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„No Show“

Arzttermin verpasst? Erste Mediziner verlangen Strafgebühr

Ärzte fordern eine Strafgebühr für ungenutzte Termine. (Symbolbild)

Ärzte fordern eine Strafgebühr für ungenutzte Termine. (Symbolbild) Foto: Daniel Karmann/dpa

Wartet die Praxis zum vereinbarten Termin vergeblich auf den Kranken, soll es künftig teuer werden. Aber es hagelt Kritik. Ist die No-Show-Gebühr „Abzocke“?

Von dpa Dienstag, 10.09.2024, 15:04 Uhr

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Berlin. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert von den Krankenkassen Strafzahlungen für Patienten, wenn diese unentschuldigt Termine nicht nutzen. „Es ist nicht nur ärgerlich, wenn Patienten Termine in Praxen buchen und diese einfach verstreichen lassen. Praxen können Termine ja nicht zweimal vergeben“, sagte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen der „Bild“. „Angemessen wäre eine von den Krankenkassen zu entrichtende Ausfallgebühr, wenn deren Versicherte Termine vereinbaren und dann unentschuldigt nicht wahrnehmen.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält nichts von dem Vorstoß. „Die Ärzte haben recht, ausgefallene Termine müssen die medizinisch bedingte Ausnahme sein“, sagte Lauterbach zwar. „Geldstrafen sind aber der falsche Weg“, so der Minister. „Von mir ein klarer Appell an die Patienten: Lassen Sie keine Termine ausfallen, ohne dass Sie den Arzt ausreichend früh informiert haben.“

Lauterbach: Gesetz gegen überfüllte Praxen

Zudem stellte er Verbesserungen in Aussicht: „Die Praxen sind überfüllt, insbesondere bei Hausärzten, weil das Honorar System so bürokratisch ist und es Budgets gibt“, sagte Lauterbach. „Beides schaffen wir mit dem Versorgungsstärkungsgesetz ab.“

Hält nichts von Strafgebühren: Karl Lauterbach

Hält nichts von Strafgebühren: Karl Lauterbach Foto: Michael Kappeler/dpa

Mit dem derzeit beratenen Gesetz soll es Entbudgetierung für die Hausarztpraxen geben, also sollen Budgetgrenzen entfallen. Zudem sollen unter anderem bestimmte Vergütungen auf Pauschalen umgestellt und Arzneimittelregresse reduziert werden, also Strafzahlungen, falls Ärztinnen und Ärzte zu viel verschreiben.

Erste Arztpraxen verlangen 40 Euro Strafgebühr

Der Zeitung zufolge gibt es erste Arztpraxen, die von Patientinnen und Patienten für unentschuldigtes Fehlen bereits 40 Euro Strafgebühr verlangen. Der KBV-Vorsitzende Gassen nahm die Ärztinnen und Ärzte in Schutz und betonte, die Termine seien geblockt und stünden dann für andere Patienten nicht zur Verfügung. Forderungen nach mehr und schnelleren Terminen nannte der KBV-Chef vor dem Hintergrund „lächerlich“.

Dr. Stephan Brune, Vorsitzender des Bezirksausschusses Stade der Kassenärztlichen Vereinigung in Niedersachsen, betonte bereits im vergangenen Jahr: „Bisher ist es rechtlich nicht möglich, säumige Patienten finanziell zu belangen. Die Hauptleidtragenden sind andere Patienten, die gerne einen Termin gehabt hätten - gerade mit Blick auf den Ärztemangel und begrenzte Terminmöglichkeiten. Für die Arztpraxen ist es extrem ärgerlich, wenn jemand einfach nicht erscheint.“

Will Strafgebühren für Terminversäumnis: Andreas Gassen

Will Strafgebühren für Terminversäumnis: Andreas Gassen Foto: Britta Pedersen/dpa

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz stellte sich strikt gegen . „Schon heute verlangen Praxen Strafgebühren für ausgefallene Termine“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies auch darauf, dass Gassen seine Forderung schon einmal erhoben habe: „Wie im letzten Jahr erneut eine zweite Gebühr von den Versichertenbeiträgen zu fordern, ist Abzocke.“

Kritik auch an mangelhafter Erreichbarkeit der Ärzte

Brysch: „Sollte das flächendeckend umgesetzt werden, müssen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Für ärztlich abgesagte Termine sind Patienten und Krankenkassen dann Ausfallgebühren zu erstatten.“ Auch habe der Kassenärztechef vor seiner eigenen Tür zu kehren, forderte Brysch. „Denn eine systematische Überprüfung der Präsenzzeiten seiner Vertragspraxen gibt es nicht. Schließlich ist die mangelnde Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten das größte Problem.“ Brysch bezeichnete dies als „Massenphänomen“ - dies sei verantwortlich dafür, dass viele kranke Menschen Hilfe in den Notaufnahmen suchten.

H
Heiko Raudies
11.09.202407:47 Uhr

"Praxen können Termine ja nicht zweimal vergeben“, sagte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen".
Den Eindruck habe ich nicht, denn wie ist es sonst zu erklären, dass ich trotz eines Termins beim Facharzt (auf den ich rund 3 Monate warten musste) nahezu 1,5 Stunden auf meinen Aufruf warten muss ?

Ich bin absolut der Meinung, dass Patienten Termine rechtzeitig absagen sollten und habe auch grundsätzlich nichts gegen eine (geringe) persönliche Strafgebühr. Aber dann muss eben auch sichergestellt sein, dass mein Termin innerhalb von 20 Minuten stattfindet.

S
Sven Birkholz
10.09.202420:29 Uhr

„Die Praxen sind überfüllt, insbesondere bei Hausärzten, weil das Honorar System so bürokratisch ist und es Budgets gibt“, sagte Lauterbach. „Beides schaffen wir mit dem Versorgungsstärkungsgesetz ab.“

Okay. Das ist wirklich totaler verlogener Quatsch. Die Praxen sind überfüllt, weil Vater Staat zwischen 2005 und 2015 mehr als 100.000 Ärzte zu wenig ausgebildet und gleichzeitig Schichtdienst für Ärzte an Kliniken eingeführt hat. Der zweite Grund ist, dass selbst jetzt junge Menschen mit Abitur von 1.1 bis zu 7 Jahre (!) auf einen Studienplatz warten. Lauterbach war an beiden Fehlentwicklungen maßgeblich beteiligt.

H
Harald Schaerffer
10.09.202416:05 Uhr

„Angemessen wäre eine von den Krankenkassen zu entrichtende Ausfallgebühr, wenn deren Versicherte Termine vereinbaren und dann unentschuldigt nicht wahrnehmen.“ Was für ein Quatsch.In dem Fall würde ja nicht die Krankenkasse bezahlen sondern die Allgemeinheit sprich der Beitragszahler.Und warum soll dieser bezahlen weil irgendwelche Menschen den Termin nicht absagen.Sollte der Säumige am besten aus der eigenen Tasche bezahlen.Genau das würde Wirkung zeigen.Dann würde sich der Patient es zweimal überlegen ob er den Termin platzen lässt.

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