Zähl Pixel
Archiv

Die „Fleischerjungs“ sind am Start

Vor der Tür regnet es – drinnen wird auf Hochtouren gearbeitet: Am Donnerstag, 3. Mai, eröffnen Ole Meyer (links) und Daniel Röhrs in der Langen Straße 8 in Buxtehude ihr Geschäft „Fleischerjungs“.

Vor der Tür regnet es – drinnen wird auf Hochtouren gearbeitet: Am Donnerstag, 3. Mai, eröffnen Ole Meyer (links) und Daniel Röhrs in der Langen Straße 8 in Buxtehude ihr Geschäft „Fleischerjungs“.

Seit dem Ende der Schlachterei Bitter warten viele Buxtehuder auf den Tag, an dem sie in der City wieder Fleisch kaufen können. Am 3. Mai ist es so weit: Ole Meyer und Daniel Röhrs eröffnen dann ihr Geschäft „Fleischerjungs“.

Von Anping Richter Mittwoch, 25.04.2018, 18:58 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

In Deutschland nimmt der Pro-Kopf-Fleischverzehr seit einigen Jahren ab. Was ihren Erfolg angeht, sind der 27-jährige Ole Meyer und der 28-jährige Daniel Röhrs aber trotzdem optimistisch. Das liegt nicht nur daran, dass ihr Geschäft in Top-Lage die einzige Fleischerei in der Innenstadt sein wird. Sie wissen auch: Die Verzehrmenge nimmt insgesamt zwar ab, aber viele Verbraucher stellen bei Fleisch höhere Ansprüche an Tierwohl, Transparenz der Vermarktungsketten und Regionalität.

Das Geschäftskonzept von Meyer und Röhrs kommt diesem Trend entgegen. „Das Zeitalter von ‚Geiz ist geil‘ geht allmählich zu Ende“, sagt Ole Meyer. Preislich könnten sie mit Rewe und Aldi nicht mithalten, aber: „Qualitätstechnisch sind wir eine ganz andere Hausnummer.“ Darauf lege heute nicht nur die traditionelle Kundschaft immer mehr Wert, sondern auch viele junge Leute.

Röhrs und Meyer ist die Fachkunde in Sachen Fleisch praktisch in die Wiege gelegt worden: Daniel Röhrs Familie betreibt in Jork das älteste Fleischereifachgeschäft Norddeutschlands, Ole Meyers Großvater war ein Altländer Viehkaufmann. Bei den „Fleischerjungs“ wird Meyer vor Ort sein und sich um Geschäft und Kunden kümmern, während Daniel Röhrs weiterhin mit seinem Vater den Familienbetrieb in Jork führt, von dort aus aber auch Einkauf und Produktion für das gemeinsame Projekt in Buxtehude managt.

„Fast alle Produkte werden aus Jorker Schlachtung kommen“, berichtet Ole Meyer. Die Schlachterei Röhrs arbeite seit langem mit einer Handvoll verlässlicher Erzeuger zusammen, die allesamt in einem Umkreis von 50 Kilometern angesiedelt sind. „Für uns ist es wichtiger als ein Bio-Siegel, dass die Wege kurz sind und wir vor Ort präsent sein können“, erläutert Meyer. Stressfreie Aufzucht und Fütterung seien für sie Prioritäten, und als Hauptkunde könne Röhrs darauf Einfluss nehmen und sei alle zwei Wochen selbst vor Ort.

Die „Fleischerjungs“ kennen sich schon seit ihrer Ausbildung in der Fleischerei Röhrs. Während Daniel Röhrs im elterlichen Betrieb einstieg, lernte Ole Meyer Groß- und Außenhandelskaufmann und machte später seinen Wirtschaftsfachwirt. Den Kontakt hielten sie – und begannen irgendwann, nachdem die Schlachterei Bitter im Dezember zumachte, über ein gemeinsames Projekt in Buxtehude zu sprechen. „Erst haben wir nur philosophiert, aber dann wurde es konkret“, berichtet Meyer.

Die Immobiliensuche gestaltete sich nicht einfach, denn beide wollten nicht ans Fleth, sondern in absolute Top-Lage. Aber obwohl das Geschäft im schicken neuen Rathaus-Quartier schon lange leer stand, wollte die Maklerin zunächst keine Lebensmittel an diesem Standort. Die Eigentümerin sah das aber anders, und mit Unterstützung der Buxtehuder Wirtschaftsförderin Kerstin Maack kamen Röhrs und Meyer ins Geschäft. Jetzt liegt der Ausbau in den letzten Zügen, und am 3. Mai eröffnen die „Fleischerjungs“ in der Fußgängerzone, Lange Straße 8.

„Zu Beginn werden wir vor allem mit den Produkten aus Jork starten“, erläutert Ole Meyer. Aber die „Fleischerjungs“ wollen bewusst auch Neues einführen. Ein Hingucker wird der verglaste Bereich, in dem das Dry Aged Beef abgehangen wird. Auch ein größeres Sortiment von Wild- und Lammfleisch wollen Meyer und Röhrs mit ihrem fünfköpfigen Team anbieten, das sie durch persönliche Ansprache und Mundpropaganda gefunden haben.

Snacks „to go“ wie Leberkäse oder Frikadelle im Brötchen soll es täglich auf die Hand geben, dienstags und donnerstags auch warmen Mittagstisch am Tresen. „Ansonsten werden wir uns hier finden und auch herausfinden, was die Buxtehuder wollen“, sagt Ole Meyer. Einen 24-Stunden-Grillgut-Automaten wie in Jork werde es allerdings nicht geben, sagt Daniel Röhrs: „Es sei denn, es findet sich hier jemand, der den das ganze Wochenende über immer wieder neu befüllt.“In Jork mache er das nämlich selbst – und komme deshalb gerade bei schönem Wetter kaum weg.

1950 verzehrte der Bundesbürger im Durchschnitt noch 26,2 Kilogramm Fleisch pro Jahr, 2016 waren es 60. Der Fleischverzehr hat in den letzten Jahren aber abgenommen: 1975 lag er bei 55,8 Kilogramm, im Spitzenjahr 1995 bei 61,8. Der Trend geht dabei in jüngster Zeit zu mehr Rindfleisch, der Verzehr von Geflügelfleisch ist von 0,7 Kilogramm im Jahr 1950 auf 12,5 Kilogramm im Jahr 2016 angestiegen. Die Zahl der Fleischerei-Fachgeschäfte nimmt in den letzten Jahren kontinuierlich ab. Bundesweit kommen auf 100 000 Einwohner 26 Fleischerhandwerkliche Verkaufsstellen. Niedersachsen liegt mit 20 Verkaufsstellen je 100 000 Einwohner leicht darunter. Quelle: Deutscher Fleischer-Verband 2017.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.