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Landtagswahl 2027

TWahlkreisreform: Scharfe Kritik am Vorschlag der Landesregierung

Rund 7700 Wahlberechtigte in Apensen sollen 2027 bei der Landtagswahl im Wahlkreis Bremervörde abstimmen.

Rund 7700 Wahlberechtigte in Apensen sollen 2027 bei der Landtagswahl im Wahlkreis Bremervörde abstimmen. Foto: Fabian Strauch/dpa

Der Zuschnitt der Wahlkreise in Niedersachsen soll neu geregelt werden - und Apensen zum Wahlkreis Bremervörde wechseln. Was sagen die Politiker vor Ort zu diesem überraschenden Vorschlag?

Von Susanne Laudien,
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Von Karsten Wisser
Donnerstag, 09.10.2025, 18:59 Uhr

Landkreis. Der Staatsgerichtshof hat im Dezember 2024 entschieden, dass Niedersachsen seine Wahlkreise grundlegend ändern muss. Die höchsten Richter stellten bei einer Prüfung der Landtagswahl 2022 fest: Die bisherige Einteilung verletzt den Grundsatz der gleichen Wahl. Das Ergebnis der Wahl von 2022 bleibt zwar gültig. Das Land muss aber die Wahlkreise für die Landtagswahl 2027 neu einteilen.

Landtagswahlkreis Buxtehude ist viel zu groß

In einem ersten Vorschlag des Landeswahlleiters sollte der Wahlkreis Buxtehude (55) die Samtgemeinde Harsefeld nach Bremervörde verlieren. Im neuen Vorschlag der regierungstragenden Landtagsfraktionen von SPD und Grünen würde es nun die Samtgemeinde Apensen treffen.

Hintergrund: Der Wahlkreis Buxtehude ist zu groß. Im derzeitigen Zuschnitt gibt es eine Abweichung von plus 18,25 Prozent von der durchschnittlichen Zahl der Wahlberechtigten pro Wahlkreis in Niedersachsen. Damit liegt Buxtehude oberhalb der Toleranzgrenze von 15 Prozent. Im Wahlkreis Stade liegt eine Abweichung von plus 7,04 Prozent vor.

Corinna Lange, hier vor dem Schwedenspeicher in Stade, vertritt die Region im Landtag.

Corinna Lange, hier vor dem Schwedenspeicher in Stade, vertritt die Region im Landtag. Foto: Susanna Brunkhorst

Corinna Lange, SPD-Abgeordnete für den Wahlkreis Stade, hatte am Mittwoch die Pläne für die Wahlkreise im Landkreis Stade öffentlich gemacht. Man setze die Vorgaben des Staatsgerichtshofs mit Augenmaß um, so Lange.

Weil der Wahlkreis Buxtehude deutlich über der zulässigen Größe liege, sei der Wechsel von Apensen in den Wahlkreis Bremervörde (54) die kleinstmögliche Korrektur. Zugleich sei eine Änderung des Wahlkreises Stade (56) verhindert worden, so Lange.

CDU: Rot-Grün zerschlägt gewachsene Strukturen

„Gewachsene Strukturen werden zerschlagen, eine Samtgemeinde wird aus dem Landkreis Stade herausgerissen und dem Wahlkreis Bremervörde zugeordnet“, reagiert Birgit Butter auf die Pläne. Sie ist die direkt gewählte CDU-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Buxtehude.

Vertreten den Landkreis Stade im Landtag in Hannover: Birgit Butter (links) und Melanie Reinecke, beide CDU.

Vertreten den Landkreis Stade im Landtag in Hannover: Birgit Butter (links) und Melanie Reinecke, beide CDU. Foto: Sören Schuldt

Der vorliegende Entwurf von SPD und Grünen erhöht die Zahl der Wahlkreise um drei auf 90 - allerdings ohne den Landtag zu vergrößern, sagt Rot-Grün.Trotzdem ist Birgit Butter dagegen.

Buxtehude verliert eine „schwarze“ Kommune

„Eine Erhöhung der Wahlkreise ist abzulehnen. Sie führt zu neuen Problemen, verschiebt die Durchschnittszahlen der Wahlberechtigten und birgt die Gefahr, dass schon 2027 wieder mehrere Wahlkreise über die zulässige Abweichungsgrenze hinausgehen“, sagt Butter.

„Der jetzige Zuschnitt verfolgt parteipolitische Motive“, bewertet die CDU-Landtagsfraktion die Pläne der linken Mehrheit. SPD und Grünen nutzen die Wahlkreisreform nach Einschätzung der CDU-Fraktion gezielt, um sich Vorteile für die kommenden Landtagswahlen zu verschaffen.

So sieht der CDU-Vorschlag für die Reform aus

Die CDU-Landtagsabgeordneten haben für den Elbe-Weser-Raum einen eigenen Vorschlag. Um den Wahlkreis Buxtehude zu verkleinern, könne Horneburg Landkreis-intern an den Wahlkreis Stade abgegeben werden.

Um dann Stade zu entlasten, könnten Nordkehdingen und Drochtersen zu Cuxhaven gehen. Das entspricht ungefähr der Aufteilung bei Bundestagswahlen. Dort gehören Oldendorf-Himmelpforten, Drochtersen und Nordkehdingen zum Wahlkreis Cuxhaven - Stade II.

Das sagt Landrat Seefried zur Wahlkreisreform

„Für uns war es bisher ein großer Vorteil, dass die Kreisgrenze sich mit der Grenze der Wahlkreise Stade und Buxtehude deckt“, sagt Landrat Kai Seefried (CDU). „Ich werbe weiterhin dafür, dass es dabei bleibt, weil so eine optimale Wahrnehmung der Interessen der Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landkreises im Landtag gewährleistet ist.“ Gewachsene Strukturen würden dabei helfen.

„Gleichwohl weiß ich um die Herausforderungen aufgrund der anspruchsvollen rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine Reform nötig machen“, so Seefried.

So reagiert Apensen auf die Wahlkreisreform

„Ich finde es nicht gut, dass Apensen künftig zum Wahlkreis Bremervörde gehören soll. Wir gehören zum Landkreis Stade“, sagt Rolf Suhr, Bürgermeister von Sauensiek und Vorsitzender der CDU-Fraktion im Samtgemeinderat Apensen.

„Ich halte diese Entscheidung für völligen Blödsinn. Wir haben keinerlei Bezug zu Bremervörde, sondern ausschließlich nach Buxtehude. Das wird von der Politik einfach so beschlossen und macht für uns keinen Sinn“, sagt Frank Buchholz (FWG), Bürgermeister der Gemeinde Apensen und Mitglied im Samtgemeinderat.

Für Grüne egal, weil ohnehin chancenlos

„Die Entscheidung, dass Apensen zum Wahlkreis Bremervörde gehören soll, ist für unsere Fraktion völlig egal. Denn bei der Landtagswahl werden die Grünen sowieso keine Chance haben, sondern lediglich die CDU“, sagt Peter Löwel, Grünen-Ratsmitglied im Samtgemeinderat und im Gemeinderat Beckdorf.

Petra Beckmann-Frelock, Bürgermeisterin der Samtgemeinde Apensen, ließ eine TAGBELATT-Anfrage zur Wahlkreisreform unbeantwortet.

SPD und Grüne verteidigen Vorschlag zur Wahlkreisreform

Es gibt aber Stimmen, die den Vorschlag zur Wahlkreisreform verteidigen. „Ich begrüße ausdrücklich, dass die niedersächsische Landesregierung und die die Regierung tragenden Fraktionen auf die Besonderheiten im Landkreis Stade Rücksicht nehmen und so wenig wie möglich in die beiden Landtagswahlkreise eingreifen“, sagt Björn Protze. Er ist SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzender. Es sei dem Einsatz von Corinna Lange zu verdanken, dass der Wahlkreis Stade unverändert bleibe und im Wahlkreis Buxtehude nur Apensen an Bremervörde abgegeben werde.

Die Grünen sehen das ähnlich: „Wenn der aktuelle Zuschnitt der Wahlkreise verfassungswidrig ist, muss daran dringend was geändert werden. Dass für unsere Wahlkreise jetzt ein verhältnismäßig kleiner Einschnitt kommen soll, ist zwar nicht optimal, aber verkraftbar“, sagt Joachim Fuchs, Sprecher im Grünen-Kreisverband Stade.

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