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Raubtier

TKommt jetzt der Abschuss? Wolf im Alten Land zum zweiten Mal als Täter überführt

Ein Wolf ist in den Obstplantagen im Alten Land unterwegs.

Ein Wolf ist in den Obstplantagen im Alten Land unterwegs. Foto: Lühs

Nach zwei Wolfsangriffen mit fast 20 toten Deichschafen ist die Verursacherfrage geklärt. Das Ergebnis der DNA-Probe vom zweiten Angriff bestätigt, dass es wieder die junge Wolfsfähe GW4032f war. Darf das Tier jetzt abgeschossen werden?

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Von Karsten Wisser
Sonntag, 19.05.2024, 19:25 Uhr

Landkreis. Das Ergebnis ist keine große Überraschung. Der junge Wolf wird schon seit Ende 2023 immer wieder im Alten Land gesichtet. Es gibt jede Menge Bilder und Videos, die das weibliche Tier in den Obstplantagen zeigen (das TAGEBLATT berichtete).

Zwei Wolfsattacken auf Deichschafe auf Hahnhöfersand

Am 9. März und am 24. April gab es dann die Angriffe auf die Deichschafe auf Hahnöfersand.

Für beide Attacken ist laut Ergebnis der DNA-Probe derselbe Wolf verantwortlich.

Stades Landrat Kai Seefried (CDU) hat angekündigt, dass er diese Situation nutzen will, um die Blockadesituation beim Umgang mit Problemwölfen zu überwinden. Der Landkreis Stade plant eine Abschussgenehmigung für den Wolf in Jork.

Landrat Seefried darf Abschussgenehmigung erteilen

Rechtlich darf die beim Landkreis angesiedelte Untere Naturschutzbehörde laut Bundesnaturschaftgesetz diese Genehmigung erteilen. Das hat das niedersächsische Umweltministerium auf Nachfrage bestätigt.

Ich bin fest entschlossen, eine Abschussgenehmigung zu erteilen

Landrat Kai Seefried

„Ich bin fest entschlossen, eine Abschussgenehmigung zu erteilen“, sagte Kai Seefried vor zwei Wochen.

„Wir machen uns als Behörde lächerlich, wenn wir nur zugucken.“

Entscheidend ist, dass der Wolf nur im Kreisgebiet Schafe tötet. Bei einem Raubtier, das die Kreisgrenzen quert, wäre das Land alleine zuständig. Das ist zum Beispiel an der Oste passiert.

Schafe reißen in Panik den mobilen Elektrozaun um

Neben der Voraussetzung, von zweimal sicher nachgewiesenen Angriffen auf Nutztiere darf eine Abschussgenehmigung erteilt werden, wenn der Herdenschutz - das ist bei Deichschafen der mobile Elektrozaun - den gesetzlichen Vorgaben genügt hat. In der offiziellen Einstufung durch die Fachleute wird der mobile Elektrozaun auf Hahnöfersand mit „eingeschränkt“ bewertet.

Laut Umweltministerium hat es diese Einstufung gegeben, weil die Schafe den Zaun in Panik umgerissen haben und deshalb nicht mehr festgestellt werden konnte, ob er sachgerecht aufgebaut worden war.

Ausnahmegenehmigungen für einen Wolfsabschuss

Der mobile Zaun am Deich ist dort 1,06 Meter hoch und stand unter Strom. Mindestanforderung in der Höhe sind bei mobilen Zäunen 90 Zentimeter.

Deichschäfer Vasile Buza bringt eine Herde auf den Elbdeich bei Jork. Diese Herde wurde Mitte März von einem Wolf angegriffen.

Deichschäfer Vasile Buza bringt eine Herde auf den Elbdeich bei Jork. Diese Herde wurde Mitte März von einem Wolf angegriffen. Foto: Vasel

„Ob ein Nutztierriss für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung herangezogen werden kann, hängt davon ab, ob der Herdenschutz mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt des Übergriffs intakt gewesen ist, dies wird durch die zuständige Landwirtschaftskammer im Einzelfall geprüft“, so eine Sprecherin des Umweltministeriums.

Nach Gerichtsurteilen müsse derselbe Wolf mehrfach einen zumutbaren wolfsabweisenden Herdenschutz in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang überwunden haben, so das Ministerium.

Tote Schafe: Wölfe in Cuxhaven und Buchholz aktiv

Der Landkreis Stade muss diesen komplizierten Weg gehen, weil es für das neue Schnellabschuss-Verfahren immer noch keine Verordnung als gesetzliche Grundlage gibt. Zusätzlich ist Umweltminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) vor dem Gericht mit dem Versuch gescheitert, den Schnellabschuss für einen Wolf in der Region Hannover per Ausnahmegenehmigung durchzusetzen.

Viele Wolfsangriffe nach dem Start der Weidesaison

Wie berichtet hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg den Schnellabschuss mit einer Eilentscheidung gestoppt.

Kurz nach dem Start der Weidesaison gibt es in der Region schon wieder eine Vielzahl von Wolfsangriffen auf Nutztiere. In der Regel sind das Schafe. Bei Buchholz im Landkreis Harburg und bei Cadenberge im Kreis Cuxhaven gab es aber auch gerissene Rinder.

Dieses Rind starb einem Wolfsangriff in Stade-Wiepenhathen im vergangenen Jahr.

Dieses Rind starb einem Wolfsangriff in Stade-Wiepenhathen im vergangenen Jahr. Foto: Wisser

Das Vorliegen des zweiten DNA-Nachweises im Alten Land bedeutet aber nicht, dass die vom Landkreis Stade ausgewählten Jäger sofort den Wolf schießen dürfen. Erst einmal braucht es die schriftliche Genehmigung und die muss über eine öffentlich Bekanntmachung veröffentlicht werden.

Gerichte werden über Wolfsabschuss entscheiden

Wie bei allen vergleichbaren Verfahren wird es außerdem Eilanträge gegen die Abschussgenehmigung geben, die erst beim Verwaltungsgericht die Stade und dann wieder vor dem OVG Lüneburg entschieden werden. Dieser ganze Prozess kann sich über mehrere Wochen hinziehen.

Schon aufgrund der Spuren war auf Hahnöfersand von einem Wolfsriss auszugehen.

Schon aufgrund der Spuren war auf Hahnöfersand von einem Wolfsriss auszugehen. Foto: Deichverband

In vielen anderen europäischen Staaten kommen Vergrämungsmaßnahmen zum Einsatz, wenn es zu Konflikten zwischen Mensch, Weidetier und Wölfen kommt.

Auch in Deutschland und in Niedersachsen ist das theoretisch möglich, wird aber in der Praxis nicht angewandt. Wirksame Methoden wie Gummigeschosse bergen ein Verletzungsrisiko für den Wolf. So bleibt nur der Abschuss des Tieres.

Ist der junge Wolf schon länger im Alten Land?

Zum jungen Wolf im Alten Land gibt es Hinweise, dass er schon als Jungtier dort unterwegs war. Vom optischen Erscheinungsbild dürfte er damals nicht viel älter als neun Monate gewesen sein und noch nicht in der Lage, selbstständig zu jagen, als er zuerst gesehen wurde. Eigentlich verlassen Jungtiere frühestens mit zehn Monaten ihr Rudel.

Sollte es sich um dasselbe Tier handeln, dürfte es sich zunächst bei überfahrenen Tieren und herausgestelltem Katzenfutter als Futterquelle bedient haben. Das würde auch erklären, wieso er sich den Häusern und Gärten im Alten Land ohne Scheu nähert.

Gefangener Wolf darf nicht weggebracht werden

Es gibt zudem derzeit den behördlich genehmigten Versuch, den Wolf im Alten Land in einer großen Kastenfalle einzufangen, ihn dann zu betäuben und mit einem Sender zu versehen. Der Standort inmitten der Obstplantagen ist geheim.

Nach TAGEBLATT-Informationen geht es aber nicht darum, den gefangenen Wolf anschließend in eine andere Region zu bringen. Er würde dort ausgesetzt werden, wo er gefangen wurde.

Landrat Kai Seefried informiert sich auf Hahnöfersand über den neuen Wolfsangriff auf Deichschafe.

Landrat Kai Seefried informiert sich auf Hahnöfersand über den neuen Wolfsangriff auf Deichschafe. Foto: Beneke

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