MAD-Report: Mehr Bedrohung durch Spionage und Extremismus
Militärischer Abschirmdienst (MAD) in Köln Foto: Thomas Banneyer/dpa
Der Militärgeheimdienst MAD stellt mehr Spionage und Sabotage fest, bearbeitet aber auch wieder mehr Fälle von Extremismus. Gewarnt wird vor „letalen Operationen“ russischer Spezialkräfte.
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Köln. Abwehr an mehreren Fronten: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) sieht eine weiter zunehmende Bedrohung durch Spionage und Sabotage. Diese sei „so präsent wie nie“, stellt der Militärgeheimdienst in seinem neuen Jahresbericht fest. Ausländische Nachrichtendienste nutzten alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, um Informationen zu erlangen, Einfluss auszuüben, Desinformation zu betreiben und die Interessen ihres Landes zu verfolgen.
„Auch vor Tötungsmaßnahmen oder Entführungen scheuen einige ausländische Nachrichtendienste nicht zurück“, warnt der MAD. Der Geheimdienst führt seit April 2024 eine interne Untersuchung mit dem erklärten Ziel einer strukturellen Stärkung durch. Unter dem zusätzlichen Aufgabenspektrum wird in dem Report auch „die Identifizierung und Abwehr von Spezialkräften der russischen Nachrichtendienste auch für letale Operationen“ genannt.
Die Arbeit ausländischer Nachrichtendienste basiere grundsätzlich auf drei Säulen: Informationsgewinnung, Beeinflussung und Vorbereitung sowie Durchführung von Sabotage, wobei die Bundeswehr unter den am stärksten gefährdeten Institutionen Deutschlands sei.
Russland strebt nach Vorteil auf dem Gefechtsfeld
Sogenannte hybride Maßnahmen haben sich demnach zu einem dauerhaft festzustellenden Phänomen entwickelt. Hauptakteure der gegen die Bundeswehr gerichteten nachrichtendienstlichen Angriffe seien Russland und China. Dabei stehen Russlands Nachrichtendienste „unter hohem Erfolgsdruck“ und hätten erhebliches Interesse an Informationen, die einen taktischen Vorteil auf dem Gefechtsfeld bedeuteten.
Darunter fallen auch Daten zu Reichweiten und Wirkweisen von Waffensystemen sowie Anzahl und Stationierungen von Waffensystemen oder Informationen, die später eine Ortung eines Waffensystems auf dem Gefechtsfeld ermöglichen.
„Die Spionageabwehr des BAMAD verzeichnet einen Höchststand an verdächtigen Vorfällen seit Jahren“, schreibt MAD-Präsidentin Martina Rosenberg in dem Bericht. Sie verweist auf Napoleon und den ihm zugeschriebenen Satz: Ein Spion ersetze 20.000 Mann an der Front.
„Wenn man den Schaden, den bereits eine einzelne Person anrichten kann, sieht, ist dies mehr als zutreffend. Spionage muss auch heute wieder als Vorbereitungshandlung auf mögliche militärische Auseinandersetzungen gesehen werden“, so Rosenberg. Es gehe um Informationen über Truppenstärke, Waffensysteme, Befehls- und Kommandostrukturen und Stationierungsentscheidungen.
Extremismus gibt wieder mehr Anlass zur Sorge
Der MAD verzeichnete im Jahr 2024 zum zweiten Mal in Folge einen Anstieg der Gesamtzahl an Personen, die mit Verdacht auf Extremismus - vor allem Rechtsextremismus - bearbeitet werden. Für das Jahr 2024 ist ein Anstieg der Neuaufnahmen der Fallbearbeitungen auf 524 (302 Abwehroperationen und 222 Prüfoperationen) gegenüber 483 im Jahr 2023 zu verzeichnen.
Im Phänomenbereich Rechtsextremismus wurden 413 Fallbearbeitungen (216 Abwehroperationen und 197 Prüfoperationen) neu aufgenommen (2023: 308), was einen Anstieg um 34 Prozent bedeutet. Der MAD hat im Jahr 2024 im Phänomenbereich Rechtsextremismus 11 (2023: 5) Extremisten sowie 26 (2023: 28) Menschen mit vorhaltbaren Erkenntnissen, die den Verdacht der fehlenden Verfassungstreue begründen, festgestellt.
Einen „erheblichen Rückgang der Fallzahlen“ gab es dagegen bei „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“. Bundeswehrangehörige sind in den letzten Jahren nur selten durch Bezüge zum Linksextremismus aufgefallen.
Eine etwa gleichbleibende Zahl von Fällen gab es beim sogenannten auslandsbezogenen Extremismus, vor allem mit Bezug auf den Ukraine-Krieg. Konkret geht es in Fälle, in denen völkerrechtswidrige Angriffs Russlands auf die Ukraine befürwortet wird oder auch Unterstützung fand.
Klare Warnung vor Russland-Reisen offenkundig nötig
Der Bericht warnt auch vor Propaganda-Aktionen und Desinformation als Teil eines hybriden Ansatzes ausländischer Nachrichtendienste. Dem komme eine gewichtige Rolle zu. „Besonders effektiv sind diese Ansätze, wenn sie einen anschlussfähigen, oftmals wahren Kern enthalten“, hießt es in dem Bericht.
Angehörige des Geschäftsbereiches des Verteidigungsministeriums - also über die Truppe hinaus auch die militärischen Behörden und Zivilstellen - unterlägen einer erhöhten Bedrohung, wenn sie Verbindungen nach Russland oder Belarus hätten oder Reisen in diese Staaten unternähmen. „Eigene Ermittlungen bestätigen, dass Bundeswehrangehörige durch solche Reisen in den Fokus der Nachrichtendienste Russlands und Belarus‘ geraten und gezielt befragt und unter Druck gesetzt werden“, heißt es in dem Bericht.
Der Kalte Krieg habe zwar hybride Mittel gekannt, sei aber über Symmetrie und Berechenbarkeit durch eine konventionelle Stabilität gekennzeichnet gewesen. Dagegen seien nun die Grenzen zwischen Krise, Spannungsfall und Krieg sind weniger klar.

Öffentliche Anhörung der Präsidenten der Nachrichtendienste Foto: Kay Nietfeld/dpa