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TMit Perücke und falschem Namen: AfD-Mann wollte sich beim BSW einschleichen

Das Gastspiel des AfD-Mitglieds Olaf Kappelt (hier als AfD-Bundestagskandidat 2021) in Cuxhaven im Jahr 2021 war kurz - er verlor kurz nach der Kommunalwahl 2021 seine Mandate im Rat und im Ortsrat Altenwalde.

Das Gastspiel des AfD-Mitglieds Olaf Kappelt (hier als AfD-Bundestagskandidat 2021) in Cuxhaven im Jahr 2021 war kurz - er verlor kurz nach der Kommunalwahl 2021 seine Mandate im Rat und im Ortsrat Altenwalde. Foto: Scheschonka

Seltsamer Auftritt: AfD-Mann Olaf Kappelt versuchte, sich bei der damals noch in der Gründung befindlichen Wagenknecht-Partei einzuschleichen.

Von Maren Reese-Winne Freitag, 27.09.2024, 15:20 Uhr

Cuxhaven. Der Fall macht gerade bundesweit Schlagzeilen: Unter falschem Namen und mit Perücke getarnt hat AfD-Mann Olaf Kappelt versucht, sich im Dezember 2023 bei der damals noch in der Gründung befindlichen Wagenknecht-Partei einzuschleichen, gab sich dabei als Politikneuling aus und ließ sich auch noch durch ein ZDF-Team filmen und interviewen.

Seine Zahnlücke enttarnte ihn nun als den Mann, der schon in mehreren Städten Mandate wegen dubioser Angaben verloren hat.

Skepsis der Stadt war geweckt

Schon im Herbst 2020 hatte die AfD das vormalige CDU-Mitglied als Cuxhavener Direktkandidaten für die Bundestagswahl nominiert. Im September 2021 wurde Olaf Kappelt - zu dem Zeitpunkt schon AfD-Spitzenkandidat in Bremen und Bremerhaven für die zwei Wochen später stattfindende Bundestagswahl - in den Rat der Stadt und den Ortsrat Altenwalde gewählt. Aber etwas passte nicht. Längst war die Stadt, befeuert wohl durch einen Hinweis von außen, skeptisch geworden.

Vieles deutete darauf hin, dass Kappelt überhaupt nicht an der angegebenen Adresse in Altenwalde wohnte, schon gar nicht dauerhaft. Keiner schien den Mann zu kennen, der inzwischen sogar zum Vorsitzenden der Stadt-AfD gewählt worden war.

Gleich nach der Einreichung der AfD-Kandidatenlisten am 20. Juli 2021 leitete die Verwaltung ein Ermittlungsverfahren ein. Die Antwort erreichte das Rathaus am letzten Tag der eingeräumten Frist (30. Juli); doch einen Tag zuvor hatte der Kreiswahlausschuss schon den Wahlvorschlag der AfD für den Kreistag - ebenfalls mit Kappelt auf der Liste - zugelassen.

Name musste notgedrungen auf Stimmzetteln bleiben

Dem Gemeindewahlausschuss in Cuxhaven blieb angesichts der noch laufenden Ermittlungen nichts anderes übrig, als es dem Kreis nachzutun, schon um die Fristen zur Vorbereitung der Wahl und für den Stimmzetteldruck einzuhalten. Erst am 11. August meldete die Stadtverwaltung Kappelt von Amts wegen rückwirkend zum November 2020 ab; auf den Stimmzetteln musste sein Name notgedrungen bleiben.

Bei den Gerichten auf Granit gebissen

Das Verwaltungsgericht Stade und das Niedersächsische Verwaltungsgericht in Lüneburg wiesen Kappelts Protest gegen die Streichung aus dem Melderegister einhellig ab. Im November 2021 schlossen Rat und Ortsrat Kappelt aus ihren Gremien aus, da ihm zum Zeitpunkt der Kommunalwahl am 12. September die Voraussetzung für die Wählbarkeit gefehlt hatte (wählbar ist nur, wer mindestens sechs Monate vor der Kommunalwahl in der betreffenden Kommune gelebt hat).

Stadt- und Kreis-AfD gingen aufeinander los

Während sich noch Stadt- und Kreis-AfD öffentlich über die Ehrbarkeit und Glaubwürdigkeit der Figur Kappelt stritten, war längst bekannt, dass er schon zuvor durch dubiose Angaben zum Wohnort aufgefallen war. Mandate im Kreistag Oberspreewald-Lausitz, in der Stadtverordnetenversammlung Senftenberg sowie im Ortsbeirat Hosena (Brandenburg) hatte Kappelt 2019 verloren, weil ein Schuppen ohne funktionierende Elektrik und Abwasserentsorgung nicht als Hauptwohnsitz anerkannt wurde.

Seine Motivation bleibt ungewiss

Was er in Cuxhaven bewirken wollte, bleibt ungewiss. Dem „Weser-Kurier“ hatte er nämlich bereits im Juli 2021 erklärt, dass er sich vom Mandat in Cuxhaven zurückziehen und auf Bremen konzentrieren wolle.

Kappelt, promovierter Historiker, soll in den 80er Jahren beim CDU-Kreisverband Bremerhaven Geschäftsführer gewesen und ab 2016 in der AfD sichtbar geworden sein. Seine Tätigkeit als lautstarker Touristenführer im Kostüm Friedrichs des Großen in Berlin brachte ihm 2012 einen Auftritt im „Spiegel“ ein.

Perücke trug er schon in seiner Rolle als „Alter Fritz“

Eine Perücke trug er schon als Touristenführer. Nach dem Gespräch mit der Wagenknecht-Partei konnte diese jedoch über die Zahnlücke zwischen den vorderen Schneidezähnen nicht lange hinwegtäuschen; ein Profilbild in einer internen Whatsapp-Gruppe deckte seine wahre Identität auf.

Unter dem falschen Namen Hans Kappelt gab er in dem durch das ZDF für die Dokumentation „Inside Bündnis Wagenknecht“ gefilmten Auswahlgespräch mit einer BSW-Vertreterin zu Protokoll, niemals parteipolitisch tätig gewesen zu sein. Eine glatte Lüge des immer noch aktiven AfD-Mitglieds, das bei seiner Abwahl in Cuxhaven über angeblich verletzte Grundrechte, „Ausbürgerung“ und Willkür lamentiert hatte. Die Hintergründe seines seltsamen Auftritts in Berlin - Einzelvorstoß oder bestellte Unterwanderung? - liegen im Dunklen.

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