TAuf Kneipentour: Eine überraschend lange Nacht in Stade
Henriette Roth in der Kleinen Freiheit: „Für viele ist das hier ein zweites Wohnzimmer.“ Foto: Scholz
Nach Buxtehude begibt sich das TAGEBLATT in Stade auf Kneipentour: von einer urigen Institution bis zu Trendlokalen und einer notwendigen Planänderung.
Stade. Am Fischmarkt schlägt das gastronomische Herz von Stade - und hier beginnt um 22 Uhr auch unsere Kneipentour. Erster Stopp: das Fuerkiek. „Bier-begleitende Speisen“ steht auf einer Speisekarte und über dem Lokal geschrieben. Charmant.
Urige Kellerkneipe mit Gewölbe-Charme
Wir gehen die sieben Stufen hinunter. Tatsächlich riecht es nicht zuerst nach Kneipe - eher nach Fischbrötchen und Imbiss. Das Lokal ist richtig schön urig: Ledersitze auf den Bänken, tiefe Decke. Eine Kellerkneipe mit Gewölbe-Charme. Und brechend voll.
Wir nehmen den letzten freien Tisch und quetschen uns an die Nische am Eingang. Wir bestellen ein Jever und ein Grevensteiner, je 4,60 Euro für 0,4 Liter. Die zweite Runde kommt deutlich schneller - sieben Minuten, wie die alte Kneipenregel besagt, waren das nie und nimmer. Schön kalt und mit guter Krone ist das Bier trotzdem. Schmeckt.

Der Abend beginnt im Fuerkiek - das Bier schmeckt. Foto: Battmer
Zwei Männer und eine Frau stellen sich am Tresen dazu. Sie stehen so nah an unserem Tisch, dass einer von ihnen uns mit seinem Sambuca zuprostet. Selbst draußen sitzen noch einige Leute, schleppen ein Tablett mit Bier raus. Die Kälte hält sie nicht ab.
Gegen 22.30 Uhr wird es schlagartig leerer. Ein Phänomen, das uns später auch die anderen Lokale bestätigen. Warum? Dazu später mehr.
Das sorgt für Empörung: „In Buxtehude kann man besser losgehen“
Das Trio vom Tresen hat inzwischen einen Platz gefunden. Wir setzen uns dazu und geben uns als Kneipentester zu erkennen - und haben ganz offensichtlich Glück mit unseren Gesprächspartnern.

Im Fuerkiek (von links): Holger Baran, Alexandra Weißer und Andreas Neitzel. Foto: Scholz
Alexandra Weißer und Andreas Neitzel sind „gefühlt schon ewig Stammgäste“ im Fuerkiek. Die „Ur-Staderin“ und das Urgestein vom VfL Fredenbeck schwelgen in Erinnerungen. Von den Zeiten, als die Bundesliga-Handballer mittwochs immer im Fuerkiek waren. Neitzel erzählt viel - charmant und witzig: „Wenn Ihr noch etwas über mein Leben wissen wollt: Steht alles auf Wikipedia.“ Wir lachen.
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„In Buxtehude kann man besser losgehen“, sagt er und löst damit fast schon Empörung bei seiner Begleitung aus. Stade sei schöner, hält Alexandra Weißer dagegen. Gefundenes Fressen für uns, denn genau dieser Frage wollen wir ja nachgehen.
Gastronomin: Inzwischen kommen die Kinder von Stammgästen
An einem Tisch reichen junge Leute einen Würfelbecher herum, sie spielen Meier oder Mäxchen. Daneben sitzt Inhaberin Angela Scholz und spielt mit einer Gruppe Skat. Die Gastronomin hat das Lokal vor 26 Jahren übernommen und liebt ganz offensichtlich ihren Job, schließlich hat ihr Lokal das ganze Jahr jeden Tag geöffnet, erzählt sie.

Angela Scholz, Inhaberin des Fuerkiek in Stade. Foto: Battmer
Es kämen nicht nur viele Stammgäste, sagt Scholz, „sondern von den Stammgästen kommen inzwischen schon die Kinder“, ergänzt sie lachend. Und nicht ganz ernst gemeint: „Was im Keller passiert, bleibt im Keller.“ Zum Abschied gibt sie eine Runde Sambuca aus, wir ziehen weiter.
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Unser Plan war, eine Institution in der Stadt (Fuerkiek), einen aktuellen Szeneladen (Kleine Freiheit) und eine Raucherkneipe (Blanker Hans) zu besuchen, in der erfahrungsgemäß der Abend auch mal etwas später werden kann.

Auf dem Weg in die Kleine Freiheit, die zweite Station. Foto: Scholz
Wir wollen herausfinden, wo man den besseren Abend erlebt - in Buxtehude oder in Stade. Um das zu vergleichen, haben wir Kriterien festgelegt, unter anderem Getränke, Preis, Urigkeit und Stimmung.
Ein Kronleuchter aus leeren Astra-Flaschen
Unser Weg zur Kleinen Freiheit führt uns keine 200 Meter an das andere Ende vom Fischmarkt. Vom Flair her das absolute Kontrastprogramm: kleiner Tresen, Sitzplätze über zwei Stockwerke, grüne und blaue Lichtleisten. Als wir reinkommen, läuft eine Technoversion des Cantina-Band-Songs aus Star Wars. Alles wirkt jünger, moderner - definitiv nicht die klassische Kneipe.
Hier schlägt das Herz für das Hamburger Bier mit dem Herzanker. Es gibt Astra vom Fass, und als wäre das nicht genug, hängt unter der Decke ein riesiger Kronleuchter aus leeren Astra-Flaschen. Absolut kultig.

Die Kleine Freiheit wirkt jünger und moderner und ist definitiv nicht die klassische Kneipe. Foto: Scholz
Henriette Roth und Ana Cerancevic stehen hinter dem Tresen. „Für viele ist das hier ein zweites Wohnzimmer“, sagt Roth und bietet uns den Hausschnaps an: Solero. Fruchtig, erfrischend und wirklich nah dran am namensgebenden Eis. Was da genau drin ist, erfahren wir nicht. Geheimrezept!
Alkoholfrei wird beliebter, auch bei Cocktails
Die Kleine Freiheit gibt es am Fischmarkt seit gut drei Jahren, aktuell das Trendlokal in Stade. Vor allem bei jungen Leuten ist der Laden beliebt. „Wir arbeiten daran, alle Altersgruppen anzusprechen“, sagt Roth. Dabei helfen sollen diverse Veranstaltungen: vom Kneipenquiz über Daydrinking bis hin zu Videospiel-Turnieren oder Karaoke.

Henriette Roth (rechts) und Ana Cerancevic stehen in der Kleinen Freiheit am Tresen. Foto: Battmer
„Und wir wollen noch mehr Cocktails machen“, sagt Ana Cerancevic. Alkoholfrei werde immer mehr gefragt, gerade bei Cocktails, erzählt das Duo an der Bar. Wir bestellen trotzdem zwei Bier. Glatt zehn Euro für zwei halbe Liter.
Eng an eng: Kontakte sind quasi vorprogrammiert
Dass Stader durchaus als reservierter gelten als Buxtehuder, ist an diesem Abend nicht zu spüren. Am Tresen kommt jeder mit jedem ins Gespräch. Vielleicht liegt es auch daran, dass es unten in der Kleinen Freiheit nicht gerade geräumig ist. Kontakte sind quasi vorprogrammiert.
Zwei Frauen erzählen uns, dass sie später in die Tropicana-Bar weiterziehen. Ein Werder-Fan interessiert sich brennend für unseren Job. Am Tresen sitzt Jonas, Wodka-Energy in der Hand. Er kickt beim VfL Güldenstern Stade III, arbeitet als Schichtgänger bei der Dow. „Vor einer Stunde war hier noch richtig viel los“, sagt er. „Jetzt ist es leerer, entspannter.“

Jonas erklärt uns, warum es schlagartig leerer geworden ist. Foto: Scholz
Die Erklärung bekommen wir gleich mitgeliefert: Ein ganzer Schwung junger Leute ist in den Musikladen nach Heinbockel aufgebrochen. Das erklärt einiges.
Ein einziger Gast in schummerigem Licht
Unten gibt es nur eine Toilette, Toilettenpapier liegt auf dem Boden. Die Playlist wiederholt sich gefühlt. Wir schauen uns an - Zeit für den nächsten Stopp.
Es ist kurz vor 2 Uhr. Wir wollen in den Blanken Hans, eine Raucherkneipe. Doch dort sitzt inmitten leichten Rauchs in schummerigem Licht nur ein einziger Mann einsam am Tresen.
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Wir planen um. Gut, dass wir im Fuerkiek und in der Kleinen Freiheit zuvor gefragt haben, wo man in Stade noch gut hingehen kann, wenn eigentlich nichts mehr geht. Die gängigen Antworten: Tropicana-Bar oder Savoy. Wir entscheiden uns für Letzteres.
Ein Dutzend Gäste um 2 Uhr nachts im Savoy
Das Savoy wirkt mit einer Anmutung zwischen Bistro und Bar nicht wie die letzte Absteige. Dazu tragen das gute Dutzend Gäste bei, die einen der Uhrzeit angemessenen Pegel haben, aber noch nicht blau sind.

Alex Polystiriadis steht im Savoy hinter dem Tresen. Foto: Battmer
„Die Leute haben Lust, rauszukommen. Sie freuen sich über eine neue Bar“, sagt Barkeeper Alex Polystiriadis. „Hier ist Open End“, verspricht er.
Wir bestellen noch zwei Bier. Nett: Mit Oberdorfer und Hövels gibt es auch zwei ungewöhnliche Biersorten. Temperatur, Gas und Geschmack, alles fein - um diese Uhrzeit ist das zugegebenermaßen aber auch zweitrangig. Wir stoßen mit Waldemar an.
Das Publikum? „Von bis. Hier trifft sich alles.“
An guten Abenden seien selbst im Winter zu später Stunde auch noch 35 Leute da, erzählt uns der Barkeeper, während seine Kollegin hinter ihm am Tresen fließend zwischen Tanzen und Ausschenken wechselt. Das Publikum? „Von bis“, sagt er. „Hier trifft sich alles.“ Der Hausschnaps? Solero. Schmeckt auch hier.
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Als wir gegen 3.30 Uhr unser letztes Bier austrinken, sind immer noch acht Gäste da. Die Gespräche verschwimmen langsam, die Müdigkeit kickt rein. Für uns ist der Abend vorbei, doch die Nacht im Savoy anscheinend noch lange nicht.
Das Fazit, wer diesen Städtevergleich gewonnen hat, lesen Sie am Samstag im TAGEBLATT und zeitnah auf TAGEBLATT online. Die Kneipentour in Buxtehude finden Sie hier.
