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Handwerk

TFleischerjungs dicht: Wieder fleischlose Zeiten in der Buxtehuder Altstadt

Die Fleischerei in der Buxtehuder Altstadt ist geschlossen.

Die Fleischerjungs in der Buxtehuder Altstadt sind geschlossen. Foto: Vasel

Aus für Fleischerei in der Buxtehuder Altstadt. Freitagnachmittag war Schluss. Das sind die Gründe.

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Von Björn Vasel
Sonntag, 02.02.2025, 01:30 Uhr

Buxtehude. „Die Fleischerjungs GmbH zieht sich aus dem Filialgeschäft zurück“, bestätigte Geschäftsführer Lars Brunk am Freitagabend dem TAGEBLATT. Lange habe es sich abgezeichnet, „doch jetzt wurde der Entschluss gefasst“. Nach der Insolvenz der Fleischerei Röhrs OHG 2023 in Jork „stand die Schließung der Fleischerjungs schon einmal kurz bevor“. Schließlich war die Familie Röhrs auch Eigentümerin der Fleischerjungs GmbH.

Filiale war laut Eigentümer nicht wirtschaftlich zu betreiben

Durch die Übernahme aus der Insolvenzmasse durch den Käufer Lars Brunk von Küstenswien aus Schleswig-Holstein sei die Fleischerjungs GmbH noch bis Juli 2024 von Katharina Röhrs als Geschäftsführerin weiter betrieben worden. Danach trat Brunk selber übergangsweise in die Geschäftsführung ein. Er sagt: „Leider gelang es auch mit frischem Geld nicht, die Filiale Fleischerjungs nach der Insolvenz wirtschaftlich zu betreiben.“

Nachdem Katharina Röhrs „sehr kurzfristig“ als Chefin ausgestiegen war, versuchte Brunk nach eigenen Angaben, jemanden für die Übernahme des Ladens zu gewinnen, um die Arbeitsplätze zu erhalten. Brunk: „Das hat leider nicht funktioniert. Nun musste ich die Konsequenz ziehen und die Filiale schließen.“

Die meisten der sieben Mitarbeiterinnen hätten bereits neue Jobs in Aussicht. Fleischereifachverkäuferinnen seien im Lebensmitteleinzelhandel sehr gefragt. „Die Mitarbeiterinnen haben immer einen super Job gemacht und sich für den Betrieb mit starkem persönlichem Engagement eingesetzt“, lobt der Ex-Chef.

Das klassische Filialgeschäft an sich steht seit Jahren stark unter Druck durch die immer größer und besser werdenden Bedientheken des Lebensmitteleinzelhandels.

Brunk hofft, dass viele Kunden jetzt in Jork ihre hochwertigen Fleischwaren bei Röhrs am Fleet einkaufen.

Fleischerjungs beendeten 2018 die fleischlose Zeit

Mit dem 150 Quadratmeter großen Geschäft in der Langen Straße hatte die fleischlose Zeit im Mai 2018 in der Buxtehuder Altstadt ein Ende gefunden. Ein Hingucker war das Fleisch in der Dry-Aged-Beef-Reifekammer mit beleuchteten, luftreinigenden Salzkristallen. Die Ware reifte acht Wochen bei einem Grad.

Jetzt gibt es lediglich noch einen Familienbetrieb in Buxtehude: Lüssenhop an der B73 in Buxtehude-Neukloster. Auch in Stade schloss Anfang 2024 ein Traditionsgeschäft: Ossenbrügge.

Bilder aus besseren Tagen: Fleischerjungs Ole Meyer und Daniel Röhrs bei der Eröffnung 2018 (von links).

Bilder aus besseren Tagen: Fleischerjungs Ole Meyer und Daniel Röhrs bei der Eröffnung 2018 (von links). Foto: Vasel

Die Fleischerjungs-Gründer Ole Meyer und Daniel Röhrs kamen bei den Buxtehuder Kunden an, später trennten sich ihre Wege. 2019 hatte Daniel Röhrs in sechster Generation den elterlichen Betrieb in Jork übernommen. Er war in der Kategorie „Unternehmensnachfolge“ im Jahr 2017 mit dem Gründerstar ausgezeichnet worden.

Die Familie investierte 2020/2021 mehrere Millionen Euro in ein modernes Schlachthaus im Gewerbegebiet Ostfeld - mit Bio-Zertifizierung. Mit der Übernahme der Oldendorfer Schlachterei von Holt wollten die Altländer ab 2020 das Spanferkelgeschäft auf Märkten und im Partyservice ausbauen. Auch das Online-Geschäft wollte die 1709 gegründete, älteste Schlachterei Norddeutschland verstärken, so Röhrs seinerzeit.

Doch dann kam Corona und durchkreuzte die Pläne. Das Röhrs-Projekt „Schlachthaus“ im Gewerbegebiet Ostfeld war letztlich ein Grund für die Insolvenz des Familienunternehmens im Jahr 2023. Hohe Finanzierungs- und Baukosten sowie unter anderem steigende Energiekosten brachte den Mittelständler ins Trudeln.

Die Fleischerjungs, eine GmbH & Co. KG, ein zweites Standbein in der Langen Straße in Buxtehude, waren von der Insolvenz nicht betroffen. Das Unternehmen Küstenswien aus Schleswig-Holstein übernahm die insolvente Fleischerei Röhrs im September 2023. Das Unternehmen aus Galmsbüll im Landkreis Nordfriesland führte das Schlachthaus weiter. Das Ladengeschäft Röhrs in Jork-Mitte blieb erhalten; Andre Röhrs und seinen Eltern, Friedrich und Katrin Röhrs, führen es weiter.

Bundesweit gibt es immer weniger Fachbetriebe

  • Aktuell gibt es im deutsche Fleischerhandwerk noch knapp 10.200 Meisterbetriebe, die zusammen rund 133.000 Mitarbeiter beschäftigen und etwa 19,6 Milliarden Euro umsetzen. Zur Einordnung: 2003 gab es noch 18.300 Betriebe.
  • In Niedersachsen sind es 820 mit 429 Filialen. Das sind 15 Verkaufsstellen pro 100.000 Einwohner, rechnet der Deutsche Fleischer-Verband vor.
  • 51,6 Kilogramm Fleisch werden pro Kopf der Bevölkerung verzehrt. Schweinefleisch steht an Platz 1 (27,5 Kilogramm), gefolgt von Geflügel (13,1 Kilogramm) sowie Rind- und Kalbfleisch (0,9 Kilogramm). Tendenz: fallend. Vor fünf Jahren waren es noch 58,5 Kilo pro Kopf.
  • Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse sank auf 2300, vor 20 Jahren waren es noch mehr als 8000.
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