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Seniorenheime

Millionenbetrug: Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Convivo

Der Firmensitz der Convivo Unternehmensgruppe. Foto: dpa

Der Firmensitz der Convivo Unternehmensgruppe. Foto: dpa

Convivo zählte nach eigenen Angaben zu den größten Pflegeheimbetreibern Deutschlands. Vor einigen Monaten kam die Insolvenz, viele Pflegeheime kämpfen seither um ihre Existenz. Nun hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen - wegen Betrugsverdachts.

Dienstag, 23.05.2023, 09:21 Uhr

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Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt gegen frühere Geschäftsführer der insolventen Pflegeheimgruppe Convivo. Es besteht in mehreren Fällen der Verdacht der Insolvenzverschleppung und in einem Fall der Verdacht des Betrugs, wie die Anklagebehörde der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage mitteilte. Convivo mit Sitz in Bremen zählte sich zu den größten Pflegeheimtreibern Deutschlands. Zuerst hatte „buten un binnen” von Radio Bremen über die Ermittlungen berichtet.

Convivo hatte im Januar Insolvenzanträge für die Unternehmensgruppe gestellt. Bereits ein halbes Jahr zuvor könnte Convivo zahlungsunfähig gewesen sein, vermutet die Staatsanwaltschaft. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass bei Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag spätestens nach drei Wochen gestellt werden muss. Der Staatsanwaltschaft liegen zudem Hinweise vor, dass ein zweckgebundenes Darlehen in Höhe von zwei Millionen Euro von einem Beschuldigten nicht entsprechend verwendet worden sein könnte. Daraus ergibt sich der Verdacht des Betrugs.

Pflegeheime in Stade und Fredenbeck betroffen

In der Region Stade hatte jüngst die Insolvenz des Pflegeheimbetreibers Convivo und seiner 58 Gesellschaften für Schlagzeilen und große Ungewissheit gesorgt. Im Wohnpark Fredenbeck stehen Übernahmegespräche mit einem neuen Betreiber kurz vor dem Abschluss. „Stadt und Land“ aus Stade mit Geschäftsführerin Karin Corleis sollen künftig die pflegerischen Angebote in Fredenbeck übernehmen. Mit einem Betreiber aus der Region bekommt die Einrichtung eine Wunschlösung der Beteiligten vor Ort.

Die Bremer Insolvenzverwalter zeigten sich zuletzt zuversichtlich, dass es für fast alle Wohn- und Pflegeeinrichtungen von Convivo eine Zukunftsperspektive gebe. Eine Übernahme der Gruppe als Ganzes zeichne sich dagegen nicht ab.

Frühere Geschäftsführer hüllen sich in Schweigen

Die Deutsche Presse-Agentur hat frühere Geschäftsführer der Firma kontaktiert. Einer ließ mitteilen, dass er keine Kenntnisse vom Inhalt des Verfahrens habe. Er habe über seinen Anwalt Einsicht in die Akten beantragt und könne zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben machen. Der Betrugsvorwurf richte sich seinem Verständnis nach nicht gegen ihn.

Ein weiterer früherer Geschäftsführer ließ über seinen Anwalt mitteilen, dass er sich nicht zu dem Verfahren äußern werde. Der Anwalt wies darauf hin, dass sich der Vorwurf des Betrugs nur gegen einen ehemaligen Geschäftsführer richte. Zeitweilig hatte die Staatsanwaltschaft andere Angaben gemacht, diese aber später berichtigt. Anfragen an weitere ehemalige Geschäftsführer blieben unbeantwortet.

Insolvenz befeuert Debatte über Pflegekrise

Convivo betrieb nach eigenen Angaben ehemals mehr als 100 Pflegeeinrichtungen, die meisten davon im Nordwesten Deutschlands, und beschäftigte rund 4800 Mitarbeiter. Der Website nach kümmerte sich die Gruppe um mehr als 18.000 Menschen. Die Insolvenz von Convivo befeuerte eine Debatte darüber, ob sich die Pflegebranche in einer Krise befindet. Convivo sprach von einer „Strukturkrise“, gegen die sich die Firma lange gestemmt habe.

Im März gaben die Insolvenzverwalter Convivos in einer Mitteilung bekannt, dass sie mit Übernahmeinteressenten über Paket- oder Einzellösungen sprächen. Convivo besteht aus mehr als 50 Unternehmen. Für erste Einrichtungen habe es bereits Einigungen gegeben.

Zu den Ermittlungen teilten die Insolvenzverwalter mit, dass staatsanwaltschaftliche Untersuchungen so gut wie bei jedem Insolvenzverfahren erfolgten. Die Aufklärungsarbeit der Ermittlungsbehörde werde vollumfänglich unterstützt, hieß es. „Die laufenden Insolvenzverfahren der Convivo-Gruppe werden weiter planmäßig von uns durchgeführt.“ (dpa)

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