TWarum das schwimmende LNG-Terminal in Stade die Polizei in Atem hält

Das schwimmende LNG-Terminal ist da: Die Energos Force hat am Anleger des Industriehafens Stade-Bützfelth festgemacht. Foto: Martin Elsen www.nord-luftbilder
Zu Wasser, zu Lande und in der Luft haben Hunderte Polizisten die Ankunft der Energos Force in Stade gesichert. Für das große Aufgebot gibt es triftige Gründe: Proteste und Spionage. Die gab es auch bei der Fahrt nach Stade.
Stade. Schon seit Donnerstagmorgen sind mehrere Hundert Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet in und um Stade im Einsatz, um die Ankunft des schwimmenden LNG-Terminals zu sichern. Zwischen Kehdingen und dem Alten Land patrouilliert die Polizei an den Deichstrecken. Rund um das Gelände des Industrieparks in Bützfleth ist die Polizeipräsenz besonders stark. Überall Mannschaftswagen mit Polizei. Die Beamten sind auch in den Uferwiesen von Stadersand zu Fuß unterwegs. Außerdem wird das Gebiet mit Drohneneinheiten überwacht.
Während der Fahrt Richtung Stade kreisen am Freitag zwei Polizeihubschrauber über der Energos Force und liefern laufend Echtzeitbilder. Zwischen zwei größeren Booten der Küstenwache düsen rund um den Anleger im Bützflether Energiehafen Dutzende Ribs - Schlauchboote mit festem Rumpf (RIB: Rigid Inflatable Boat) - und andere Schnellboote der Wasserpolizei über die Elbe.

Die Wasserschutzpolizei begleitet das mit knapp 15 Knoten fahrende Spezialschiff. Foto: Vasel
Sie sollen alles im Blick behalten und verhindern, dass sich über die Elbe Unbefugte dem Anleger nähern. Gründe zur Vorsicht gibt es genug. Vor dem LNG-Terminal auf Rügen werden am Sonnabend Hunderte Protestler erwartet, Aktivisten der Letzten Generation sollen eine Aktion planen.
LNG-Terminal erreicht Stade - Demonstranten abgedrängt
„Wir sind nicht nur da, um Protestaktionen zu verhindern, sondern auch für die Sicherheit der Demonstranten“, erklärt ein Polizist gegenüber dem TAGEBLATT. Schließlich sei es für ein so großes Schiff nicht einfach möglich, zu bremsen, wenn jemand plötzlich davor auftauche. Rund um Stade blieb alles ruhig. Doch am gegenüberliegenden Elbufer, in Höhe Krückau-Mündung, versuchten Protestierende um 5.45 Uhr, sich der Energos Force in zwei Schlauchbooten mit Transparenten zu nähern. Vergeblich, berichtet Polizeisprecher Rainer Bohmbach.
„Fossil fuels must fall!“, stand auf einem der Banner, die auf einem auf der Plattform X geteilten Video zu sehen waren. Die Beteiligten wurden wenig später im Hafen von Kollmar (Kreis Steinburg) von der Polizei aufgegriffen. Die Boote waren mit insgesamt vier Personen besetzt. „Da es sich um eine nicht angemeldete Protestaktion handelte, wurden die Personalien festgestellt und mehrere Plakate sichergestellt“, sagt Jens Zeidler von der Polizeidirektion Bad Segeberg.
Schwimmendes LNG-Terminal erreicht Stade
Ein weiteres Risiko ist der Energos Force schon in niederländischen Gewässern begegnet: Vor der holländischen Küste hat sich nach TAGEBLATT-Informationen ein russischer Frachter aus St. Petersburg neben das Schiff gesetzt und für kurze Zeit sein automatisches Identifikationssystem ausgeschaltet. Seit dem Ukraine-Konflikt sind russische Schiffe, offiziell zivil, an vielen sicherheitsrelevanten Orten unterwegs. Die niederländischen Inlands- und Auslandsgeheimdienste MIVD und AIVD berichteten kürzlich, Russland kartiere kritische Infrastruktur wie Windkraftanlagen, Internetkabel und Gasleitungen heimlich und unternehme Aktivitäten, die auf Vorbereitungen von Störungen und Sabotage hindeuten. Im Februar wurde ein russisches Schiff deshalb aus den niederländischen Hoheitsgewässern herauseskortiert.

Die Energos Force liegt jetzt für den Testbetrieb am neuen Energiehafen vor Anker. Foto: Martin Elsen
Kein Zugang für Presse und Publikum auf dem Terminal-Gelände
Schaulustigen ist der Zugang nach Stadersand versperrt, die Polizei lässt nur die Presse durch. Auf dem Gelände des Industrieparks lässt die Deutsche Energy Terminal GmbH (DET), die das neue LNG-Terminal betreibt, aber auch die Presse nicht zu und lediglich ihre eigenen Leute den großen Moment mit Fotos und Videos dokumentieren.

Polizeifahrzeuge am Ableger in Stadersand. Foto: Björn Vasel
Einer ihrer Fotografen hat bereits die Nacht auf dem Schlepper verbracht, der als Sicherheitsreserve die vier Schlepper ergänzt, die die Energos Force nach Stade gebracht haben.
Drohnen sind verboten, aber Flugzeuge erlaubt: Für das TAGEBLATT macht Luftfotograf Martin Elsen Bilder aus 500 Metern Höhe.
Die Energos Force hat ihr Ziel früher als erwartet erreicht. Gegen 7.30 Uhr beginnen die meisten Sicherheitskräfte, ihren Abzug vorzubereiten. „Die Energos Force ist in den Stader Hafen hineingeglitten, als wäre sie schon immer hier gewesen“, sagt DET-Sprecher Dirk Lindgens. Das große Sicherheitsaufgebot sei immer Standard, wenn ein so großes Infrastrukturschiff bewegt werde. Das sei auch bei den beiden vorhergegangenen LNG-Terminal-Projekten der DET in Wilhelmshaven und Brunsbüttel so gewesen.
Umweltproteste
T BUND klagt gegen festes LNG-Terminal in Stade
Das Terminal bleibt auch in Zukunft bewacht
Bis es mit dem mehrwöchigen Testbetrieb losgehen kann, werde es noch ein paar Tage dauern. Die neue LNG-Anbindungsleitung ETL 179 hat ihren ersten Testbetrieb schon hinter sich und liegt bereit. In Zukunft sollen über das schwimmende LNG-Terminal bis zu fünf Milliarden Kubikmeter Gas jährlich ins deutsche Gasnetz eingespeist werden.
Jetzt, da die Energos Force im Stader Hafen liege, werde sie weiterhin bewacht, sagt Lindgens. Aber mit viel geringerem Aufwand als bei der Ankunft am Freitagmorgen.