Ermittler: „Keinerlei Erkenntnisse“ über Angriff auf AfD-Chef Chrupalla

Wie geht es Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, aktuell?
Nach einem Vorfall bei einer Wahlkampfveranstaltung in Bayern hat AfD-Chef Chrupalla das Krankenhaus verlassen. Blutuntersuchungen sollen laut Staatsanwaltschaft nun bei der Aufklärung der Hintergründe helfen.
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Nach einem Vorfall bei einer Wahlkampfveranstaltung mit AfD-Chef Tino Chrupalla in Bayern haben Polizei und Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben weiter keine Erkenntnisse, die auf einen Angriff auf den Politiker hindeuten. Die AfD geht wie bereits am Mittwochabend dagegen von einem „tätlichen Vorfall“ aus, wie die Bundesgeschäftsstelle am Donnerstag auf Nachfrage bestätigte. Am Donnerstagabend gab die Partei bekannt, dass Chripalla die Stadt inzwischen wieder verlassen hat. „Tino Chrupalla konnte mittlerweile Ingolstadt verlassen und wird sich in weiterführende ärztliche Behandlung begeben“, hieß in einer Pressemitteilung. Alle geplanten Wahlkampftermine in Bayern seien abgesagt worden. Im Freistaat wird an diesem Sonntag ein neuer Landtag gewählt.
In einer gemeinsamen Mitteilung der Staatsanwaltschaft Ingolstadt und des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord hieß es am Donnerstag, bei der Veranstaltung am Mittwoch hätten „nach dem derzeitigen Kenntnisstand mehrere Personen Selfies mit Herrn Chrupalla gefertigt, bei denen es zu einem leichten Körperkontakt kam. Es liegen zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Erkenntnisse vor, dass Herr Chrupalla angegangen oder angegriffen wurde.“
In der Mitteilung beriefen sich die Ermittler auf aktuell vorliegende Zeugenaussagen, unter anderem von Chrupalla selbst und auch von Personenschützern und Teilnehmern der Veranstaltung.
Nach Wahlkampfveranstaltung ins Krankenhaus gebracht
Chrupalla habe später Schmerzen im Oberarm verspürt und sei „wegen weiterer gesundheitlicher Beschwerden“ ins Klinikum Ingolstadt gebracht worden, hieß es weiter. Dort sei eine „oberflächliche Rötung bzw. Schwellung“ festgestellt worden. Ein Sprecher von Chrupallas Büro hatte zuvor von einer „Einstichstelle“ gesprochen. Es liefen Untersuchungen auf mögliche Substanzen im Körper. Chrupalla werde „weiterhin auf der Intensivstation“ behandelt und sei auch weiterhin ansprechbar. Nähere Angaben machte der Sprecher auf Nachfrage nicht.
Laut Polizei und Staatsanwaltschaft wurden dem AfD-Chef Blutproben entnommen. Zudem soll seine Kleidung untersucht werden. Die Ergebnisse stünden in beiden Fällen noch aus. Eine Sprecherin sagte, erfahrungsgemäß dauere es einige Tage, bis diese vorliegen.
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hatte nach dem Vorfall ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung eingeleitet. Das Verfahren laufe gegen unbekannt, Verdächtige gebe es nicht. Bereits bei einem Anfangsverdacht werde ein solches Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann betonte am Donnerstagabend, es gebe bislang keine Erkenntnisse, dass Chrupalla angegangen oder angegriffen worden sei, wenngleich von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. „Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln weiter mit Hochdruck“, betonte der CSU-Politiker allerdings auch. „Dabei gilt es auch, gesichertes Beweismaterial auszuwerten.“ Er machte der Partei schwere Vorwürfe. Es sei erschreckend, „wie infam und hinterfotzig die AfD im Landtagswahlkampf versucht, aus den Vorfällen bei ihrer eigenen Klientel Kapital zu schlagen, ohne die Ermittlungen abzuwarten“, kritisierte der CSU-Politiker am Donnerstagabend.
Chrupalla war am Mittwochnachmittag während einer Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt ins Krankenhaus gebracht worden. Der Hintergrund war zunächst unklar. Wie die Polizei mitteilte, musste Chrupalla vor Beginn einer Rede hinter der Bühne medizinisch versorgt werden und wurde dann in die Klinik gebracht. Eine offensichtliche Verletzung sei zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar gewesen, berichtete die Polizei. Die Ermittler riefen Zeugen auf, Fotos und Videos zur Aufklärung der Geschehnisse an die Kriminalpolizei zu schicken.
Laut einem Polizeisprecher gingen bis Donnerstagnachmittag mehrere Mitteilungen in diesem Zusammenhang ein. Das Bildmaterial werde nun ausgewertet.
Weidel auf Mallorca
Herrmann sagte dazu: „Selbstverständlich werden auch AfD-Politiker und deren Veranstaltungen von der Polizei entsprechend der Gefährdungseinschätzung geschützt. Je nachdem, ob es sich um Bundes- oder Landespolitiker handelt, sind das Bundeskriminalamt oder die jeweiligen Landeskriminalämter beziehungsweise Polizeipräsidien für persönliche Schutzmaßnahmen zuständig, im Falle von Chrupalla das Bundeskriminalamt.” Jedenfalls sei die AfD im aktuellen Wahlkampf „bislang weder an mich noch ans bayerische Innenministerium mit der Bitte um verstärkten Polizeischutz herangetreten”
Und dass die AfD-Vorsitzende Alice Weidel derzeit nicht auf Veranstaltungen auftreten könne, „liegt wohl an ihrem Aufenthalt auf Mallorca. Gefährdungen in oder aus Bayern für sie sind nicht ersichtlich.”
© dpa-infocom, dpa:231004-99-441123/22

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann spricht von «infam und hinterfotzig» im Bezug auf die AfD im aktuellen Wahlkampf.