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Gastronomie

TSterben sie aus? So steht es um die Kneipen in Stade und Buxtehude

117 Kneipen und Bars gibt es im Landkreis Stade.

117 Kneipen und Bars gibt es im Landkreis Stade. Foto: Battmer

Personalmangel, steigende Preise - und trotzdem gute Stimmung? Was die Wirte im Kreis Stade erzählen, lässt aufhorchen.

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Von Tim Scholz
Samstag, 08.11.2025, 19:20 Uhr

Landkreis. Ihre Eltern haben die Astra Quelle 1972 eröffnet, seit 27 Jahren führt Petra Zahlten die Kneipe selbst. Früher sei das Lokal in Buxtehude immer brechend voll gewesen, erzählt sie. „Heute lebe ich von meinen Stammgästen“, Menschen, die zum Knobeln, Skatspielen oder Fußballgucken kommen. „Die Jugend ist anders drauf, mit Handy und Computer. Die Älteren mögen es hier, aber viele sind schon verstorben.“

Ist die Kneipenszene in Buxtehude und Stade am Ende? Laut Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hat in den vergangenen Jahren etwa jede dritte Kneipe schließen müssen. Im Jahr 2016 gab es knapp 31.000 Kneipen in Deutschland, 2023 waren es noch rund 22.000. Neuere Zahlen liegen nicht vor.

So viele Kneipen und Bars gibt's im Kreis

Laut Industrie- und Handelskammer (IHK) Elbe-Weser gibt es im Landkreis Stade 117 Kneipen und Bars. In Stade sind es 35, in Buxtehude 34. Wie sich die Zahl in den vergangenen Jahren entwickelt hat, lässt sich laut IHK nicht nachvollziehen.

In Buxtehude scheint die Lage relativ stabil zu sein. Nach eigenen Beobachtungen gibt es nicht unbedingt weniger Kneipen und Bars als vor 20 Jahren, sagt Torsten Lange, Leiter der Fachgruppe Kultur, Tourismus und Stadtmarketing bei der Stadt Buxtehude.

Das Netti‘s in Buxtehude.

Das Netti‘s in Buxtehude. Foto: Scholz

Er berichtet, dass die Betriebe mit wechselnden Angeboten versuchen, ein jüngeres Publikum zu erreichen. Das Netti's zum Beispiel habe sich von einer Raucher- zu einer Nichtraucherkneipe gewandelt, der Bierbaum biete auch kleine Speisen an.

Buxtehude: Klassische Kneipen werden weniger

Gleichzeitig ist die Buxtehuder Szene in Bewegung. Kneipen schließen, wechseln die Betreiber oder ziehen um. Der Astra Pott in der Bahnhofstraße musste schließen, weil der Pachtvertrag nicht verlängert wurde. Die ehemalige Braupfanne in der Hastedtstraße heißt jetzt Astra Pub.

Wirt Olaf Gruhn, der den Pub seit Januar 2025 betreibt, sieht Chancen, aber auch Herausforderungen: „Das Kneipensterben ist da. Was man dagegen tun kann, sind regelmäßige Aktionen: Dartturniere, Halloweenpartys oder Umbüdeln.“ Die Stimmung sei trotzdem gut: „Die Kneipen, die es noch gibt, sind gut besucht.“

Hans-Ulrich Wiegel, Vorsitzender des Altstadtvereins.

Hans-Ulrich Wiegel, Vorsitzender des Altstadtvereins. Foto: Scholz

Hans-Ulrich Wiegel, Vorsitzender des Altstadtvereins Buxtehude, sieht die Szene im Wandel: „Die klassischen Kneipen werden weniger. Viele Gäste wünschen sich heute ein Angebot aus Getränken und Speisen.“ Steigende Personalkosten setzten viele Betreiber zusätzlich unter Druck. Außerdem fehle in Buxtehude seit der Schließung des Primus eine Weinbar.

So ist die Stimmung bei Stades Gastronomen

In Stade wird die Lage ebenfalls nicht schlecht eingeschätzt. „Wir sind eigentlich zufrieden“, sagt Christine Plath von Stade Marketing. Rund 20 Kneipen und Bars zählt sie in der Innenstadt. „An jedem Ort gibt es etwas, wo man hingehen kann.“ Anfang des Jahres hat Stade Marketing das Stimmungsbild der Gastronomen abgefragt - das Ergebnis: recht positiv.

Christine Plath von Stade Marketing.

Christine Plath von Stade Marketing. Foto: Stehr

Das größte Problem bleibt das Personal. „Viele Wirte tun sich schwer, Mitarbeiter zu finden“, berichtet Plath. Aber sie sind offenbar kreativ: Durch Musikabende, Daydrinking-Partys und andere Aktionen versuchen sie, Gäste in die Innenstadt zu locken. „Die Menschen wollen Erlebnisse.“

Bewegung gibt es laut Plath kaum, seitdem das Fiddler's am Pferdemarkt im vergangenen Jahr geschlossen hat. Neu hinzugekommen ist am Sande kürzlich Mikos Bar & Lounge.

„Kneipen sind Orte der Demokratie“

Nathalie Rübsteck, Geschäftsführerin des Dehoga-Bezirksverbands Stade, bestätigt die Entwicklung. Vor allem höhere Preise für Energie und Waren sowie die Bürokratie belasteten die Wirte. Außerdem seien die Gäste preissensibler geworden. „Das Fassbier ist teurer geworden, im Supermarkt aber nicht. Das ist schwer zu vermitteln.“

Nathalie Rübsteck vom Dehoga-Bezirksverband Stade.

Nathalie Rübsteck vom Dehoga-Bezirksverband Stade. Foto: Richter

Rübsteck betont: „Gerade auf dem Land ist es schlimm, wenn eine Kneipe aufgeben muss. Damit stirbt auch ein Teil des Ortes.“ Dies sei besonders deutlich geworden, als der frühere Bundespräsident Christian Wulff mal im Stader Kreishaus gewesen sei. „Ich war dort zu Gast“, so Rübsteck. „Er sagte: Kneipen sind Treffpunkte, wo man mit anderen ins Gespräch kommt. Sie sind Orte der Demokratie.“

Petra Zahlten öffnet die Astra Quelle weiterhin jeden Tag außer dienstags - da ist Ruhetag. „Ich trauere den alten Zeiten etwas nach“, sagt sie. „Aber ich mag die Gespräche mit meinen Gästen. Die Kneipe ist mein Lebensinhalt.“

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