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TPrüfmarathon am Stader Bahnhof: Das sind Tricks der Schwarzfahrer

Eine fast durchgebrochene Fahrkarte.

Erich Hohm überprüft am Bahnhof in Stade, wer legal mit den KVG-Bussen fährt. Foto: Meyer

„Die Fahrkarten bitte“, hieß es am Donnerstag am Bahnhof in Stade. Grund war der groß angelegte Prüfmarathon. Unterwegs mit den Kontrolleuren der KVG.

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Von Thies Meyer
Donnerstag, 25.09.2025, 19:20 Uhr

Stade. „Guten Morgen, einmal die Fahrkarten bitte“, sagt Erich Hohm von der KVG-Betriebslenkung. „Mein Gott, habt ihr nichts Besseres zu tun?“, entgegnet ein Mann mit Kopfhörern, der auf dem Handy nach seinem Ticket sucht, es nach einer halben Minute vorzeigt und abdampft.

An diesem Donnerstagmorgen lief alles problemlos und freundlich ab zwischen Fahrgästen und -prüfern. In Stade wurden von 8 bis 10 Uhr Fahrgäste am ZOB kontrolliert, die aus den Bussen ausgestiegen sind. Im gesamten HVV-Gebiet waren Prüfdienste auch in Bahnen unterwegs, um Fahrkarten zu kontrollieren. Die Verkehrsverbund hatte diesen Prüfmarathon zuvor angekündigt.

25 Prüfer waren für die KVG an drei Standorten im Einsatz. Nach Stade folgte Teil zwei im KVG-Gebiet von 12 bis 14 Uhr in Winsen (Luhe). Zwischen 15.30 bis 18 Uhr wurde in Lüneburg nach Fahrkarten gefragt.

So lief der Prüfmarathon in Stade

Über die Medien hätten fast alle Fahrgäste von den Großkontrollen gewusst und sich eine Fahrkarte gekauft, sagt Hohm. Ab 10 Uhr stand fest: Unter den von Hohm geschätzten 450 Busfahrgästen während der zwei Stunden waren vier Schwarzfahrer dabei - eine Quote von unter einem Prozent. „In Stade sieht es meistens gut aus“, sagt Hohm.

Die, die nach Paragraf 265 StGB diese Straftat begehen, werden zur Kasse gebeten. 60 Euro ist die Strafe für das Schwarzfahren. Innerhalb von 30 Tagen muss das Geld überwiesen sein.

Ein Fahrkartenkontrolleur überprüft ein ausgedrucktes Schreiben eines Fahrgasts ohne Fahrkarte.

Ein junger Mann hatte keine Fahrkarte, konnte aber mit einem ausgedruckten Zettel nachweisen, dass es beim Landkreis Stade noch dauert, bis ihm ein gültiger Lichtbildausweis ausgestellt wird. Foto: Meyer

In Stade erlebten die Prüfer auch Kurioses: Ein Mann zeigte ihnen drei Deutschlandtickets vor - alle ungültig. Er bekam die Quittung für sein Delikt. „Wie Poker spielen“, schmunzelte ein KVG-Lehrling über den Versuch des Mannes. Der hatte Glück im Unglück: Hätte er ein Ticket mit einem anderen Namen benutzt, würde ihm noch eine Anzeige wegen Betrugs drohen.

Ein großes Problem für die Kontrolleure seien Handy-Screenshots, sagt Hohm. Abfotografierte Tickets berechtigen nicht zum Fahren - nur, wenn die Person sich ausweisen kann. Eine Mutter musste deswegen zahlen. Alle vier Schwarzfahrer akzeptieren ihre Strafe an diesem Prüftag.

Toleranz gegenüber Fahrgästen

Es gehe den Prüfern nicht darum, einen Schwarzfahrer nach dem anderen hochzunehmen, erklärt Hohm. „Wir sind keine Unmenschen. Jeder, der keine Fahrkarte hat, hat Zeit, um sie nachträglich vorzuzeigen.“ Hohm pflegt Toleranz: „Ohne die geht es nicht“ - besonders bei Jugendlichen und Schülern. Hohm: „Die werden mit Samthandschuhen angefasst.“

Zahlungsaufforderung für Schwarzfahrer.

Schwarzfahrer bekommen diese Zahlungsaufforderung. Innerhalb von 30 Tagen müssen sie die Strafe für ihr Schwarzfahren bezahlen. Foto: Meyer

Wenn jemand die fehlende oder ungültige Fahrerlaubnis gut erklären könne, sind die Prüfer kulant. „Habe ich vergessen“ oder „Meine Frau ist hochschwanger“ zählen zu den schlechten Ausreden, die die Fahrkartenkontrolleure häufig hören. Lügen erkennen die Prüfer sofort, sagt Hohm.

Grundsätzlich kontrollieren die Prüfdienste „dezent“. Für Hohm heißt das: Wird ein Schwarzfahrer überführt, sprechen die Prüfer beim Ausstellen des Zahlungsbescheids mit dem Sünder „höflich“ und deeskalieren.

Gewalt gegen Kontrolleure steigt

Auch wenn die meisten Menschen freundlich seien: Einige Fahrgäste werden verbal ausfallend oder beleidigen die Prüfer, sagt Hohm. Mehrmals sei er schon als „Nazi“ beschimpft worden. Hohm lässt das nicht zu sehr an sich ran - „ins eine Ohr rein, aus dem anderen raus“, sagt er. „Das sind Leute, die mit ihrem Leben nicht zufrieden sind.“

Zwei Fahrkartenkontrolleure nehmen die Kontaktdaten einer Schwarzfahrerin auf.

Hier erfassen die Prüfer die Kontaktdaten einer Mutter, die ohne gültige Fahrkarte den Bus nutzte. Die Prüfer tragen zum Selbstschutz Nummern und keine Namen an der Kleidung. Foto: Meyer

In Stade sei das Altländer Viertel „aggressiver“, so Hohm. Einen Prüfer schicke die KVG dort nie alleine los. Die KVG setzt auf das Vier- oder Sechs-Augen-Prinzip. Die Höflichkeit ende erst, wenn der Fahrgast handgreiflich wird. Waffen wie Messer werden mehr, weshalb Hohm sich für Stade & Co. wie in Hamburg Waffenkontrollen wünscht.

16-Millionen-Schaden durch Schwarzfahren

Ein angekündigter Prüfmarathon - spielt das Schwarzfahrern nicht in die Karten? Nein, sagt Rainer Vohl, Pressesprecher des HVV: „Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass wir Schwarzfahrern durch den angekündigten Prüfmarathon die Möglichkeit geben, sich der Fahrkartenkontrolle zu entziehen.“ Doch der HVV prüfe 364 Tage im Jahr unangekündigt Fahrlizenzen.

Vohl sagt, mit dem Prüfmarathon wolle der HVV „die Öffentlichkeit sensibilisieren“, wie wichtig das Fahren mit gültigem Ausweis und Kontrollen sind. Ein Grund, wie der HVV in einer Pressemitteilung schreibt: „Den Verkehrsunternehmen im HVV entstanden durch das Fahren ohne gültigen Fahrschein im ersten Halbjahr 2025 Verluste in Höhe von ca. 16 Millionen Euro.“

Mehr als 28.000 Fahrgäste im HVV-Netz kontrolliert

Die Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) zieht am Donnerstagabend Bilanz: Im Gesamtbereich wurden am Donnerstag 28.037 Fahrgäste kontrolliert, davon hatten 96,6 Prozent (27.088 Personen) eine gültige Fahrkarte bei sich. Beim Prüfmarathon waren insgesamt mehr als 250 Prüferinnen und Prüfer von acht Verkehrsunternehmen gemeinsam im Einsatz.

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