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Pandemie

Mehr als 700 Corona-Neuinfektionen im Landkreis – Schärfere Maßnahmen gefordert

Die Grafik zeigt das Corona-Virus, das die Covid-Erkrankung auslöst. Das Virus grassiert weiter, betroffen sind auch viele Altenheime. Foto: Pixabay

Die Grafik zeigt das Corona-Virus, das die Covid-Erkrankung auslöst. Das Virus grassiert weiter, betroffen sind auch viele Altenheime. Foto: Pixabay

Das Infektionsgeschehen im Kreis Stade nimmt Fahrt auf. Das Kreis-Gesundheitsamt meldete am Donnerstag 771 Neuinfektionen ans Robert Koch-Institut (RKI). Nicht nur kreisweit legt die Inzidenz zu: Angesichts steigender Zahlen fordern Experten schärfere Maßnahmen.

Donnerstag, 13.10.2022, 12:29 Uhr

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Das Kreis-Gesundheitsamt meldete am Donnerstag sieben Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion. Allerdings wurden diese im Zeitraum der vergangenen drei Wochen erfasst, wie Kreissprecherin Nina Dede auf TAGEBLATT-Nachfrage mitteilte. Damit steigt die Zahl der verstorbenen Covid-19-Patienten seit Beginn der Pandemie im Kreis Stade auf 250.

Vier Senioren im Alter von 74, 82, 88 und 94 Jahren seien demnach "an Covid-19" gestorben, wie Dede mitteilte; drei von ihnen seien bereits im Krankenhaus behandelt worden.  Drei weitere Menschen im Alter von 94, 83 und 78 Jahren waren den Angaben zufolge zwar mit Corona infiziert, seien aber "an einer anderen Ursache" verstorben.

Drei der sieben Verstorbenen waren dreifach oder vierfach geimpft, zum Impfstatus der anderen vier lagen laut Landkreis keine Informationen vor.

Inzidenzwert steigt kreisweit auf 850,4 

Auch für die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Stade vermeldet das RKI einen Anstieg (Stand: Donnerstag, 11 Uhr): Von 704,4 am Vortag auf 850,4 am Donnerstag.

Allerdings wurden aufgrund eines Übermittlungsfehlers zwischen dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt und dem RKI am vergangenen Mittwoch keine neuen Fallzahlen berücksichtigt. 

Inzidenzen in den Nachbarkreisen

  • Rotenburg: 858,2
  • Harburg: 695,4
  • Cuxhaven 925,8

Quelle: RKI, 13. Oktober, 11 Uhr

Elbe Kliniken: Keine Covid-19-Patienten auf der Intensivstation

Das Gesundheitsamt des Landkreises Stade meldete 771 neue Corona-Fälle. Insgesamt wurden seit Ausbruch der Pandemie 84.227 mit Covid-19-Infizierte registriert.

In den Elbe Kliniken in Buxtehude und Stade werden mit Stand vom Donnerstag 27 corona-positive Patienten behandelt (-2 gegenüber dem Vortag), auf der Intensivstation befindet sich kein Patient.

Auch in Niedersachsen steigt die Zahl der gemeldeten Corona-Erkrankungen: Das RKI registrierte in den vergangenen sieben Tagen insgesamt 69.931 Fälle, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 871,2 - noch vor einer Woche lag sie bei 501,3. Bundesweit wurden am Donnerstag 145.213 neue Infektionen erfasst, die Inzidenz liegt deutlich unter dem Niedersachsen-Wert bei 793,8.

Forderungen nach schärferen Corona-Maßnahmen

Angesichts der bundesweit steigendenden Corona-Zahlen werden Forderungen nach einer Verschärfung der Corona-Maßnahmen laut. Besonders im Blick: die Belastung der Krankenhäuser. Die Vorsitzende des Ärzteverbands Marburger Bund, Susanne Johna, drängt die Bundesländer zum Handeln bei steigenden Corona-Zahlen.

"Überall dort, wo die Inzidenzen jetzt durch die Decke gehen, müssen die Länder mit einer FFP2-Maskenpflicht im ÖPNV und in öffentlich zugänglichen Innenräumen reagieren", sagte Johna den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Länder müssten "auf der Basis eines verlässlichen Echtzeit-Monitorings entscheiden, wie das Infektionsgeschehen besser eingedämmt werden kann, um die Krankenhäuser nicht zu überlasten".

Virologe Streeck: Maskenpflicht kein "Allheilmittel"

Auch der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb hält demnächst stärkere Schutzmaßnahmen für notwendig. "Die Empfehlung oder die Pflicht zum Tragen von Masken werden wir in wenigen Wochen wieder brauchen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Abstandsregeln bei großen Veranstaltungen, in Theatern und Kinos, benötigen wir bald wieder zurück." Das persönliche Verhalten müsse im Winter wieder stärker auf Corona ausgerichtet werden. "Wir brauchen wieder eine höhere Impfbereitschaft und eine größere Vorsicht."

Es sei zwar gut, dass Corona in der Öffentlichkeit nicht mehr die Dramatik wie noch vor ein oder zwei Jahren einnehme, da heute viele Menschen geimpft seien. "Aber es ist falsch, dass Corona jetzt fast gänzlich aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden ist - das muss sich schnell ändern", so Zeeb.

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck warnte allerdings, "zu glauben, dass eine Maskenpflicht jetzt ein Allheilmittel ist, dass wir dadurch wieder eine bessere Bekämpfung der Infektionszahlen haben". Das sei wahrscheinlich nicht der Fall, sagte er in der Sendung "RTL Direkt" am Mittwochabend.

Angesichts wieder steigender Corona-Zahlen wird bereits in den ersten Bundesländern über verschärfte Maßnahmen nachgedacht. So waren am Mittwoch Überlegungen bekanntgeworden, in Berlin demnächst die Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden wieder einzuführen. Im Saarland mit der zuletzt bundesweit höchsten Sieben-Tage-Inzidenz setzte die Regierung dagegen zunächst auf einen Appell.

Mit Blick auf die Situation in den Krankenhäusern sagte die Marburger-Bund-Vorsitzende Johna: "Das Personal geht jetzt schon wieder auf dem Zahnfleisch, ich mag mir nicht ausmalen, wie die Situation ist, wenn der Belegungsdruck auch durch viele Covid-19-Fälle weiter zunimmt oder sich gar eine zusätzliche Influenzawelle aufbaut."

Kliniken füllen sich

Die Belegung mit positiv auf Corona getesteten Patienten sei auf den Normalstationen gegenüber der Vorwoche um die Hälfte gestiegen, auch auf den Intensivstationen sehe man wieder mehr Covid-19-Patienten. Das alles belaste das Personal, die Isolationsnotwendigkeiten bänden Zeit und Bettenkapazitäten zusätzlich. "Schon jetzt sind viele Notaufnahmen überlastet, die Rettungsleitstellen haben in manchen Bundesländern Schwierigkeiten für Patienten in Rettungswagen freie Kapazitäten zu finden", schilderte Johna.

Streeck sagte, es gebe jeden Herbst und Winter immer eine extreme Belastung in den Krankenhäusern. "Das ist einfach die Husten-, Schnupfenwelle, das sind die Erkältungskrankheiten, die da wieder kommen." Man müsse natürlich genau auf die Krankenhäuser hören und schauen, was machbar sei.

Maskenpflicht in Innenräumen gefordert

Zuletzt hatte sich bereits die Deutsche Krankenhausgesellschaft bei stark steigenden Corona-Zahlen für strengere Schutzmaßnahmen wie etwa die Maskenpflicht in Innenräumen ausgesprochen. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte die Bundesländer am Mittwoch aufgerufen, die Möglichkeiten für Corona-Maßnahmen im geänderten Infektionsschutzgesetz zu nutzen, "insbesondere die Maskenpflicht in den Innenräumen".

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Markus Beier, forderte eine "angepasste Impfkampagne" für die zweite Corona-Auffrischungsimpfung. "Die kalte Jahreszeit hat begonnen, der angepasste Impfstoff ist in ausreichender Menge vorhanden: Spätestens jetzt sollte die Impfquote in die Höhe schießen - tut sie aber leider nicht", sagte Beier dem RND.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine zweite Auffrischungsimpfung Menschen ab 60 Jahren und Gruppen mit Risikofaktoren. Nach Daten des Robert Koch-Instituts haben sich bislang gut 28 Prozent der Über-60-Jährigen einen zweiten Booster spritzen lassen. (dpa/set)

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