RAF-Terrorist Garweg wohnte in abtransportiertem Container

In diesem Mini-Bauwagen lebte RAF-Terrorist Burkhard Garweg. Foto: Dominik Totaro/dpa
Die Zielfahnder des LKA halten den Druck auf die flüchtigen RAF-Terroristen auch am Montagmorgen hoch. Es hat weitere Durchsuchungen gegeben. Wie nah sind die Ermittler dran?
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Berlin. Nach der Durchsuchung eines Bauwagen-Geländes am Sonntag in Berlin-Friedrichshain hat das Landeskriminalamt Niedersachsen bestätigt, dass der gesuchte frühere RAF-Terrorist Burkhard Garweg (55) dort in dem rund acht Meter langen und 2,50 Meter breiten mit Blech verkleideten Baucontainer lebte. Der inzwischen abtransportierte Container werde nun umfangreich untersucht, sagte eine Sprecherin des federführenden Landeskriminalamts. Weitere Angaben machte sie nicht. Der Bauwagen war am frühen Montagmorgen abtransportiert worden, wie ein dpa-Reporter beobachtet hatte.
Appell der Staatsanwaltschaft: Ex-Terrorist Garweg soll sich stellen
Die Ermittler haben an Burkhard Garweg appelliert, sich zu stellen. Der 55-Jährige sei nach den Durchsuchungen in Berlin „richtig auf der Flucht“, der Druck auf ihn steige, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden am Montag. Das sei ein guter Zeitpunkt, sich zu stellen, um eine mögliche Eskalation zu vermeiden. „An einer Eskalation hat niemand Interesse.“ Grundsätzlich gelte, dass es sich strafmildernd auswirke, sich zu stellen. Der Sprecher der Anklagebehörde geht davon aus, dass die Ermittler dem Gesuchten nahegekommen sind: „Wir sind ganz gut dabei.“

Das aktuelle Original-Foto oben links zeigt nach Angaben des Landeskriminalamtes Niedersachsen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Burkhard Garweg, die drei anderen Bilder sind technisch verfremdete Versionen. Foto: ---/Landeskriminalamt Niedersachsen/dpa
Die Ermittler fahnden außer nach Garweg auch nach dem früheren RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub (69). Am Montagmorgen war ein weiteres Objekt in der Corinthstraße in Berlin-Friedrichshain durchsucht worden. Die Ermittler hätten einen Menschen angetroffen, von den Gesuchten sei aber niemand dort gewesen. Weitere Angaben machte das LKA zunächst nicht.
Die Dritte aus dem Trio, die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette (65), war am vergangenen Montag in Berlin festgenommen worden. Die drei sollen der linksextremistischen Rote-Armee Fraktion (RAF) angehört haben, die bis in die 1990er Jahre hinein mordete, und vor über 30 Jahren in den Untergrund gegangen sein.
Ermittler halten Fahndungsdruck auf Ex-RAF-Terroristen hoch
Die LKA-Sprecherin sagte am Montagmorgen auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur, es sei noch unklar, wie lange der Einsatz noch dauern werde. Die Fahndungsmaßnahmen dauerten an.
In der am Sonntagabend durchsuchten und nur zwei Kilometer von dem Bauwagen-Gelände entfernten Wohnung in der Grünberger Straße in Friedrichshain wurde niemand angetroffen. „Folgerichtig gibt es dann auch keine Festnahme oder sonstige Dinge“, sagte eine LKA-Sprecherin am späten Abend. Ob Spuren gefunden wurden, die die Ermittler bei der weiteren Suche nach den Ex-Terroristen helfen könnten, sagte sie nicht. Während der Durchsuchung standen auf der Straße vermummte Zivilpolizisten und ein Panzerfahrzeug, wie ein dpa-Reporter beobachtete. Mehrere Dutzend Schaulustige versammelten sich auf der Straße, um die Vorgänge zu verfolgen. Der Eingangstür wurde von uniformierten Polizisten bewacht.

Einsatzkräfte der Polizei verschaffen sich Zugang zu einem Nebengebäude des Bauwagengeländes. Foto: Annette Riedl/dpa
Am späten Abend sagte die LKA-Sprecherin, die Durchsuchungsmaßnahmen dort seien fürs Erste beendet. Allerdings werde die Wohnung weiterhin kriminaltechnisch untersucht, was noch Tage in Anspruch nehmen könne.
Technisch verfremdete Fahndungsfotos mit Kappe, Glatze oder Brille
Zuvor hatte das LKA Niedersachsen am Samstag mehrere mutmaßliche aktuelle Fotos des Gesuchten Burkhard Garweg veröffentlicht. Sie zeigen ihn im privaten Umfeld, zum Teil mit einem oder zwei Hunden - und in wesentlich besserer Qualität als die alten Fahndungsfotos, die es bisher gab. Ob die Fotos bei Daniela Klette nach ihrer Verhaftung am vergangenen Montag gefunden wurden, verriet die Polizei nicht.
Zusätzlich wurden am Sonntag technisch verfremdete Bilder von Garweg veröffentlicht. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte Burkhard Garweg sein Aussehen verändert hat“, teilte das LKA mit. Die Vermittler veröffentlichten daher drei unterschiedliche Versionen desselben Fotos, auf denen Garweg entweder mit einer Kappe, einer Glatze oder einer Brille zu sehen ist.
Am Freitag hatte das Bundeskriminalamt (BKA) erneut die Bevölkerung um Unterstützung gebeten. „Nach Festnahme in Berlin Fahndung nach 2 mutmaßlichen ehemaligen Terroristen der RAF“, schrieb das BKA auf X (früher Twitter). Die Männer könnten sich ebenfalls in Berlin aufhalten. Möglicherweise seien sie gefährlich.
Gesucht wegen Terrorverdachts und Raubüberfällen
Die RAF war über Jahrzehnte der Inbegriff von Terror und Mord in Deutschland. 1998 erklärte sie sich für aufgelöst. In der aktiven Terror-Zeit der dritten Generation wurden der damalige Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen (1989) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991) ermordet.
Gegen Klette, Staub und Garweg bestehen Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Sie wurden beziehungsweise werden auch wegen mehrerer Raubüberfälle gesucht. Zwischen 1999 und 2016 sollen sie Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen überfallen haben. Ihnen wird auch versuchter Mord vorgeworfen, weil dabei geschossen wurde.