Bauern blockieren Druckerei in Bremerhaven – Polizeieinsatz und massive Kritik

Demonstranten haben in der Nacht versucht, die Auslieferung der Zeitungen zu verhindern und eine Fuhre Mist abgekippt. Foto: Schaper
Seit Wochen gehen Bauern auf die Straßen. Immer öfter stehen auch Medien im Fokus, wie in der Nacht in Bremerhaven. Für den Senator ist jetzt „eine Grenze überschritten worden“.
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Bremerhaven. Demonstranten haben in der Nacht zu Donnerstag die Druckerei der „Nordsee-Zeitung“ in Bremerhaven blockiert. Mit mehreren Autos, Traktoren und Transportern versperrten sie für etwa zweieinhalb Stunden Durchfahrten, wie die Polizei mitteilte. Zudem luden sie Mist vor der Druckerei ab. Die Auslieferung der Zeitung sei daher zeitweise verhindert worden.
Einsatzkräfte der Polizei Bremerhaven waren gegen 0.20 Uhr alarmiert worden. In einem von der Polizei initiierten Kooperationsgespräch konnte die Blockade gegen 2.50 Uhr beendet werden.
Die etwa 50 Demonstranten sind unzufrieden mit der Berichterstattung über zurückliegende Protestaktionen, wie die Polizei mitteilte. Die Beamten ordneten die Protestierenden der Landwirtschaft zu. Im Druckzentrum Nordsee wird unter anderem die „Nordsee-Zeitung“ gedruckt. Nach Polizeiangaben forderten die Bauern ein Gespräch mit dem Verleger. Zu dem Gespräch sollte es Donnerstagnachmittag kommen, erklärte der Chefredakteur Christoph Linne. Die Zeitung am Morgen sei trotz der Protestaktion pünktlich bei den Kunden angekommen.
Verleger Matthias Ditzen-Blanke bezieht Stellung
„Wir sind interessiert an einer Versachlichung“, sagte Linne. In dem Gespräch mit den Demonstranten wolle er herausfinden, wo die genauen Kritikpunkte liegen. Nach der Protestaktion sei die Berichterstattung der vergangenen Wochen noch einmal kritisch geprüft worden. Dabei sei kein Anlass für Kritik entdeckt worden.
Auch der Verleger der Zeitung, Matthias Ditzen-Blanke, meldete sich zu Wort. Nach seiner Auffassung habe die „Zeitung ausgewogen und differenziert berichtet“ und sei stets bemüht gewesen, „ein breites Spektrum an Perspektiven abzubilden und die Wahrheit zu suchen“, schrieb er am Donnerstag auf Facebook. Er sagte, dass die Demonstranten sich mit ihrer Kritik auch einfach telefonisch bei ihm hätten melden können. Neben der „Nordsee-Zeitung“ hatten Bauern in den vergangenen Tagen auch die Berichterstattung der „Kreiszeitung Wesermarsch“ kritisiert, die zum Medienverbund der „Nordsee-Zeitung“ gehört.
„Die Pressefreiheit ist ein unverzichtbares Gut in unserer Demokratie“, sagte er. Angriffe auf sie, etwa durch physische Blockaden, dürften nicht toleriert werden. Veränderte Mediennutzung führe dazu, dass Menschen nur noch ausgewählte Informationen wahrnehmen, sagte Ditzen-Blanke, der auch Vorsitzender des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger ist. Viele Menschen seien unbewusst in Echokammern, würden also nur Inhalte von Gleichgesinnten erhalten. „Dies erschwert einen ausgewogenen Diskurs und führt dazu, dass Medienkompetenz immer wichtiger wird.“
Bremer Innensenator: Bauern haben Grenze überschritten
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) kritisierte die Blockade-Aktion als Grenzüberschreitung. „Wer die Berichterstattung in einer Zeitung durch die Blockade eines Druckhauses zu verhindern sucht, greift die Pressefreiheit an“, sagte er laut einer Mitteilung am Donnerstag. „Wir werden nicht zulassen, dass die Pressefreiheit durch eine kleine Gruppe von offenbar radikalisierten Bauernvertretern unterminiert wird.“

ARCHIV - Ulrich Mäurer (SPD), Innensenator von Bremen. Foto: Sina Schuldt/dpa Foto: Sina Schuldt/dpa
Erst während der Hafenblockade am vergangenen Freitag ist es in Bremerhaven bereits zu aggressivem Verhalten der Protestler gekommen. Etwa 80 Personen, darunter waren nicht nur Bauern, hatten stundenlang mit Treckern und anderen Fahrzeugen die Wurster Straße in Höhe Amazon versperrt und damit die Zufahrtsstraße zum Hafen blockiert. Nach etwa vier Stunden, hatte die Polizei das erste Mal versucht, die Versammlung aufzulösen - ohne Erfolg.
Einige Landwirte versuchten sogar mit ihren Traktoren, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen, um zu der Blockadestelle zu gelangen. Gegen die Traktorfahrer wurden Strafverfahren eingeleitet. Benjamin Kieck, Vorsitzender der Kreisgruppe Bremerhaven der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte Angriffe gegen die Polizisten scharf: „Unsere Kolleginnen und Kollegen wurden am Freitagabend angegriffen! Das ist nicht hinnehmbar.“

Die Lage am Freitagabend in Bremerhaven war angespannt. Polizei und Landwirte sowie deren Sympathisanten verhandelten miteinander. Foto: Scheschonka
Landwirte in ganz Deutschland demonstrieren bereits seit Wochen, Anfang der Woche unter anderem auch vor dem Funkhaus des Norddeutschen Rundfunks in Hannover. Immer wieder werden auch Straßen blockiert. Die Bauern sind unter anderem unzufrieden, weil geplant ist, dass Begünstigungen beim Agrardiesel schrittweise auslaufen sollen.