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Eklat in Hannover

Journalistin mit Kot beschmiert: Jetzt äußert sich Ballettchef Goecke

Marco Goecke wurde suspendiert und hat Hausverbot. Foto: Christophe Gateau/dpa

Marco Goecke wurde suspendiert und hat Hausverbot. Foto: Christophe Gateau/dpa

Für den Ballettdirektor des Staatstheaters Hannover hat der Eklat bei einer Premiere am Samstag Folgen: Nach seiner Attacke mit Hundekot auf die Kritikerin Wiebke Hüster erhält er Hausverbot. Wie Marco Goecke den Vorfall erklärt.

Dienstag, 14.02.2023, 01:00 Uhr

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Von Christina Sticht, dpa

Der Ballettdirektor des Staatstheaters Hannover, Marco Goecke, ist nach einer Hundekot-Attacke auf eine Journalistin suspendiert worden. Er habe der Staatsoper und dem Staatsballett massiv geschadet, teilte das Staatstheater am Montag in Hannover mit. "Daher suspendiert die Theaterleitung ihn mit sofortiger Wirkung und erteilt ihm bis auf Weiteres ein Hausverbot, um Ballettensemble und Staatstheater vor weiterem Schaden zu schützen."

Zuerst hatten verschiedene Medien über die Suspendierung berichtet - darunter die "Hannoversche Allgemeine", die "Bild" und der NDR. Goecke sei aufgefordert worden, sich in den nächsten Tagen umfassend zu entschuldigen und der Theaterleitung gegenüber zu erklären, bevor es über weitere Schritte informiere, teilte das Theater weiter mit.

Ballettchef beschmiert Kritikerin mit Hundekot

Der Ballettchef hatte am Samstagabend bei der Premiere des Ballettabends "Glaube - Liebe - Hoffnung" die Kritikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Wiebke Hüster, im Foyer des Opernhauses mit Hundekot beschmiert. Zuvor hatte er ihr vorgeworfen, dass wegen ihrer persönlichen negativen Kritiken Ballett-Abonnements gekündigt worden seien. Die Journalistin erstattete Anzeige. Es seien Ermittlungen wegen einfacher Körperverletzung und Beleidigung aufgenommen worden, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Hannover.

Hundekot ins Gesicht gerieben

Nach Hüsters Vermutung könnte sich Goeckes Ärger auf ihre Rezension seines jüngsten Tanzstücks für das Nederlands Dans Theater bezogen haben. Als sie zu dem Ballettabend in Hannover kam, sah sie den Choreographen im Foyer im Gespräch mit Besuchern - er hatte seinen Hund dabei. In der ersten Pause habe sich Goecke im Foyer dann vor sie gestellt und ihr vorgeworfen, dass sie immer so schlimme persönliche Kritiken schreibe.

Plötzlich habe er eine Plastiktüte mit Hundekot aus der Tasche gezogen und ihr mit der offenen Seite ins Gesicht gerieben, sagte Hüster. "Als ich gespürt habe, was er gemacht hat, habe ich geschrien." Sie habe unter Schock gestanden und geweint. Die Pressesprecherin des Theaters habe ihr geholfen, sich im Waschraum der Intendanz zu säubern. Dann sei sie zur Polizeistation Hannover-Mitte gefahren und habe Anzeige erstattet. Hüster behauptete, dass die Attacke geplant gewesen sei: "Das war Vorsatz."

Politik fordert  Entlassung des Ballettdirektors

Die Intendantin der Staatsoper, Laura Berman, sagte am Montag: "Wir haben unmittelbar nach dem Vorfall den Kontakt zu Wiebke Hüster gesucht und uns persönlich bei ihr und auch öffentlich entschuldigt." Die Staatsoper Hannover sei ein offener Ort des respektvollen Miteinanders und Austausches. "Und wir bedauern sehr, dass unser Publikum durch diesen Vorfall gestört wurde", ergänzte die Intendantin.

Nach Bekanntwerden der Hundekot-Attacke hatten unter anderem mehrere Politiker die sofortige Entlassung des Ballettchefs gefordert. "Es geht hier nicht nur um die Zukunft von Marco Goecke, sondern auch um die Zukunft des über 30-köpfigen Ballettensembles, das nach Hannover gekommen ist, um mit Marco Goecke zu arbeiten", erläuterte der Verwaltungsdirektor des Staatstheaters, Jürgen Braasch. "Die Theaterleitung hat auch gegenüber jedem Ensemblemitglied eine Fürsorgepflicht."

"Das Verhalten ist völlig inakzeptabel und die Attacke ist widerlich", sagte Niedersachsens Kulturminister Falko Mohrs. "Wir werden mit dem Staatstheater über weitere Konsequenzen beraten", betonte der SPD-Politiker. "Als Aufsichtsratsvorsitzender drücke ich der Journalistin Wiebke Hüster mein Bedauern aus und bitte um Entschuldigung."

Frank Rieger, Landesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) in Niedersachsen, sprach von einer Attacke auf die Pressefreiheit. "Ein Künstler muss - ebenso wie wir Journalisten - Kritik ertragen, auch wenn sie überzogen erscheinen mag", sagte DJV-Landeschef Rieger. "Wer auf Kritik mit Gewalt reagiert, der ist nicht tragbar." 2006 hatte ein erboster Schauspieler dem FAZ-Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier den Notizblock weggerissen und war entlassen worden. 

So äußert sich Marco Goerke zum Vorfall

Goecke selbst sagte in einem Interview dem NDR Niedersachsen, er sei natürlich ein bisschen erschrocken über sich selbst. Die Wahl der Mittel sei "nicht super" gewesen, aber seine Person und sein Werk seien auch über Jahre beschmutzt worden.

Der 50-jährige gebürtige Wuppertaler hat internationales Renommee und wurde für seine Produktionen vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2022 mit dem Deutschen Tanzpreis. Der stets mit Sonnenbrille auftretende Choreograf hat seinen Dackel Gustav auch im Opernhaus in Hannover oft in einer Tasche dabei.

Hundekot-Attacke hat keine Konsequenzen für Goecke in Stuttgart

Nach seiner Suspendierung wegen einer Hundekot-Attacke auf eine Journalistin muss der Ballettdirektor des Staatstheaters Hannover, Marco Goecke, keine Folgen für sein Engagement in Stuttgart befürchten. Die Entscheidung des Staatstheaters werde keine Konsequenzen haben, sofern es um Gauthier Dance gehe, sagte eine Sprecherin der Company am Montag in Stuttgart. Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. Neben Hofesh Shechter ist Goecke seit 2019 sogenannter Artist in Residence im Theaterhaus. Zuvor war er auch Hauschoreograf am Stuttgarter Ballett. (dpa)

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