TAngriffe in Horneburg und Buxtehude: „Starkes Gefühl der Machtlosigkeit“

Tatort Stadthaus Buxtehude. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden erhöht. Foto: Wisser
Was passiert, wenn der Täter aus der Psychiatrie entlassen wird? Diese Frage stellen sich nicht nur die Ratshausmitarbeiter in Horneburg und Buxtehude. Die Staatsanwaltschaft kann derzeit nicht helfen. Warum?
Buxtehude. „Wir als Kommunalpolitik erleben in dieser Situation ein starkes Gefühl der Machtlosigkeit. Es entsteht der Eindruck, dass erst ein noch schwerwiegenderer Schaden eintreten muss, bevor weitergehende Maßnahmen möglich sind“, heißt es in einem Schreiben der Samtgemeinde Horneburg an die Landesregierung.
Nicht warten, bis noch Schlimmeres passiert
„Dies können und dürfen wir nicht abwarten“, heißt es in dem Schreiben weiter, das dem TAGEBLATT vorliegt. Die Gemeinde sei geprägt von einem respektvollen und solidarischen Miteinander. „Zugleich sind die aktuellen Vorfälle geeignet, Ängste zu schüren, gesellschaftliche Spannungen zu verstärken und das Vertrauen in staatliches Handeln zu untergraben“, so der Appell. „Um dem entgegenzuwirken, brauchen wir dringend zielgerichtete Unterstützung.“
Bedrohungslage
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Unterzeichnet haben es Horneburgs Bürgermeister Knut Willenbockel (parteilos), die Fraktionsvorsitzenden im Samtgemeinderat und der Stader Landrat Kai Seefried (CDU). Die Idee für den Appell hatte der Grünen-Ratsherr Tim Friederichs.
Der Geflüchtete aus dem Sudan (36) lebte zehn Jahre lang in Horneburg in verschiedenen Unterkünften. Seit fünf Jahren kommt es wegen des Mannes immer wieder zu Polizeieinsätzen.
Komplette Eskalation am 24. Juli in Horneburg
Eskaliert ist die Situation am 24. Juli. An einem Tag soll es in Stade und Horneburg zu diversen Straftaten gekommen sein. Es geht um drei Körperverletzungen gegen einen Mitarbeiter eines Jobcenters und zwei Beschäftigte im Horneburger Rathaus. Außerdem wird dem Mann ein sexueller Übergriff vorgeworfen.

Tatort Horneburger Rathaus: Hier griff der Sudanese Mitarbeiter an. Foto: Buchmann
Öffentlich wurde die Gewaltserie erst, als es vier Polizisten brauchte, um das Hausverbot gegen den Flüchtling im Buxtehuder Stadthaus durchzusetzen. Seitdem ist der Mann zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht.
Die Horneburger Verwaltung hatte die beteiligten Behörden – Polizei, Landkreis und Stadt Buxtehude – nach der Eskalation zeitnah informiert. Der Mann war später in Buxtehude, weil Horneburg den Platz in einer Obdachlosenunterkunft nach den Vorfällen gekündigt hatte.
Wirksame und nachhaltige Hilfe für den Geflüchteten
Die Horneburger fordern eine schnelle, verbindliche Klärung, wie mit dem Betroffenen im Sinne der Sicherheit aller Beteiligten umzugehen ist und die Unterstützung für die Bürger sowie für die Mitarbeitenden in der Verwaltung, die den Konflikten unmittelbar ausgesetzt sind. Gleichzeitig soll eine wirksame, nachhaltige Betreuung für den Betroffenen selbst, der offensichtlich psychiatrische und therapeutische Hilfe benötigt, sichergestellt werden.

Knut Willenbockel ist Horneburger Samtgemeindebürgermeister. Foto: Buchmann
Um den Leidensdruck der Horneburger Verwaltung und Politik zu verstehen: Für den Fall, dass der psychisch kranke Mann aus der Psychiatrie entlassen wird, soll das Rathaus wieder abgeschlossen werden. Das Buxtehuder Stadthaus soll offen bleiben, hat sich aber auf mögliche Gefährdungen unter anderem mit Sicherheitsdienst vorbereitet.
Gesellschaftlicher Sprengstoff
„Es darf nicht zugelassen werden, dass eine solche Lage, die offenkundig gesellschaftlichen Sprengstoff birgt, zu einer Spaltung in unserer Kommune führt“, so der Horneburer Appell. „Unser Ziel ist es, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, für die Sicherheit, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die notwendige Unterstützung aller Beteiligten.“
Es darf nicht zugelassen werden, dass eine solche Lage, die offenkundig gesellschaftlichen Sprengstoff birgt, zu einer Spaltung in unserer Kommune führt
Horneburger Appell
Nach TAGEBLATT-Informationen hat das Landgericht Stade der Anfechtung der Zwangsunterbringung des Mannes in der Psychiatrie nicht stattgegeben. Der Mann bleibt bis zum 7. Oktober in der Psychiatrie.
Probleme in der Asyl- und Flüchtlingspolitik
Am schnellsten reagiert auf den Appell hat die Buxtehuder Landtagsabgeordnete Birgit Butter (CDU). Das Schreiben war am Donnerstag auch an die drei Landtagsabgeordneten aus der Region verschickt worden. „Grundsätzlich müssen wir uns als Gesetzgeber nicht nur um die strukturellen Probleme in der Asyl- und Flüchtlingspolitik kümmern, sondern auch um die Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke. Hier ist der Niedersächsische Landtag als Landesgesetzgeber gefragt. Wir warten schon zu lange auf eine ausreichende und zielführende Gesetzesnovellierung“, so Birgit Butter.

CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter will den Horneburger Appell im Innenausschuss des Landtags platzieren. Foto: Birgit Butter
Die CDU-Landtagsfraktion fordere seit längerem die Schaffung der Möglichkeit einer zwangsweisen Unterbringung bei „dauernder Gefahr“.
Keine Grundlage für einen Haftbefehl
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft Stade gibt es keinen Grund, einen Haftbefehl gegen den Mann auszustellen. „Wir sind eine Strafverfolgungsbehörde. Für die unmittelbare Gefahrenabwehr sind andere zuständig“, sagt Oberstaatsanwalt und Pressesprecher Kai Thomas Breas.
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Das Beispiel Wiederholungsgefahr: Damit die Staatsanwaltschaft aufgrund von Wiederholungsgefahr einen Haftbefehl beantragen könne, bräuchte es eine schwere Straftat, die angeklagt sei oder war und eine Wiederholungsgefahr erkennbar sei. Aus der Serie von Vorfällen seit dem 24. Juli ist bisher aber nur die sexuelle Belästigung einer Mitarbeiterin im Stadthaus in Buxtehude angeklagt.
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