TIrritierende Klima-These: AfD-Politiker bringt Schüler gegen sich auf

AfD-Politiker Peter Würdig irritiert das Publikum mit seinen Aussagen zum Klimawandel. Der 87 Jahre alte Physiker nennt die „Kohlendioxid-Geschichte“ eine Lüge. Foto: Karsten Wisser
Wie versuchen Europapolitiker, junge Menschen zu überzeugen? Vertreter von sechs Parteien diskutieren in Buxtehude vor 800 Berufsschülern über kontroverse Themen. Eine Aussage sorgt für Unruhe und lautes Buhen.
Buxtehude. 800 Schülerinnen und Schüler versammeln sich am frühen Donnerstagnachmittag in der Festhalle Buxtehude. Die Berufsbildenden Schulen Buxtehude haben eine Podiumsdiskussion organisiert. Anlass ist die Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni.
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Sechs Politiker diskutieren auf dem Podium
Jugendliche ab 16 Jahren sind bei der Europawahl wahlberechtigt. Das Forum vor vielen Erstwählern bietet Kandidaten und Kandidatinnen zum Europäischen Parlament eine erstklassige Gelegenheit, ihre Positionen zu vertreten. Politikerinnen und Politiker von sechs politischen Parteien nutzen die Chance.
Um Sicherheitspolitik, Klimaschutz und Migration geht es. Moderator ist TAGEBLATT-Redakteur Björn Vasel. „Möglichst wenig Geschwafel, viele Aussagen“, gibt er den Politikerinnen und Politikern zu Beginn noch eine Verhaltensregel.
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Plädoyer für gemeinsame europäische Armee
Mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine plädiert die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn (34) aus Hamburg für eine gemeinsame europäische Armee. Diese sei noch in weiter Ferne, ist man sich auf dem Podium einig.
Eine gemeinsame europäische Rüstungsstrategie sei dringend notwendig: „Es gibt genug Verrückte auf der Welt, die Macht auch in großen Ländern haben“, sagt Karoline Czychon. Die 27-Jährige aus Hannover ist die niedersächsische Landesvorsitzende der Jungen Union und kandidiert für einen Sitz im Europäischen Parlament.
Eine Alternative bietet Dr. Holger Onken (52) an. Der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Oldenburg tritt zur Europawahl für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an. „Wenn man Frieden will, darf man keine Waffen exportieren“, sagt er.

Die CDU-Politikerin Karoline Czychon spricht nach dem Ende der Podiumsdiskussion mit einer Besucherin. Die 27-Jährige kandidiert für einen Sitz im Europäischen Parlament. Foto: Karsten Wisser
Migrationspolitik interessiert junge Leute
Als der Moderator das Thema Migration ankündigt, reagiert das Publikum mit einem unüberhörbaren Raunen. Das interessiert die jungen Leute offenbar mehr als Verteidigungspolitik.
Die Frage, wer aus dem Rest der Welt nach Europa einwandern dürfe, polarisiert. „Wir brauchen mehr reguläre Migration“, fordert Svenja Hahn. „Offene Grenzen zwischen den Ländern innerhalb der Europäischen Union funktionieren nur, wenn wir wissen, wer hineinkommt“, sagt die Liberale.
Der SPD-Europaparlamentarier Tiemo Wölken (38) aus Osnabrück, aufgewachsen in Buxtehude, weist auf rechtlich umstrittene Ideen der AfD zu einer Einwanderungspolitik in Deutschland hin. Gedankenspiele von Rechtsextremen, massenhaft Menschen mit Migrationshintergrund abzuschieben, haben Proteste in ganz Deutschland und Demonstrationen für Demokratie, auch in Buxtehude und Stade, ausgelöst.

Bei der Wahl zum Europäischen Parlament gehe es um die Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sagt Europaparlamentarier Tiemo Wölken (SPD). Der 38-Jährige ist in Buxtehude aufgewachsen. Foto: Karsten Wisser
Am 9. Juni geht es um Verteidigung der Demokratie
„Viele von euch wären nach der Vorstellung der AfD nicht mehr in Deutschland“, ruft der SPD-Politiker den Schülerinnen und Schülern zu. Bei der Europawahl am 9. Juni gehe es darum, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen, sagt Tiemo Wölken. Dafür erhält er Applaus.
Dem entgegnet der AfD-Kandidat Peter Würdig (87) aus Bülkau (Kreis Cuxhaven): „Wir können nicht mehrere Millionen Menschen in das Sozialsystem aufnehmen.“
14 Prozent der Erstwähler sprechen laut einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung der AfD für Europa am ehesten eine Problemlösungskompetenz zu. In der Gesamtbevölkerung sind es laut der Umfrage lediglich 6 Prozent.
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Klimaschutz: AfD-Politiker fällt durch
Mit seiner Aussage zum Klimaschutz fällt der AfD-Politiker Peter Würdig aber bei den Berufsschülerinnen und -schülern durch. Klimaschutz durch Kohlendioxid-Reduktion sei eine Irrlehre, behauptet der Physiker, der für die weitere Nutzung von fossilen Energieträgern und Atomenergie plädiert.
Der Klimawandel auf dem Planeten Mars sei ja auch nicht dadurch ausgelöst worden, dass Menschen dort in Autos mit Verbrennermotoren herumgefahren seien, argumentiert der AfD-Politiker. Reaktion des Publikums: lautstarkes Buhen. Die Schülerinnen und Schüler sind sich sicher: Die Klimakrise ist von Menschen gemacht.
In Zukunft fahrt Europa elektrisch - davon ist die Europaparlamentarierin Viola von Cramon-Zaubadel (54, Grüne) überzeugt: „Günstige Elektroautos kommen demnächst auf den Markt.“