TTäter, Opfer, Aufklärung: Das sind die häufigsten Straftaten im Landkreis

Ein Polizist führt ein mutmaßliches Mitglied der syrischen Schleuser-Bande nach der vorläufigen Festnahme in Stade ab.
Nicht nur in Supermärkten wird mehr gestohlen: Die Zahl der Straftaten im Landkreis ist 2023 erneut gestiegen. Alarmierend sind Gewalt- und Sex-Straftaten gegen Kinder. Was die Statistik über Täter und Sicherheit im Landkreis verrät.
Landkreis. Viele werden das Jahr 2023 im Rückblick vor allem mit zwei Kriminalfällen in Verbindung bringen: Im September tötete ein Mann seine Noch-Ehefrau mit einem Messer. Von häuslicher Gewalt - 596 Fälle gab es 2023 - ist die Rede. Der Femizid von Horneburg wird mittlerweile vor dem Landgericht Stade verhandelt, der Angeklagte könnte wegen Mordes verurteilt werden. Außerdem gelang der Polizei im Altländer Viertel in Stade ein Schlag gegen eine internationale Schleuser-Bande, die mehr als 100 Flüchtlinge aus Syrien über die Grenze illegal nach Deutschland gebracht hatte - und bis zu 10.000 Euro pro Person kassiert hatte. Doch das sind lediglich zwei Fälle von vielen.
Insgesamt hat es im vergangenen Jahr im Bereich der Polizeiinspektion Stade rund 11.260 Straftaten gegeben. Das geht aus der 34-seitigen polizeilichen Kriminalstatistik für den Kreis Stade hervor, die Polizeirat Martin Kaliebe am Dienstag vorgestellt hat. Seit Ende der Corona-Pandemie kommt es wieder zu mehr Straftaten. Der Trend von 2022 setzt sich fort, im vergangenen Jahr gab es ein Plus von 8,5 Prozent - unter dem Strich 879 Taten. Zum Vergleich: Landesweit spricht die Polizei von einem Zuwachs von 5,6 Prozent.

Polizeirat Martin Kaliebe stellt die polizeiliche Kriminalstatistik für den Landkreis Stade vor. Foto: Bohmbach
Mehr Diebstähle durch steigende Preise
Doch woher kommt der Unterschied? Das liegt laut Polizeisprecher Rainer Bohmbach vor allem an der steigenden Zahl von Diebstählen - insbesondere in Läden wie Supermärkten. Hier gab es ein dickes Plus von 27,7 Prozent (558 Taten). 4175 Diebstähle, das entspricht einem Plus von 16,2 Prozent, seien 2023 aktenkundig geworden; 1067 führt die Polizeiinspektion Stade unter der Unterrubrik Ladendiebstahl.
Die Steigerung bei den Ladendiebstählen führt die Polizei auf den verstärkten Einsatz von Überwachungstechnik und Ladendetektiven, insbesondere aber auf die gestiegenen Preise unter anderem in Supermärkten - durch steigende Energiekosten und Inflation - zurück.
Bei den Fahrraddiebstählen geht die Kurve weiter nach oben, die Diebe haben vor allem hochwertige Pedelecs und E-Bikes im Blick (829 Taten).
Die gute Nachricht: Die Zahl der Einbrüche sank um 18,8 Prozent, lediglich 143-mal stiegen Kriminelle im vergangenen Jahr im Kreis Stade in Wohnungen ein. Das ist der zweitniedrigste Wert der letzten zehn Jahre. Einbruch ist ein internationales Geschäft, im Kreis Stade war eine serbische Tätergruppierung aktiv, mit der Zielrichtung Kupferkabel und hochwertige Werkzeuge. 20 schwere Einbruchsdiebstähle können nachgewiesen werden.
Trotz alledem: Die Bürger in der Region „leben nach wie vor in einer der sichersten Regionen Niedersachsens“, sagt Polizeipräsident Thomas Ring.
Ermittler kämpfen gegen Kinderpornografie
Kräftige Steigerungen gab es in den Bereichen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (plus 25 Prozent; 315 Taten) und Rohheitsdelikte wie Raub (plus 31 Prozent; 114 Taten). Die Steigerung bei den Sexualdelikten hängt mit der erfolgreichen Arbeit der Ermittler im Bereich der Verbreitung pornografischer Inhalte, insbesondere kinderpornografischer, zusammen. 210 Tatverdächtige konnten ermittelt werden.
Den Beamten gingen insgesamt mehr Kriminelle ins Netz. 5093 Tatverdächtige hätten seine Kollegen im Jahr 2023 ermitteln können - plus 7,3 Prozent. Das Gros der Tatverdächtigen ist älter als 21 Jahre (3913 Personen). Jeder dritte Tatverdächtige hat keinen deutschen Pass. Auffällig: Mehr als die Hälfte der Kriminellen begehen ihre Straftat in ihrer eigenen Stadt oder Gemeinde.
2023 seien 2519 Personen im Kreis Stade Opfer einer Straftat geworden - 108 mehr als im Vorjahr. Der prozentuale Anstieg fällt bei den Kindern am höchsten aus, gefolgt von den Jugendlichen und Erwachsenen. „Bei den Kindern und Jugendlichen ist dies auf Raub und Körperverletzungsdelikte zurückzuführen“, heißt es. Nachweisbar sei im Kreis Stade durch Vermögens- und Fälschungsdelikte ein Schaden von 10,6 Millionen Euro entstanden. Der Zuwachs betrug 43,52 Prozent. Bei Leistungs- und Warenkreditbetrug gab es kräftige Steigerungen.
Statistisch ist Stade ein sicherer Landkreis
Die Statistiker verweisen auf die Häufigkeitskennzahl - sprich die Anzahl der Straftaten auf 100.000 Einwohner - in der Polizeiinspektion Stade. Diese lag 2023 bei 5354 (Vorjahr: 5027). Der Vergleich zeigt: Die Menschen an der Niederelbe müssen das Verbrechen offenbar weniger fürchten als Bewohner anderer Regionen in Niedersachsen.
Die Polizeiinspektion Stade könne mit 64,3 Prozent die vierthöchste Aufklärungsquote im Bereich der Polizeidirektion Lüneburg vorweisen - nach Celle, Heidekreis und Rotenburg. Diese ist leicht gesunken (minus 0,3 Prozent), liegt aber über dem Landesschnitt (62,5 Prozent). Die höchste Aufklärungsquote gibt es bei Mord und Totschlag.

Anteilnahme: Die Bürgerinnen und Bürger stellten Kerzen ab, rechts liegt eine Karte der Femizide in Deutschland - bis September 2023. Foto: Vasel
Alle vier Fälle seien aufgeklärt worden, unterstreicht der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Stade, Polizeirat Martin Kaliebe. Mit Sorge sieht Polizeipräsident Thomas Ring, dass es 2023 in 72 Fällen zu Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte kam, 29 Beamten seien leicht verletzt worden. „Jeder Angriff auf eine Polizeibeamtin oder einen Polizeibeamten ist immer auch ein Angriff auf unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Derartige Angriffe sind nicht zu tolerieren.“