TMillionen vom Bund für Brunsbüttel – Stader LNG-Investoren verklagen EU

Foto mit Symbolkraft: Derzeit treibt der Stader LNG-Tanker Energos Force wegen Baggerarbeiten im Stader Hafen vor dem Brunsbütteler LNG-Riesen Hoegh Gannet. Foto: Ulrich Duncker
Hanseatic Energy Hub (HEH) baut für gut eine Milliarde Euro ein LNG-Terminal in Stade - ohne jeden staatlichen Zuschuss. In Brunsbüttel legt sich der Bund mächtig für eine ähnliche Anlage mit öffentlichen Geldern ins Zeug. Darum ist das Misstrauen an der Elbe so groß.
Stade. Gerade erst wurde in Stade fröhlich und in großem Stil gefeiert. Das offizielle „Groundbreaking“, der Spatenstich, für das LNG-Terminal auf dem Gelände des Chemie-Parks in Bützfleth direkt an der Elbe stand Ende Juni an mit vielen honorigen Gästen. Doch im Hintergrund brodelte es schon. Der Blick über die Elbe nach Brunsbüttel verhieß nichts Gutes.
Stade und Brunsbüttel - so nah und doch so fern
Seit Jahren beäugen sich die Kontrahenten um den LNG-Standort misstrauisch. Während Stade konkret plante, zeichnete sich Brunsbüttel vor allem durch lautstarke PR-Arbeit aus, meinten zumindest die Stader. Sie verwiesen auf die deutlich besseren Standortbedingungen, die Abwärme der Dow, mit der das tiefgekühlte und damit verflüssigte Erdgas (LNG) zurück in den Gaszustand versetzt werden soll. Und sie verwiesen auf die Nähe zum deutschen Gasnetz.
Vor der Energiekrise stand die Überzeugung, dass ein LNG-Terminal in Deutschland erst mal reichen sollte, zum Beispiel um LNG-betriebene Schiffe zu versorgen. Wer zuerst das Projekt realisiert, müsste am Markt die besseren Karten haben, so die Meinung. Dann kam der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und alles änderte sich.
Als die Versorgung der Republik mit Gas und Strom gefährdet schien, griff der Staat ein. Wilhelmshaven, Brunsbüttel, Stade und Mukran auf Rügen waren auserkoren, Standorte für den Import von LNG zu werden.
Stader LNG-Hafen wurde für 300 Millionen Euro gebaut
Stade half es insofern, als dass der Seehafen um einen Energie-Anleger für 300 Millionen Euro von Bund und Land ausgebaut wurde. Die FSRU, das Spezialschiff Energos Force als schwimmendes Terminal, ist bereits vom Bund gechartert und liegt nach wie vor unbeschäftigt vor Ort. FSRUs liegen auch an den anderen Standorten.
Unabhängig davon entsteht an Land in Stade das erste große LNG-Terminal. Das ist rein privat finanziert. Auf der anderen Elbseite fördert der Staat das gleiche Projekt eines Unternehmens, an dem er selbst zu 50 Prozent beteiligt ist, mit hohen Millionenbeträgen. Das passt dem Konkurrenten Hanseatic Energy Hub (HEH) nicht. Er verklagt die Genehmigungsbehörde.
Die Klage vor dem EU-Gericht in Luxemburg richtet sich gegen die EU-Kommission, weil die Brüsseler Behörde die Beihilfen genehmigt hat. Das noch in Planung befindliche Vorhaben wäre auch ohne Staatsgeld umsetzbar, argumentiert die HEH unter anderem. Ein normaler Marktteilnehmer hätte von seinen Kunden einfach höhere Preise verlangt und wäre ohne Staatsgeld ausgekommen, schreiben die HEH-Anwälte.
Die offensichtliche Sorge: Brunsbüttel kann sein regasifiziertes LNG später günstiger auf dem Markt anbieten als Stade. Die Unterstützung verführe die Betreiber außerdem dazu, weniger effizient zu wirtschaften.
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So soll es mal im Stader Chemie-Park an der Elbe aussehen: Der Anleger für LNG-Schiffe, die das Gas abholen, und das Terminal an Land in der Visualisierung. Foto: HEH
Bund ist mit 740 Millionen Euro involviert
Die EU-Kommission hatte der Bundesregierung im Juli 2023 erlaubt, das Brunsbütteler Terminal mit staatlichen Beihilfen im Umfang von 40 Millionen Euro zu unterstützen. Dieser Betrag könnte unter bestimmten Umständen auf bis zu 125 Millionen wachsen, schreibt die Brüsseler Behörde in ihrem Förderbescheid. „Die genehmigte Beihilfe entspricht nicht den Investitionskosten, sondern knüpft an Rendite-Berechnungen an und wurde von der Europäischen Kommission in dieser Höhe berechnet“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium.
Hintergrund: Ressortchef Robert Habeck (Grüne) kommt aus Schleswig-Holstein und hatte großes Interesse daran, dass auch dieses Bundesland einen LNG-Anschluss erhält.
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Insgesamt ist der Bund wohl mit deutlich mehr Geld involviert. Vorgesehen waren im Haushalt des Jahres 2022 rund 740 Millionen Euro, wie aus einem Brief des Finanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestags aus dem April 2022 hervorgeht. Der Bund ist am für das Brunsbütteler Terminal zuständigen Unternehmen German LNG zu 50 Prozent über die Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beteiligt.
Diese Firmen stecken hinter Hanseatic Energy Hub
Verantwortlich für das Vorhaben in Stade ist HEH mit Sitz in Hamburg. Zu HEH gehören der Hamburger Hafenlogistiker Buss-Gruppe, die Schweizer Private-Equity-Firma Partners Group, der spanische Netzbetreiber Enagás und der US-Chemiekonzern Dow. Der Bau des Terminals in Stade begann offiziell Ende Juni. Das Terminal soll 2027 in Betrieb gehen. (mit dpa)

Offizieller Spatenstich im Juni für das erste landbasierte Terminal für verflüssigte Gase in Deutschland. Das LNG-Terminal in Stade soll 2027 in Betrieb gehen. Foto: Georg Wendt/dpa