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Kinderbetreuung

TDen Tagesmüttern im Landkreis Stade gehen plötzlich die Kinder aus

Tagesmutter Nicole Braun mit ihren "Fuchsis" auf dem Spielplatz.

Tagesmutter Nicole Braun mit ihren "Fuchsis" auf dem Spielplatz. Foto: Richter

Jahrelang schätzten Eltern im Kreis Stade sich glücklich, wenn sie ihr Kind auf Anhieb bei einer Tagesmutter unterbringen konnten. Doch neuerdings bleiben immer öfter Plätze frei. Was ist da los?

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Von Anping Richter
Montag, 30.06.2025, 05:50 Uhr

Landkreis. „Bisher hätte ich immer drei Gruppen aufmachen können“, sagt Bettina Tank. Seit 1997 ist sie Tagesmutter, doch jetzt erlebt sie, dass die Nachfrage abebbt. Sie ist nicht die Einzige - das wird im Gespräch mit Tagesmüttern vom Verein der Tagespflegepersonen Buxtehude & Landkreis Stade klar. Die Gründe sind vielfältig.

Chantal da Luz Simos Maas wechselte in die Tagespflege, weil sie nach der Babypause in ihren Beruf zurückwollte, aber keinen Kita-Platz fand. Als sozialpädagogische Assistentin in einer Kita konnte sie dank ihrer Vorausbildung sofort als Tagemutter starten.

„Ich hatte auch immer lange Wartelisten“, sagt sie. Jetzt nicht mehr. Wie in vielen Kommunen gab es in Buxtehude jahrelang nicht genug Kita-Plätze, doch die Stadt hat viele neue geschaffen. „Wir haben erstmalig eine richtig entspannte Situation“, sagt Jugendamtsleiterin Andrea Lange-Reichardt.

Geburtenknick schlägt zu Buche

„Es liegt auch am Geburtenknick“, sagt Bettina Tank. Tatsächlich ist die Zahl der Kinder unter drei Jahren laut statistischem Bundesamt bundesweit rückläufig. Bei Kindern unter drei Jahren in Betreuung gebe es erstmals seit 2021 wieder einen Rückgang.

Im Kreis Stade ist er deutlich: Laut Kindertagesstättenbericht ist die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Betreuung von 5.179 im Jahr 2022 auf 4.697 im Jahr 2024 gesunken. Beim Landkreis haben sich aktuell vier Tagespflegepersonen gemeldet, die ihre Tätigkeit ganz aufgeben wollen, weil sie ihre Gruppen nicht mehr voll bekommen, berichtet Pressesprecher Daniel Beneke. In der Stadt Stade gehe bei etlichen Tagespflegepersonen die Existenzangst um.

Einige Kitas im Südkreis raten von Tagespflege ab

Auch in Lühe, Jork und Horneburg gibt es erstmals freie Plätze, berichtet Astrid Bergmann vom Familienservicebüro. Die Situation sei nicht dramatisch, weil Kita-Leitungen und Familienservicebüro sich treffen und bei der Vergabe der Betreuungsplätze vorausschauend abstimmen.

Das scheint in anderen Kommunen nicht so gut zu funktionieren. Die Tagesmütter berichten, dass einige Kitas im Südkreis sogar von der Tagespflege abgeraten und die Krippe empfohlen haben. Sonst könne der Elementarplatz danach nicht garantiert werden. „Dabei gibt es doch den Rechtsanspruch“, sagt die Buxtehuder Tagesmutter Nicole Braun.

Hohe Anforderungen an die Qualifizierung

Lange hatten die Kommunen für die Qualifizierung in der Kindertagespflege geworben. Nicht nur, um den gesetzlichen Anspruch erfüllen zu können, sagt Jugendamtsleiterin Lange-Reichardt. Die Kindertagespflege sei ein gleichwertiges Angebot, das Eltern die Wahl zwischen verschiedenen Optionen ermögliche.

Die Anforderungen an die Qualifikation der Tagespflegepersonen sind gegenüber früheren Zeiten gestiegen: 300 Stunden müssen Tagesmütter oder -väter absolvieren, dazu zwei Praktika in Kindertagespflege oder Krippe und jedes Jahr umfangreiche Fortbildungen.

„Wir erfüllen den Bildungsauftrag, genau wie Kitas“, sagt Nicole Braun. Die kleine Gruppe mit maximal fünf Kindern biete einen geringeren Stress- und Lärmpegel und eine feste Bezugsperson ohne Wechsel im Früh- oder Spätdienst. Auch Tagesmütter können mal krank werden.

Das komme aber selten vor, und auch in Krippen komme es mangels Personal öfter mal zu ungeplanten Schließtagen. Die Tagespflege sei flexibel, eine längere Betreuung oder sogar Übernachtung auf Absprache oft möglich.

Bei vielen Tagesmüttern im Kreis Stade schrumpfen die Wartelisten, berichten Nicole Braun, Chantal da Luz Simos Maas, Jana Riehl, Daniela Hort, Nancy Radeiski und Bettina Tank.

Bei vielen Tagesmüttern im Kreis Stade schrumpfen die Wartelisten, berichten Nicole Braun, Chantal da Luz Simos Maas, Jana Riehl, Daniela Hort, Nancy Radeiski und Bettina Tank. Foto: Richter

„Wir kochen immer frisch. Ich benutze nur Bioprodukte“, sagt Daniela Hort aus Buxtehude Süd. Auf Allergien, Unverträglichkeiten oder Vorlieben könne individuell Rücksicht genommen werden, manche Tageseltern bieten auch vegane Kost.

Manche gehen mit den Kleinen zum Kinderturnen, machen sogar Ausflüge in den Zoo oder zum Flughafen. Für Extras zahlen die Eltern auch etwas, aber ansonsten sind die Kosten die gleichen wie in der Kita und nach Einkommen gestaffelt.

In Apensen, wo die Kita-Kosten hoch sind, sei die Tagespflege sogar günstiger, weiß Jana Riel, die mit ihrer „Wichtelhöhle“ im Juli 2024 startete, zeitgleich mit Nicole Braun und ihren „Fuchsis“ in Buxtehude.

Tagespflege wurde kräftig ausgebaut

Beide hatten vor einem Jahr lange Wartelisten. Jetzt nicht mehr. Vielleicht haben die Kommunen etwas zu viel für die Tagespflege getrommelt: 2023 gab es 78 Tagesmütter und -väter, 2024 waren es 119 - ein Zuwachs von 53 Prozent in einem Jahr.

Anders als Kita-Kräfte sind sie selbstständig und werden pro Kind und Einsatz-Stunde bezahlt. Die Tagesmütter wollen jetzt verstärkt für sich und ihr besonderes Angebot trommeln - zum Beispiel mit einem Info-Stand beim Hanse Ahoi, das in Buxtehude am 5. und 6. Juli über die Bühne geht.

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