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Per Los zur Bundeswehr?

Losverfahren? „Wehrpflicht ist kein Glücksspiel“

Die Idee eines Losverfahrens zur Auswahl von Wehrdienstleistenden sorgt bundesweit für Diskussionen. (Symbolbild)

Die Idee eines Losverfahrens zur Auswahl von Wehrdienstleistenden sorgt bundesweit für Diskussionen. (Symbolbild) Foto: Michael Matthey/dpa

Ein Losverfahren für den Wehrdienst steht in der Kritik. Fachpolitiker von Union und SPD haben das Modell vorgeschlagen – Niedersachsens Kultusministerin widerspricht.

Von dpa Montag, 03.11.2025, 10:30 Uhr

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Hannover. Niedersachsens Vize-Regierungschefin und Kultusministerin Julia Willie Hamburg sieht die Idee eines Losverfahrens zur Auswahl von Wehrdienstleistenden kritisch. „Wehrpflicht ist kein Glücksspiel“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Ein Losverfahren für den Wehrdienst werfe rechtliche, praktische und gesellschaftliche Fragen auf und erscheine bei einem so wichtigen Thema „beliebig und nicht transparent“.

Im neuen Wehrdienstgesetz, das Anfang 2026 in Kraft treten soll, setzt die Bundesregierung zunächst auf Freiwilligkeit. Fachpolitiker von Union und SPD hatten aber vorgeschlagen, junge Männer per Losverfahren zur Musterung und nötigenfalls später auch per Zufallsauswahl für einen Pflichtdienst heranzuziehen, wenn die Freiwilligenzahlen zu gering bleiben sollten. Eine abschließende Haltung gibt es in der Koalition bislang nicht.

Ministerin will auf Bereitschaft und Überzeugung setzen

Hamburg plädiert dafür, freiwilliges Engagement zu stärken – in der Bundeswehr, im Bevölkerungsschutz oder im sozialen Bereich. Derzeit engagiere sich etwa jeder zehnte junge Mensch im Freiwilligendienst.

Um dieses Engagement zu stärken, brauche es attraktivere Bedingungen und einen echten Dialog, „nicht nur politische Symbolik“. Hier sei die Bundesregierung gefragt.

Sie will junge Menschen stärker einbeziehen: Kultusministerin Julia Willie Hamburg. (Archivbild)

Sie will junge Menschen stärker einbeziehen: Kultusministerin Julia Willie Hamburg. (Archivbild) Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Zwischen Klimakrise, Schulden und Wehrdienst

Hamburg zeigt sich offen für eine Debatte über ein mögliches verpflichtendes Jahr. Es könne eine von mehreren Ideen sein, um gesellschaftliches Engagement zu stärken.

Wer so etwas wolle, müsse aber klären, „wen wir verpflichten wollen, wie das gerecht funktioniert und wie das wirklich umsetzbar wäre“. Diese Fragen seien „nicht trivial“, betonte sie.

Viele Jugendliche fühlten sich in politischen Debatten überfordert und übergangen. Sie hätten den Eindruck, „dass wir nur auf sie schauen, wenn sie was für uns erledigen sollen – nicht aber, welche Bedürfnisse sie haben“, sagte Hamburg.

Viele junge Menschen stünden unter Druck: Sie sollten Klimakrise und Schulden bewältigen, die Renten sichern und nun womöglich noch Wehrdienst leisten.

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Engagement keine Frage des Alters

Gesellschaftliches Engagement dürfe keine reine Aufgabe der Jugend sein, gibt Hamburg zu bedenken. Auch Ältere könnten mehr beitragen – etwa als Vorlesepatinnen oder Integrationshelfer.

„Warum wird die Debatte über ehrenamtliches oder soziales Engagement nur als Anforderung an junge Menschen geführt?“, fragte sie.

Die Diskussion über Wehrhaftigkeit und gesellschaftliche Verantwortung sei „wichtig und überfällig“, betonte Hamburg. Angesichts der Bedrohungslage in Europa müsse sich Deutschland fragen, „wie wir uns als Gesellschaft besser aufstellen: militärisch, aber auch zivil. Und gleichberechtigt, unabhängig vom Geschlecht“.

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