. Löcher von Wühlmäusen und Maulwürfen werden so gestopft. Schafe sorgen mit ihrem kurzen Biss dafür, dass das Gras auf dem Deich stark verwurzelt. Die Grasnarbe auf dem Kleimantel der Deiche dient als schützende Schicht, wenn die Wellen bei Sturmfluten am Deich nagen.

Forderung: Keine Wolfsrudel an den Küstendeichen

Inzwischen gibt es an der gesamten niedersächsischen Küste die Forderung nach wolfsrudelfreien Zonen. Zuletzt hatte sich der Jorker Gemeinderat unter dem Eindruck der beiden Wolfsattacken auf Hahnöfersand einstimmig für wolfsfreie Zonen ausgesprochen.

Im Deichvorland liegt eines von sieben toten Schafen.

Im Deichvorland liegt eines von sieben toten Schafen. Foto: Deichverband

Eigentlich sollte für diese unmittelbaren Notsituationen wie jetzt in Jork das von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) vorgeschlagene Schnellabschuss-Verfahren zum Einsatz kommen. Aber: Lemkes niedersächsischer Amts- und Parteikollege Christian Meyer war vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit dem ersten Versuch, den Schnellabschuss anzuwenden, gescheitert.

Zweite DNA-Probe entscheidet über Wolfsabschuss

Deshalb will der Landkreis Stade über die Untere Naturschutzbehörde wieder den alten Weg zur Abschussgenehmigung nehmen. Problemwölfe dürfen geschossen werden, wenn sie zweimal per DNA-Test als Verursacher von Nutztierrissen identifiziert worden sind und dabei behördlich bestätigt ausreichender Herdenschutz vom Raubtier überwunden wurde. Unter dem früheren Umweltminister Olaf Lies (SPD) sind in Niedersachsen auf diesem Weg sechs Problemwölfe geschossen worden.

Für den Angriff am 9. März auf Hahnöfersand liegt jetzt nach sieben Wochen das Ergebnis der DNA-Probe vor. Als Verursacher ist der weibliche Wolf GW4032f festgestellt worden. Sollte auch der Angriff vom 24. April diesem Tier zugeordnet werden, ist die erste Voraussetzung für den Abschuss erfüllt. Ob der Herdenschutz auch laut Richtlinie Wolf als ausreichend eingestuft wird, ist aber unklar.

Am 9. März und am 24. April hat ein Wolf Schafe auf Hahnöfersand getötet. Womöglich war es das selbe Tier.

Am 9. März und am 24. April hat ein Wolf Schafe auf Hahnöfersand getötet. Womöglich war es das selbe Tier. Foto: Deichverband

In der offiziellen Einstufung wird der mobile Elektrozaun mit „eingeschränkt“ bewertet. Laut zuständigem Deichverband hat es diese Einstufung gegeben, weil die Schafe den Zaun in Panik umgerissen haben und deshalb nicht mehr festgestellt werden konnte, ob er sachgerecht aufgebaut worden war.

Erfüllt der Herdenschutz in Jork die Richtlinie Wolf

Der mobile Zaun am Deich ist dort 1,06 Meter hoch und stand unter Strom. Mindestanforderung in der Höhe sind bei mobilen Zäunen 90 Zentimeter.

In vielen anderen europäischen Staaten kommen Vergrämungsmaßnahmen zum Einsatz, wenn es zu Konflikten zwischen Mensch, Weidetier und Wölfen kommt.

Auch in Deutschland und in Niedersachsen ist das theoretisch möglich, wird aber in der Praxis nicht angewandt. Wirksame Methoden wie Gummigeschosse bergen ein Risiko für den Wolf. So bleibt nur der Abschuss des Tieres.

Ist der junge Wolf schon länger im Alten Land?

Es gibt außerdem neue Vermutungen zum jungen Wolf im Alten Land. Inzwischen gibt es nach TAGEBLATT-Informationen Hinweise, dass er schon seit September im Alten Land unterwegs ist. Vom optischen Erscheinungsbild dürfte er damals nicht viel älter als neun Monate gewesen sein und noch nicht in der Lage, selbstständig zu jagen. Eigentlich verlassen Jungtiere frühestens mit zehn Monaten ihr Rudel. Sollte es sich um dasselbe Tier handeln, dürfte es sich zunächst bei überfahrenen Tieren und herausgestelltem Katzenfutter als Futterquelle bedient haben.

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