An diesem Tag sollen Apotheken geschlossen bleiben

Lieferengpässe gab es zuletzt etwa bei Fiebersäften für Kinder, aber auch bei Antibiotika, Krebsmedikamenten und Blutdrucksenkern.
Der Aufruf zum Protesttag gilt bundesweit und richtet sich gegen die Politik. Die Not in den Apotheken wegen fehlender Medikamente ist groß.
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Wegen eines Protesttags gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung sollen am 14. Juni viele Apotheken in Deutschland geschlossen bleiben. "Anstatt die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln über die Apotheken vor Ort zu stabilisieren, wird sie geschwächt", sagte die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Gabriele Regina Overwiening, am Montag. Sie wies auch auf Lieferengpässe, Personalnot und eine jahrelange Unterfinanzierung der Apotheken hin. Die Arzneimittelversorgung soll an dem Protesttag über Notdienstapotheken aufrechterhalten bleiben.
Die Branche fordert unter anderem Honoraranhebungen. Die Zahl der Apotheken fiel zuletzt unter die Marke von 18.000. Ende März gab es bundesweit noch 17.939 Apotheken - das war der niedrigste Stand seit mehr als 40 Jahren. Erfasst werden Hauptapotheken und Filialen, von denen Apotheker bis zu drei betreiben können.
Rund ein Drittel hat Probleme beim Arznei-Kauf erlebt
Rund ein Drittel der Menschen in Deutschland hat einer Umfrage zufolge zuletzt Probleme beim Kauf von Arzneien gehabt. 35 Prozent der Befragten haben in den vergangenen zwölf Monaten dabei Schwierigkeiten oder Knappheiten erlebt, zeigt eine Studie im Auftrag des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH). Einer entsprechenden Frage stimmten 17 Prozent ganz und 18 Prozent eher zu.
Zum Vergleich: Bei einer ähnlichen Umfrage des Verbandes im Juni 2022 waren es in Summe erst 18 Prozent gewesen. Für die aktuelle Studie wurden gut 1000 Menschen im April repräsentativ befragt. 65 Prozent gaben an, sie hätten keine oder eher keine Schwierigkeiten erlebt.
Unter den Altersgruppen waren die 30- bis 39-Jährigen demnach am meisten von Problemen beim Arzneikauf betroffen (zusammen 42 Prozent) ebenso wie große Haushalte mit mindestens drei Personen (rund 46) vermutlich wegen Kindern im Haushalt. Während betroffene ältere Menschen vermehrt Probleme mit rezeptpflichtigen Arzneien gegen chronische Krankheiten erlebten, hätten Jüngere vor allem Schwierigkeiten mit rezeptfreien Medikamenten wahrgenommen, hieß es.
Zuletzt auch Antibiotika betroffen
Lieferengpässe gab es zuletzt etwa bei Fiebersäften für Kinder, aber auch bei Antibiotika, Krebsmedikamenten und Blutdrucksenkern. „Antibiotika sind lebenswichtige Arzneimittel, aber die Liefersituation ist derzeit katastrophal”, kritisierte jüngst der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Hans-Peter Hubmann.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt derzeit 483 Meldungen zu Lieferengpässen auf - bei rund 100.000 zugelassenen Arzneimitteln in Deutschland. Für viele knappe Medikamente gebe es aber Alternativen, so die Behörde.
Die Probleme können laut BAH-Umfrage dann auch meist in der Apotheke gelöst werden: Fast 40 Prozent der Betroffenen gingen mit zeitlicher Verzögerung erneut zur Apotheke, um die gewünschte Arznei abzuholen. 31 Prozent bekamen ein anderes Medikament. In 7 Prozent der Fälle musste ein neues Rezept für ein anderes Mittel ausgestellt werden.
Kampf gegen knappe Arzneien
Die Bundesregierung setzt im Kampf gegen knappe Arzneien an mehreren Stellen an. So sollen größere Vorräte der Hersteller als Puffer dienen. Zum Auffangen kurzfristiger Störungen in der Lieferkette oder kurzzeitiger größerer Mehrbedarfe ist eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung geplant. Vorgesehen sind auch neue Preisregeln, die Lieferungen nach Deutschland für Hersteller attraktiver machen.
Der Pharmabranche geht das aber nicht weit genug. Gerade Hersteller von patentfreien Arzneien beklagen viel Kostendruck und zu geringe Erstattungen bei Arzneien bei zugleich weitgehender Preisregulierung.
Die „übertriebene Kostendämpfungspolitik” der vergangenen Jahre habe zu einem enormen Preisdruck insbesondere auf Hersteller patentfreier Arzneien geführt, sagte BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz. „Die Folge sind die Auslagerung der Lieferketten mit Fokus auf Asien sowie eine Ausdünnung der Anbieterstruktur im Markt, weil sich für viele Unternehmen die Produktion wirtschaftlich nicht mehr lohnt.”