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TWölfe töten bedrohte Heidschnuckenart bei Mulsum – Züchter will aufgeben

Dieses Tier wurde angefressen und Teile offenbar mitgeschleppt.

Dieses Tier wurde angefressen und Teile offenbar mitgeschleppt. Foto: Wisser

Die Zahl der Wolfsangriffe auf Weidetiere steigt an. Diesmal haben Raubtiere eine Herde vom Aussterben bedrohter Heidschnucken fast ausgelöscht - darunter ein besonders wichtiges Tier.

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Von Karsten Wisser
Donnerstag, 02.10.2025, 05:50 Uhr

Landkreis. Die Wölfe kamen in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. An zwölf Stellen haben die Raubtiere den Zaun auf einer Weide im Grenzbereich von Bremervörde, Elm, Mulsum und Heinbockel untergraben oder waren offensichtlich zunächst beim Versuch gescheitert.

Die Wölfe haben an zwölf Stellen versucht, den Zaum zu untergraben. Hier ist es ihnen nicht gelungen.

Die Wölfe haben an zwölf Stellen versucht, den Zaum zu untergraben. Hier ist es ihnen nicht gelungen. Foto: Wisser

Bis zum Ende der Nacht schafften es die Wölfe, auf die Weide zu kommen. Als der Schafbesitzer gegen 8 Uhr zu seiner Herde kam, waren drei der sechs weißen, gehörnten Heidschnucken tot. Drei weitere waren durch Kehlbisse schwer verletzt worden. Sie konnten von einer Tierärztin nur noch eingeschläfert werden. Zwei der Heidschnucken blieben unverletzt.

Schafhalter will nach dem Angriff mit der Zucht aufhören

„Ich höre mit der Zucht auf“, sagte der Züchter gegenüber dem TAGEBLATT. Er hatte sich gerade einen Herdbuch-Zuchtbock gekauft. Das für den Erhalt der Art wichtige Tier gehörte zu den Heidschnucken, die eingeschläfert werden mussten. Der Schafhalter - der Name ist dem TAGEBLATT bekannt - züchtet seit 1985. Für ihn ist nach diesem Erlebnis Schluss.

Diese drei Heidschnucken mussten nach dem Angriff eingeschläfert werden.

Diese drei Heidschnucken mussten nach dem Angriff eingeschläfert werden. Foto: Wisser

Der Bestand der weißen gehörnten Heidschnucke ist vom Aussterben bedroht. Es gibt nur noch wenige Tiere. Die genannten Zahlen variieren. Die Rasse wird von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) als extrem gefährdet eingestuft.

Heidschnucken-Rasse ist vom Aussterben bedroht

Die GEH meldet für 2023 rund 1000 Muttertiere im Herdbuch, zugelassene Böcke für die Zucht gibt es nur noch rund 30. Auch deshalb ist der Tod des Bocks ein harter Schlag für die Rasse.

Die Population ist rückläufig und konzentriert sich hauptsächlich auf das Weser-Ems-Gebiet in Niedersachsen. Es gibt wohl nur noch vier Blutlinien. In der Regel kümmern sich ausschließlich Hobbyzüchter um den Erhalt solcher Rassen. Für Profis sind diese Tiere unwirtschaftlich.

Unzureichender Schutz der Tiere vor dem Wolf

Durch die steigende Zahl von Wolfsangriffen und den oft unzureichenden Schutz der Tiere dagegen vergrößert sich das Risiko, dass diese Heidschnucken-Rasse verschwindet.

Bei dieser Heidschnucke ist der wolfstypische Kehlbiss gut zu erkennen.

Bei dieser Heidschnucke ist der wolfstypische Kehlbiss gut zu erkennen. Foto: Wisser

Der Zaun bei dem diesmal betroffenen Züchter war in einem guten Zustand, führte aber keinen Strom und verfügte über keinen Untergrabeschutz. Die Meldung der Rissexperten der niedersächsischen Landwirtschaftskammer steht zwar noch aus. Voraussichtlich gibt es aber aufgrund des fehlenden Grundschutzes keine Entschädigung.

15 tote Schafe in der Barger Heide bei Stade

Im Spätsommer und Herbst steigt die Zahl der Wolfsangriffe auf Nutztiere meistens. Aktuell gibt es viele im Landkreis Cuxhaven. Den letzten Angriff im Kreis Stade gab es Anfang September in der Barger Heide in Stade mit 15 toten Schafen.

Drei weiße gehörnte Heidschnucken lagen tot auf der Weide.

Drei weiße gehörnte Heidschnucken lagen tot auf der Weide. Foto: Wisser

Die im März oder April geborenen Wolfswelpen haben einen größeren Nahrungsbedarf, gehen aber noch nicht eigenständig auf Jagd. Bei einer Heidschnucke des aktuellen Risses fehlte die Vorderschulter. Ein vor Ort anwesender Jäger vermutet, dass die Wölfe dieses Stück für die Welpen mitgenommen haben.

Der Wildtier-Nachwuchs - vorrangig Beute der Wölfe - ist inzwischen aber groß und schnell, so dass er keine leichte Beute für den Wolf mehr ist. Nur eines der drei sofort getöteten Tiere war angefressen worden.

Rehe und Wildschweine: Das ist die Nahrung der Wölfe

Wölfe fressen bis zu über 90 Prozent wildlebende Huftiere wie Rehe (rund 50 Prozent) oder Wildschweine (rund 20 Prozent). Der Anteil von Nutztieren liegt unter einem Prozent. Das haben Studien nachgewiesen. Bei der Verteilung gibt es regionale Unterschiede.

Hier konnte ein Wolf den Weidezaun erfolgreich untergraben.

Hier konnte ein Wolf den Weidezaun erfolgreich untergraben. Foto: Wisser

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