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Verbrechen

TPolizei jagt gottlose Kriminelle nach Kupferdiebstahl im Alten Land

Constanze Becker von der Polizei Jork blickt auf den Tatort, mehrere Kupferrohre der Borsteler Kirche sind in der Nacht zu Donnerstag gestohlen worden.

Constanze Becker von der Polizei Jork blickt auf den Tatort, mehrere Kupferrohre der Borsteler Kirche sind in der Nacht zu Donnerstag gestohlen worden. Foto: Vasel

Wieder haben Kupferdiebe im Alten Land zugeschlagen. Klar ist: Spätestens beim Jüngsten Gericht werden diese Kriminellen ganz schlechte Karten haben. Das ist der Grund.

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Von Björn Vasel
Freitag, 10.10.2025, 05:50 Uhr

Jork. Im Februar und August suchten Kupferdiebe bereits die St.-Bartholomäus-Kirche in Mittelnkirchen heim, jetzt montierten Unbekannte mehrere Fallrohre der 1400/1770 errichteten St. Nikolai-Kirche in Borstel ab.

Die Täter müssen in der Nacht zu Donnerstag zugeschlagen haben. Die Polizei in Jork hat sich am Morgen ein Bild verschafft, gemeinsam mit einem Kollegen nahm Stationsleiterin Constanze Becker die Ermittlungen auf. Aktuell gehen die Ermittler von einem Schaden in Höhe von 2000 Euro aus.

Kupferdiebe gefährden Kulturdenkmäler bei Gewitter

Doch Pastorin Anika Röling (Borstel) und Pastor Olaf Prigge (Lühekirchen) beklagen nicht nur den materiellen Schaden. Die Kupferrohrdiebe haben zum wiederholten Male auch die Blitzableiter der Gotteshäuser zerstört.

Das gefährdet die bedeutenden sakralen Denkmäler mit ihren Kulturschätzen. Allein die Arp-Schnitger-Orgeln sind „von unschätzbaren Wert“, unterstreicht Prigge.

Der heutige Kirchturm der 1322/1749 erbauten Kirche in Mittelnkirchen wurde nach einem Orkan im Jahr 1837 geköpft, die hohe Kirchturmspitze wich einem niedrigen Zeltdach - auch, weil der Blitz wiederholt in den holzverschalten Glockenturm eingeschlagen war.

Demontiert - auch der Blitzableiter der St. Nikolai-Kirche ist kaputt.

Demontiert - auch der Blitzableiter der St. Nikolai-Kirche ist kaputt. Foto: Vasel

Laut Deutschem Wetterdienst gibt es im Schnitt jährlich 20 bis 30 Gewittertage. Im Jahr 1769 wurde der erste Blitzableiter Deutschlands an der Jacobi-Kirche in Hamburg angebracht.

Der US-Amerikaner Benjamin Franklin hatte 1752 die elektrische Natur von Blitzen erkannt - und ein System entwickelt, bei dem eine Metallstange auf einem Gebäude den Blitz anzieht und ihn über einen Draht sicher in die Erde leitet.

Kurzum: Diese Erfindung schützt Gebäude vor Schäden, indem sie den Blitz den Weg des geringsten Widerstands einschlagen lässt. Der Pastor von St. Jacobi, Christian Samuel Ulber, lehnte die Montage übrigens anfänglich ab. Für ihn war ein Blitzableiter letztlich ein Misstrauensvotum gegen Gott, und die Blitze ein Zeichen des Herrn.

Im August suchten die Kriminellen die St.-Bartholomäus-Kirche in Mittelnkirchen heim.

Im August suchten die Kriminellen die St.-Bartholomäus-Kirche in Mittelnkirchen heim. Foto: Vasel

In Mittelnkirchen zieht die Kirchengemeinde jetzt die Konsequenzen. Der Schaden in diesem Jahr lag bei 8000 Euro. Gestohlene Kupferrohre wurden durch Plastik-Fallrohre ersetzt - in Kupferfarbe.

Prigge beklagt das. Denn Kupfer passe auch aus Denkmalschutzerwägungen besser zur Kirche. Außerdem sei Metall langlebiger. Kunststoff bleiche aus.

Tendenz steigend: Höhe Schäden durch Kupferdiebstähle

Die Schäden durch Kupferdiebstähle steigen landkreis- und landesweit, so Daniel Kraus von der Polizeiinspektion Stade und Philipp Hasse vom Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA). Die Fallzahlen liegen im unteren vierstelligen Bereich. Allerdings sei der Schaden seit 2023 erheblich angestiegen - trotz nahezu gleichbleibender Fallzahlen.

Kriminalhauptkommissar Hasse nennt zwei Gründe: Zum einen seien die Preise für das Altmetall gestiegen, zum anderem haben die Kriminellen verstärkt Windkraftanlagen und E-Ladesäulen ins Visier genommen.

2024 lag der finanzielle Schaden im Land Niedersachsen bereits bei 9,15 Millionen Euro; 2022 war laut LKA in der Kriminalstatistik noch von 5,18 Millionen Euro die Rede.

Kupfer-Banden mit Wurzeln in Südosteuropa

Diebstähle an Windkraftanlagen werden laut Polizei eher von gut strukturierten Banden begangen, Diebstähle von Gewerbehöfen oder von Einzelgebäuden wie Kirchen oder Wohn- und Geschäftshäusern häufig von örtlich einzeln oder in Kleingruppen agierenden Personen. Bei Windkraftanlagen werden hochprofessionelle Banden aus Südosteuropa hinter den Diebstählen vermutet.

Ihre Beute transportieren die mit Akku-Flex und Bolzenschneider bewaffneten Kriminellen meist mit Transportern oder Pritschenwagen ab, in Ausnahmefällen auch mit größeren Lkw.

Beispiel Bliedersdorf: Hier wurden am 2. Oktober fast sechs Tonnen Kabel von Paletten und aus Schaltschränken einer Baufirma gestohlen. Der Schaden liegt hier bei etwa 30.000 Euro. Die Kupferrohre und -kabel werden bei Schrotthändlern zu Geld gemacht, im Ausland und bei dubiosen Händlern im Raum Hamburg.

Vor Ort legten die Fachbetriebe, so der Eindruck der Polizei, Wert auf die legale Herkunft der Altmetalle, so Polizeisprecher Kraus. So werden Kopien von Personalausweisen gemacht und die angelieferte Ware nach dem Wiegen erfasst.

Kupferkabel auf einem Schrottplatz.

Kupferkabel auf einem Schrottplatz. Foto: Daniel Naupold/dpa

Übrigens: Im Kabel einer kommerziellen E-Ladesäule steckt Kupfer im Wert von 60 Euro, der Schaden ist - vor allem durch den Aufwand bei Wiederinbetriebnahme - mit bis zu 8000 Euro deutlich höher.

Präventionstipps des Landeskriminalamtes

Das LKA rät insbesondere Gewerbebetrieben, ihre Grundstücke mit bis zu 2,50 Meter hohen Zäunen mit Untergrabeschutz und digitaler Überwachung zu sichern. Buntmetalle sollten in einbruchhemmend ausgeführten Räumen gelagert werden.

Außerdem sollten Betriebe ihr Eigentum mit Einbruchmeldeanlage oder ereignisgesteuerter Videoüberwachung mit Aufschaltung bei Notruf-Serviceleitstellen schützen. Hinweise an die Polizei unter 04161/647-115 oder 04162/91383-0.

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