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TApotheken-Sterben: Honorar ist faktisch auf dem Stand von 2004

Dr. Mathias Grau ist Inhaber der Rats-Apotheke in Horneburg.

Dr. Mathias Grau ist Inhaber der Rats-Apotheke in Horneburg. Foto: Sulzyc

Das Apotheken-Sterben kann dramatische Konsequenzen für die Notfallversorgung nachts oder an Sonn- und Feiertagen haben. Die Apotheken-Inhaber schlagen Alarm.

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Von Karsten Wisser
Samstag, 08.02.2025, 23:28 Uhr

Landkreis. Die Zahl der Apotheken bundesweit und so auch in Niedersachsen sinkt rasant. Der Rückgang hat negative Folgen für die Arzneimittelversorgung. Die Hauptursache liegt laut Landesapothekerverband (LAV) in den schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Apotheken: Honorar seit 2004 auf dem gleichen Stand

„Das Gesundheitssystem ist seit Jahren unterfinanziert, besonders im Bereich der Apotheken. Das Apotheken-Honorar ist faktisch auf dem Stand von 2004“, sagt Dr. Mathias Grau, Inhaber der Rats-Apotheke in Horneburg. Grau ist zudem stellvertretender LAV-Vorsitzender und Bezirksvorsitzender des LAV-Bezirks Stade.

Dr. Mathias Grau - Apotheker aus Horneburg und stellvertretender Vorsitzender des Landesverbands.

Dr. Mathias Grau - Apotheker aus Horneburg und stellvertretender Vorsitzender des Landesverbands. Foto: (c) LAV Nds./Lorena Kirste

Im Landkreis Stade haben mehrere Apotheken in den vergangenen Jahren die Medikamentenabgabe für immer eingestellt. In Buxtehude gab es in den vergangenen Jahren mehrere Schließungen, in Harsefeld sind zwei geschlossen worden. Das Beispiel Buxtehude: Hier sind in der Altstadt in den vergangenen Jahren die Apotheken am Fleth, in der Breiten Straße, der Langen Straße und am ZOB geschlossen worden.

Eine neue Apotheke gibt es dort allerdings im Medizinischen Versorgungszentrum. In Stade wurden zwei Apotheken geschlossen, in Apensen und in Steinkirchen jeweils eine.

Im Landkreis Stade gab es 2021 noch 48 Apotheken, heute sind es 44. Im Bezirk Stade mit den Landkreisen Cuxhaven, Osterholz-Scharmbeck, Rotenburg, Verden und Stade sank die Zahl von 174 und 154.

Apotheken-Sterben: Niedrigster Stand seit 45 Jahren

Das passt in den negativen Landestrend: Insgesamt handelt es sich um die niedrigste Apotheken-Zahl seit 1979. Allein seit Anfang 2009 mussten in Niedersachsen 442 Apotheken, rund 21 Prozent aller Betriebe, schließen.

Dieser seit Jahren anhaltende Trend ist aus LAV-Sicht eine Bedrohung für den gesetzlichen Auftrag der Apotheker, eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Am Stichtag 31. Dezember 2024 gab es noch 1671 Apotheken, 39 weniger als im Vorjahr.

Es sind die Apotheken, die durch den Nacht- und Notdienst Arztpraxen und Krankenhäuser entlasten.

Mathias Grau, Apotheker aus Horneburg

Jeder Verlust einer Apotheke bedeutet für die betroffenen Patienten nicht nur längere Wege, sondern weniger Beratung und Betreuung. Vor allem Familien mit kleinen Kindern und ältere Menschen, die auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen sind, könnten davon betroffen sein, so die Organisation der Apotheken-Inhaber.

Notdienst-Versorgung durch die Apotheken gefährdet

Für eine sichere Arzneimittelversorgung fordert der Landesapothekerverband Niedersachsen die Politik auf, den Apothekenrückgang aufzuhalten und die Apotheken finanziell zu stärken. Laut Berechnungen des Verbands fehlen in Niedersachsen 280 Millionen Euro.

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„Apotheken leisten mit ihrer fachlichen Kompetenz und Expertise einen erheblichen Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung - und das rund um die Uhr“, sagt Mathias Grau: „Es sind die Apotheken, die durch den Nacht- und Notdienst Arztpraxen und Krankenhäuser entlasten. Wenn die dauerhafte Dienstbereitschaft der Apotheken entfällt, werden sich die Patienten in Notfällen mehr denn je an die Notdienststellen der Ärzte sowie der Krankenhäuser wenden.“

Stirbt die Landarztpraxis, folgt die Apotheke

Die Apotheken im ländlichen Raum leiden auch darunter, dass immer mehr Landarztpraxen schließen müssen. In der Regel, weil keine Nachfolger gefunden werden. Auch das Praxissterben im ländlichen Raum nimmt zu.

„Die örtliche Apotheke macht bis zu 80 Prozent Umsatz durch die Arztpraxis vor Ort. Fällt das weg, gibt es auch die Apotheke bald nicht mehr im Ort“, sagt Mathias Grau. Zwei Beispiele aus der Praxis: In Stade hat die Apotheke am Pferdemarkt dichtgemacht, weil mehrere Arztpraxen in der Nähe aufgegeben worden sind. Das Gegenbeispiel kommt aus Buxtehude. Hier gibt es zwischen der Straße Am Geesttor und dem Bahnhof eine hohe Arztdichte und fünf Apotheken in der Bahnhofstraße.

Wie gut verdienen Apotheker durchschnittlich?

Die fetten Jahre für Apotheker sind vorbei: Vier Fünftel des Umsatzes einer Apotheke von durchschnittlich 3,44 Millionen Euro pro Jahr werden für die Waren ausgegeben. Vom verbleibenden Ertrag müssen Personal- und sonstige Kosten abgezogen werden. Der Gewinn vor Steuern ist 2023 erneut deutlich zurückgegangen. Eine typische Apotheke liegt bei rund 100.000 Euro pro Jahr. Dieser Betrag ist aber nicht einem Bruttogehalt gleichzusetzen.

Apotheker als Selbstständige müssen Steuern abführen, Investitionen in die Apotheke tätigen und die Altersvorsorge bestreiten. Nach Betriebsergebnis schrieben bundesweit 2023 zehn Prozent der Apotheken rote Zahlen. Weitere 24 Prozent der Apotheken haben Betriebsergebnisse, die dauerhaft kaum tragfähig sind. Die Zahlen kommen von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

Dieser Kurzfilm soll die Menschen wachrütteln

Der Landesapothekerverband Niedersachsen hat deshalb einen Kurzfilm veröffentlicht, um auf die Gefährdung der Gesundheitsversorgung vor Ort aufmerksam zu machen. Der Kurzfilm mit dem Titel „Klappe, die Letzte?“ soll zeigen, wie unverzichtbar die Nacht- und Notdienste sowie die Leistungen der Apotheken vor Ort für die gesundheitliche (Notfall-)Versorgung der Bevölkerung sind.

Zu sehen ist der Film auf www.lav-nds.de sowie auf den Social-Media-Kanälen der Apotheken und des LAV auf Youtube, Instagram (@lav.nds) und Facebook (Landesapothekerverband Niedersachsen).

„Mit dem Film vermitteln wir folgende Botschaft: Die Politik muss ins Apotheken-System investieren, damit Patienten weiterhin durch Apotheken rund um die Uhr versorgt werden können“, sagt Mathias Grau.

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