TShitstorm um die Halle Nord: Stadt gesteht Fehler in der Kommunikation

1500 Zuschauer erleben im ersten Spiel in der neuen Halle Nord eine gelungene Premiere. Zwei Tage später eskaliert der Streit um die Nutzung der Halle. Foto: Jan Iso Jürgens
Der Streit zwischen den Machern der Handball-Bundesliga und der Stadt Buxtehude hat es offen gelegt. Es gibt hinter den Kulissen schon länger Ärger um die neue Halle Nord.
Buxtehude. Die Mitteilung des Buxtehuder SV hat eine Welle der Empörung in den sozialen Netzwerken ausgelöst. Viele Fans reagierten mit Unverständnis darauf, dass der Verein aus seiner neuen Spielstätte ausgesperrt wurde. Zahlreiche Spielerinnen teilten den Beitrag, Vereine aus der Umgebung – Buchholz, Hollenstedt, Beckdorf, Fredenbeck, Eyendorf, Himmelpforten, HSV Hamburg – boten spontan ihre Unterstützung an, teils in Form von Hallenzeiten oder Mitnutzung ihrer Trainingshallen.
Laut BSV erreichte der Instragram-Post vom Montag eine Viertelmillion Aufrufe. „Wir haben viel Solidarität erfahren. Social Media läuft über“, sagt Geschäftsführer Peter Prior.
Hallen-Streit bundesweit in den Schlagzeilen
Auch überregionale Medien griffen den Konflikt schnell auf. Die Hamburger Morgenpost titelte: „‘Armutszeugnis!‘ Stadt Buxtehude sperrt Bundesliga-Team aus neuer Halle aus“, die Sportbild schrieb: „Harzverbot! Bundesligist fliegt aus seiner Halle“, und das Portal sport1.de fragte: „Irrwitzige Handball-Posse: Ein 28-Millionen-Euro-Grab?“
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Als das TAGEBLATT am Dienstag mit Prior telefonierte, stand er bereits in Kontakt mit der Bild-Zeitung. Der Ärger um die Halle Nord ist längst bundesweit Thema.
Auch in Buxtehude ist der plötzlich eskalierte Konflikt zwischen der Handball-Bundesliga und der Stadt das beherrschende Thema. Dabei ging es im Grundsatz nur um eine schwierige Woche. In dieser Woche finden in der alten Halle Nord Bauarbeiten und in der neuen Halle noch technische Abnahmen und Einweisungen für städtische Mitarbeiter und Ehrenamtliche des BSV statt.
Bürgermeisterin gesteht Fehler ein
„Wir haben das zum Teil schlecht kommuniziert“, stellt sich Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt vor ihre Mitarbeitenden. Schon am Montagabend hatte die Stadt zugesagt, dass die neue Halle am Dienstag wieder zur Verfügung stehe. Deshalb schieben jetzt städtische Mitarbeiter Sonderschichten bis 22 Uhr. Und weiter: „Zu keinem Zeitpunkt ist es der Hansestadt Buxtehude darum gegangen, die Handballerinnen auszusperren.“

Landrat Kai Seefried, Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt und BSV-Geschäftsführer Timm Hubert (von links) am Samstag in der Halle Nord. Der Landkreis gibt fünf Millionen Euro zum Bau dazu. Foto: Jan Iso Jürgens
Die Bürgermeisterin hatte die BSV-Handball-Geschäftsführer Timm Hubert und Manager Prior noch am Montagabend ins Stadthaus gebeten. Ein Ergebnis der Gespräche ist auch, dass die für Sonnabend geplanten Jugend-Handballspiele von der alten in die neue Halle Nord verlegt werden.
Stadt: Es gibt kein generelles Backe-Verbot
In der ungewöhnlich scharfen Pressemitteilung der Handball-Bundesliga-Marketing hatte sich diese über ein generelles Backe-Verbot für alle Mannschaften beschwert. Das hätte den Leistungshandball in Buxtehude infrage gestellt.
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Die Bürgermeisterin stellte gegenüber dem TAGEBLATT allerdings klar, dass es kein generelles Backe-Verbot gibt. Ausschließlich in der kleineren Zweifeldhalle soll das harzige Mittel nicht genutzt werden. „Backe“ ist ein umgangssprachliches Wort für das Harz. Handballer verwenden es, um die Griffigkeit des Balls zu erhöhen.
Streit hinter den Kulissen
Das von der Stadt räumlich begrenzte Backe-Verbot hatte der BSV in seiner Pressemitteilung anders dargestellt: Vonseiten der Stadt habe es die Ansage gegeben, zunächst ohne Harz trainieren zu dürfen, solange die Reinigung des Bodens nicht geklärt sei. Die Bürgermeisterin bedauerte das Missverständnis.

Am Samstag fand das erste Spiel in der neuen Arena statt. Foto: Jan Iso Jürgens
Das passt aber zur Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten und Jahren. Je dichter die Fertigstellung der Halle kam, desto mehr Streit gab es hinter den Kulissen. Knackpunkte waren vermeintlich kleine Themen wie Standorte für Kühlschränke und der aus BSV-Sicht fehlende Platz für Leergut.
Harburger Verein unterstützt die A-Jugend
Als die weibliche A-Jugend des BSV am Montag nicht in der neuen Halle trainieren konnte, stellte kurzfristig der TuS Jahn Hollenstedt (Landkreis Harburg) seine Halle inklusive Harznutzung zur Verfügung, so dass sich das Team auf die anstehenden Spiele in der 3. Liga und Jugend-Bundesliga vorbereiten konnte. Auf Instagram zeigten sich die Spielerinnen dankbar für die Unterstützung „über die Stadtgrenze hinaus“.
Der BSV-Hauptverein mit mehr als 4000 Mitgliedern hat sich auch in die Debatte eingeschaltet. In einer Stellungnahme betont der Verein, dass er den Einsatz der Stadt, der Politik und vieler Beteiligter rund um die Eröffnung ausdrücklich anerkenne. Der Samstag sei „ein großer Tag für den Sport in unserer Stadt“ gewesen.
„Umso unverständlicher ist es, dass nur zwei Tage später ausgerechnet unsere Bundesligahandballerinnen von der Nutzung ausgeschlossen wurden – und dies trotz wiederholter Hinweise des Vereins auf die zwingende Notwendigkeit von Training unter realistischen Bedingungen, also mit Harz“, so der BSV weiter. Der Verein sieht darin eine Gefahr für den Bundesligabetrieb und die Nachwuchsförderung.
Hauptverein fordert Lösung und Dialog
Der BSV fordert eine „schnelle, verlässliche und nachhaltige Lösung“ und appelliert an „die Verantwortlichen“, Missverständnisse im Dialog auszuräumen. Man sei jederzeit zu konstruktiven Gesprächen bereit, damit die Halle Nord zu einem „Gewinn“ für Spitzen- und Breitensport wird.
Wie geht die Zusammenarbeit zwischen Stadt und BSV weiter? „Ich habe für mich keine Bedenken“, sagt Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt. Viele in der Verwaltung mit der Halle Nord befassten Mitarbeitenden seien aber frustriert. „Wir haben in den vergangenen Wochen alles dafür getan, dass ein Testspiel, die Abnahme durch die HBF und das erste Punktspiel stattfinden konnten“, sagt Oldenburg-Schmidt. Dass es bei einem großen Projekt in der Startphase Probleme gebe, sei nicht ungewöhnlich.
Mitarbeiterin der Stadt am öffentlichen Pranger?
Dass der BSV eine städtische Mitarbeiterin namentlich mit einem Zitat aus einem Arbeitsgespräch ohne Absprache an den öffentlichen Pranger gestellt hat, habe aber Spuren hinterlassen, so die Bürgermeisterin weiter. „Wir fordern vom BSV, dass dieser Passus von der Seite gelöscht wird“, so Oldenburg-Schmidt.
Der BSV zeigte sich am Dienstag erleichtert, dass die Mannschaften nun in der neuen Halle trainieren dürfen. „Die Mitteilung hat sich auf jeden Fall ausgezahlt, sie hat sich definitiv gelohnt“, sagt Geschäftsführer Timm Hubert.
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