Stader Traditions-Schlachterei schließt für immer

Eine Stader Schlacherei schließt. Foto: Feindt
Schlachterei Ossenbrügge am Stader Fischmarkt schließt im nächsten Monat für immer. Das gibt Chefin Meike Ossenbrügge per Annonce im TAGEBLATT und per Aushang im Ladengeschäft bekannt.
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Stade. Das Foto des Aushanges im Schaufenster der Fleischerei am Stader Fischmarkt und die Nachricht der Schließung nach Sonnabend, 24. Februar, verbreiteten sich in Windeseile in den Sozialen Medien.
Meike Ossenbrügge selbst will sich zu diesem Schritt vorerst nicht weiter äußern. Sie bittet ihre Kundschaft, Gutscheine bis dahin einzulösen, und bedankt sich für die Treue.
Seit 1763 wird ein Fleischergeschäft in dem Gebäude betrieben
Das Fleischerfachgeschäft Ossenbrügge ist eine Institution in Stade und neben Schlachter Bömmelburg in der Sattelmacherstraße der letzte verbliebene Laden seiner Art in der Stadt.
In dem Haus am Fischmarkt 3 aus dem 18. Jahrhundert war seit 1763 ein Fleischergeschäft untergebracht, 1930 starteten Fritz und Hanna Ossenbrügge ihre Schlachterei und Wurstmacherei. 1965 stieg Sohn Günter mit seiner Christa in das Geschäft ein, 1992 deren Tochter Meike.
Auf dem Schild an der Schaufensterscheibe der Fleischerei Ossenbrügge steht: "Dieses Fleischereifachgeschäft öffnet zuletzt am Samstag, dem 24. Februar 2024." Foto: Feindt
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Röhrs: Auch Altländer Fleischer geriet ins Trudeln
Erst im Mai des vergangenen Jahres traf eine Insolvenz die älteste Schlachterei Norddeutschlands im Alten Land - die Fleischerei Röhrs. Der bestellte Insolvenzverwalter Dr. Hendrik Heerma wollte das im Jahr 1709 gegründete Altländer Unternehmen retten. Das Geschäft - vom Laden bis zum Schlachthaus im Ostfeld in Jork - würde „vollumfänglich fortgeführt“. Die hohen Finanzierungs- und Baukosten des neuen Schlachthofs im Gewerbegebiet sowie steigende Energiekosten hatten den weit über das Alte Land bekannten Mittelständler Röhrs ins Trudeln gebracht.
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Zahl der Betriebe sinkt seit Jahren
Die Zahl der Fleischer und Schlachter geht seit Jahren zurück. Bekannte Beispiele sind der Schlachter Bitter in Buxtehude am Fleth und die Aufgabe des Ladenlokals der Fleischerei Wiersbitzki in Altkloster. Wiersbitzkis Wachtel-Imbiss an der Apensener Straße und der Partyservice laufen weiter.
Tatsächlich gibt es im Landkreis kaum noch nennenswerte Schlachtkapazitäten, was angesichts der tragenden Rolle der Tierhaltung für die Landwirtschaft schlecht ist. „80 bis 90 Prozent der Wertschöpfung im Agrarbereich kommen aus der Tierhaltung“, sagt Kreis-Landwirt Johann Knabbe. Es dürfte zum Beispiel etwa 100.000 Rinder im Landkreis geben. Die Hälfte davon produziert Milch.
41 Prozent weniger Schweine- Betriebe in Deutschland
Kreislandwirt Johann Knabbe ging im Mai des vergangenen Jahres davon aus, dass der Konzentrationsprozess von Schlachtbetrieben sich noch einmal verschärft, die Entfernungen damit noch weiter werden. Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Schweine ist seit Jahren rückläufig und auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung 1990. Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe im Zehnjahresvergleich ist sogar um 41 Prozent gesunken.
Die Fleischerei Wystub aus Wangersen in der Gemeinde Ahlerstedt hebt sich von vielen Betrieben in der Region ab: Im Familienunternehmen werden Rinder und Schweine noch immer selbst geschlachtet. Das gibt es nur noch bei Röhrs und bei Ropers in Wischhafen.
Wer schlachtet, kontrolliert die Qualität selbst
So könnten sie selbst über die Qualität ihrer Ware entscheiden. Als kleiner Betrieb am Großmarkt sei der Einfluss darauf oft gering, erklärt Anne Wystub. Durch die eigene Schlachterei hielten den Wystubs viele Kunden die Treue. Die Tiere kommen alle aus direkter Umgebung, meist sogar aus den umliegenden Dörfern.
Am Schlachten will der Betrieb weiter festhalten - zumindest, solange es geht. Die Auflagen und Anforderungen seien inzwischen sehr hoch, und würden nach jedem Fleischskandal weiter angehoben, sagt Anne Wystub. „Wir machen das natürlich gerne mit, aber es ist eben sehr viel Dokumentation.“ Und die kostet auch Personal.
Die Fleischerei Wystub ist bereits seit 1950 im Geschäft. Der Fleisch- und Wursthandel habe sich seitdem gewandelt, so Wystub. „Produkte wie Sonntagsbraten und Rouladen werden weniger gekauft.“ Stattdessen würden schnelle Gerichte wie fertiges Geschnetzeltes nachgefragt.
Catering ist sehr beliebt
Der Partyservice mit Catering hingegen ist nach dem Corona-Knick wieder sehr beliebt. Durch Schlachtung, Wurstherstellung, Laden und Partyservice sind die Wystubs breit aufgestellt - und machen sich darum aktuell keine Sorgen um ihre Zukunft.
Ähnlich geht es auch Jörg Bartsch mit seiner Fleischerei. Der Betrieb mit Filialen in Nottensdorf und Harsefeld hat sich über die Jahre ebenfalls ein eigenes Geschäftskonzept erarbeitet: Mit fertigen Gerichten in Gläsern, aber auch verpackten Fleisch- und Wurstwaren ist die Fleischerei in 40 Rewe- und Edeka-Märkten sowie Hofläden zu finden. Bartsch bietet ebenfalls einen Partyservice an, außerdem gibt es mit dem „Wursttaxi“ sogar einen Lieferservice. In Nottensdorf werden Tiere nicht selbst geschlachtet, aber das eingekaufte Fleisch vor Ort frisch zerlegt.