Zähl Pixel
Prozess

Ist der Flughafen-Geiselnehmer schuldfähig? Psychiaterin nimmt Stellung

Der Angeklagte aus Buxtehude und seine Rechtsanwältin Anna Carlotta Bloch sitzen kurz vor Beginn der Verhandlung in einem Gerichtssaal des Strafjustizgebäudes in Hamburg. 

Der Angeklagte aus Buxtehude und seine Rechtsanwältin Anna Carlotta Bloch sitzen kurz vor Beginn der Verhandlung in einem Gerichtssaal des Strafjustizgebäudes in Hamburg. Foto: Ulrich Perrey/dpa

Ein 35-Jähriger entführt sein Kind in Stade, fährt auf das Vorfeld des Hamburger Flughafen. Der Buxtehuder löst damit einen Polizei-Großeinsatz aus. Vor Gericht kommt am Mittwoch eine Psychiaterin zu Wort.

Von dpa Mittwoch, 12.06.2024, 05:50 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Hamburg/Landkreis Stade. Im Prozess gegen den Hamburger Flughafen-Geiselnehmer will das Gericht am Mittwoch (9.30 Uhr) eine Psychiaterin hören. Als Sachverständige soll sie zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten aus Buxtehude Stellung nehmen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 35-Jährigen Geiselnahme, die Entziehung Minderjähriger, vorsätzliche Körperverletzung und verschiedene Waffendelikte vor.

Ex-Frau des Geiselnehmers berichtet von häuslicher Gewalt

In der vergangenen Woche hatte die Ex-Frau aus Stade den Angeklagten vor Gericht als aufbrausend und aggressiv beschrieben. Schon vor der Geiselnahme am 4. November vergangenen Jahres, mit der der Türke die Ausreise mit der gemeinsamen Tochter in einem Flugzeug in die Türkei erzwingen wollte, habe er das Kind als Druckmittel gegen sie eingesetzt, sagte die 39-Jährige bei der Verhandlung vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Hamburg, der sie per Video zugeschaltet war.

Sie habe den Angeklagten 2017 im Internet kennengelernt. Kurze Zeit später hätten sie in Istanbul geheiratet. Später sei ihr Mann zu ihr nach Hamburg gekommen, zunächst mit einem Touristenvisum.

Staderin berichtet von häuslicher Gewalt

„Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass er manchmal durchdrehte.“ Auch „die häusliche Gewalt hat zugenommen“, sagte die 39-Jährige. Das gemeinsame Kind sei dennoch gewünscht gewesen, auch um den Aufenthalt des Vaters in Deutschland zu erleichtern.

Nach der Geburt der Tochter hätten die Streitigkeiten zugenommen. Dennoch habe sie die Beziehung zunächst noch aufrechterhalten.

Gemeinsam habe man sich für den Umzug in eine größere Wohnung in Stade (Niedersachsen) entschieden. „Ich wollte die Familie nicht kaputt machen“, sagte die Frau. „Ich wollte, dass meine Tochter mit ihrem Vater aufwächst, und habe deshalb alles ausgehalten.“

Der Geiselnehmer vom Hamburger Flughafen wohnte in Buxtehude. Seine Wohnung wurde durchsucht.

Der Geiselnehmer vom Hamburger Flughafen wohnte in Buxtehude. Seine Wohnung wurde durchsucht. Foto: Weselmann

Buxtehuder entführte Kind bereits zuvor

Immer wieder habe der Angeklagte damit gedroht, ihr das Kind wegzunehmen, sagte die 39-Jährige. „Ich habe Dir das Kind gegeben, ich kann es Dir auch wieder wegnehmen“, soll er gesagt haben. Schließlich sei er dann mit dem Kind heimlich in die Türkei ausgereist. Obwohl ihr ein türkisches Gericht das vorläufige Sorgerecht zuerkannt habe, habe ihr Mann das Kind zunächst nicht herausgegeben. Erst nach Wochen sei es ihr gelungen, die Tochter wieder an sich zu nehmen und zurück nach Deutschland zu bringen.

Im November vergangenen Jahres habe der 35-Jährige sich dann mit einem Trick Zugang zu ihrer Wohnung in Stade verschafft, sie mit einer Waffe bedroht und das Kind in seine Gewalt gebracht. „Ich hätte vorsichtiger sein müssen“, sagte die Frau unter Tränen.

Buxtehuder droht, sich und sein Kind in die Luft zu sprengen

Anschließend war der Mann mit der damals vierjährigen Tochter zum Hamburger Flughafen gefahren, hatte mit einem Mietauto mehrere Schranken durchbrochen und war bis aufs Flugfeld vorgedrungen. Er warf zwei Brandsätze, schoss dreimal in die Luft und drohte, sich und das Kind mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft zu sprengen. Erst nach 18 Stunden gab der 35-Jährige auf und konnte festgenommen werden.

So liefen die vorigen Verhandlungstage
Weitere Artikel