TDiese Orte in Buxtehude sind heute verschwunden

Heute ist dort ein Parkplatz, früher stand am Wehdenhof ein Gebäude mit zentraler Bedeutung: In einer virtuellen Reise machen Bernd Utermöhlen und Reiner Sprenger verlorene Orte von Buxtehude sichtbar. Foto: Weselmann
In die Vergangenheit reisen und das alte Buxtehude entdecken. Im Kulturforum wird das jetzt möglich - mit einem digitalen Spaziergang zu vergessenen Häusern und ihrer Geschichte.
Buxtehude. Vor 100 Jahren sah Buxtehude an vielen Stellen noch ganz anders aus. Manche Häuser, die damals die Straßen säumten, sind für immer aus dem Stadtbild verschwunden. Als Spiegel ihrer Zeit sind historische Bauwerke Mittelpunkt spannender Geschichten. Im Rahmen der Ausstellung „Buxtehude dazumal“ laden Reiner Sprenger und Bernd Utermöhlen am Donnerstag, 10. Oktober, um 19.30 Uhr im Kulturforum zu einer virtuellen Zeitreise ein, um diese verlorenen Orte wieder zu entdecken.
Verlorene Buxtehuder Bauwerke werden sichtbar
Mit Hilfe seines 3-D-Stadtmodells macht der Designer Reiner Sprenger das historische Stadtbild digital erlebbar. Dazu erzählt Buxtehudes ehemaliger Stadtarchivar Bernd Utermöhlen, was dort einst zu finden war.
3D-Stadtmodell
T Zurück in die Vergangenheit: 6 virtuelle Zeitreisen durch Buxtehude
Ein Beispiel ist der Wehdenhof. Wo heute Autos parken, war früher ein Ort von zentraler Bedeutung. Der Name weist darauf hin. Sein Ursprung liegt in dem mittelalterlichen Rechtsbegriff Wittum, Widden oder Wedem als Bezeichnung für ein gewidmetes Gut. In diesem Fall meint es den der Kirche zugeordneten Pfarrhof als Wohnhaus und Amtssitz des Buxtehuder Pfarrers.
Hier wohnte vermutlich der Magister Halepaghe
Im Archiv findet sich dazu ein Hinweis, dass der Propst des Alten Klosters am 7. März 1304 die sogenannte „area pro wedhemehove“ von einem Bremer Bürger als Pfarrhof kaufte. „Als höchstrangiger Geistlicher in Buxtehude hat vermutlich auch Halepaghe hier gewohnt.“ 1550 trat das Kloster den Platz schließlich an die Stadt ab, die nach der Reformation die Kirchenhoheit innehatte.

Vor 100 Jahren sah die Altstadt an vielen Orten noch anders aus: Mit dem 3-D-Stadtmodell von Reiner Sprenger wird Buxtehude dazumal erlebbar. Foto: Lesprenger
An diesem Platz errichtete die Stadt 1736 ein Gebäude für den Cantor und den Mathematicus (Rechenlehrer). Heute ist hier die Stadtbibliothek untergebracht. Im 18. Jahrhundert wurde auch das Haus auf dem Pfarrhof für den „Pastor Primarius“ als dem Vorgesetzten der Geistlichen in Buxtehude neu errichtet.
Der Wehdenhof war das Blankenese von Buxtehude
Heinrich Wilhelm Rotermund erwähnt es in seiner Beschreibung der Stadt von 1790 als „...ein neues Gebäude, das an die Este stößt und wegen seiner schönen Lage, im Sommer, die reizendste Aussicht ins alte und neue Land, nach Altona; Hamburg, u.s.w. hat.“ Stadtmodell-Entwickler Reiner Sprenger formuliert es aus heutiger Sicht so: „Der Wehdenhof war damals beste Wohnlage - sozusagen das Blankenese von Buxtehude.“ Rotermunds Beschreibung macht noch etwas deutlich: Kattau-Mühle und Malerschule waren noch nicht erbaut; sie versperren heute den Blick vom Wehdenhof gen Hamburg.
Lesen Sie auch:
- Virtueller Stadtrundgang durch das Buxtehude vor 100 Jahren
- Spannende Reise durch die Geschichte Buxtehudes
- In der Altstadt wimmelt es von Kunst
- Vernissage mit Bildern einer Stadt am Fluss
Die Bedeutung des Wehdenhofs reicht noch weiter. Das Jahr 1828 markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Ortes, dessen Nutzung sich hier änderte. Lange Zeit war St. Petri nicht der einzige sakrale Bau innerhalb der Stadtmauern. Dazu gabe es die Liebfrauenkirche - als stark frequentiertes Wallfahrtsziel - in unmittelbarer Nähe des Marschtorzwingers und die Heilig-Geist-Kapelle am Geesttor. Die Reformation besiegelte deren Ende. Später waren dort Armenhäuser angesiedelt. Diese wurden schließlich aufgegeben und deren Bewohner in das neue Armenhaus am Wehdenhof verlegt.
Früher gab es in der Altstadt ein Krankenhaus
Wie sich diese Armenfürsorge in der Stadt am Wehdenhof gestaltete, macht eine Beschreibung in Papes Kirchenchronik von 1842 deutlich: „Dieses Armenhaus ist zur Aufnahme und Verpflegung von alten und arbeitsunfähigen Personen, vorzugsweise Bürgern, eingerichtet. Dasselbe enthält Wohnung für 24 Arme, einen Arbeitssaal, Stube und Kammer für den Aufseher des Hauses, ein Krankenzimmer, die Sessionsstube des Armen-Collegii, Küche nebst Vorratskammer und Keller und beträchtlichen Bodenraum...“
Der Wehdenhof blieb noch bis ins 20. Jahrhundert ein wichtiger Ort für die Buxtehuder Stadtgesellschaft. Denn von 1885 bis 1929 war hier ein Krankenhaus angesiedelt. Endgültig abgerissen wurde das Gebäude erst 1967.
Die Recherche offenbart ein neues Detail
Die digitale Reise in die Vergangenheit führt an zehn verlorene Orte. Das Geesttor ist Geschichte, genauso wie Gebäude am Stavenort oder Liebfrauenkirchhof. Dabei bekommen Besucher Einblick in die enorme Recherchearbeit, die in dem 3-D-Stadtmodell steckt.

Blick von Norden in Richtung Fleth: Die Häuserzeile am Liebfrauenkirchhof zwischen Wasserlauf und Marschtorzwinger existiert heute nicht mehr. Foto: Lesprenger
Der Abend öffnet die Türen zu den vielen Bilddokumenten, die Reiner Sprenger als Vorlage für die Gestaltung der einzelnen Fassaden genutzt hat. Mit Blick auf das Alte Rathaus, das 1911 beim großen Stadtbrand zerstört wurde, sind die beiden auf eine spannende Zeichnung gestoßen. Die zeigt ein Detail, das auf alten Fotografien des Amtsgebäudes fehlt. Das Bild lüftet das Geheimnis, von wo aus vermutlich einst die Gerichtsurteile verkündet wurden.
Infos zu Ausstellung, Rahmenprogramm und Entstehung des Stadtmodells finden sich unter www.lesprenger.de. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.