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Infektion

Virologin rechnet mit Corona-Welle – Neue Variante ansteckender?

Der Virologin Sandra Ciesek zufolge ist die Lage in keiner Weise mit 2020 oder 2021 zu vergleichen. (Archivbild)

Der Virologin Sandra Ciesek zufolge ist die Lage in keiner Weise mit 2020 oder 2021 zu vergleichen. (Archivbild) Foto: Jens Kalaene/dpa

Virologin Sandra Ciesek geht davon aus, dass die Zahl der Corona-Infektionen im Herbst und Winter wieder zunimmt. Warum sich manche Menschen immer wieder anstecken.

Von dpa Donnerstag, 19.09.2024, 12:05 Uhr

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Berlin. Herbst und Winter stehen vor der Tür und mit Beginn der kalten Jahreszeit wird auch die Zahl der Corona-Infektionen wieder steigen. Es sei zu erwarten, dass es in den kommenden Wochen eine Welle von Erkrankungen geben werden, sagte die Virologin Sandra Ciesek der Deutschen Presse-Agentur.

Die Lage sei aber keinesfalls bedrohlich und nicht zu vergleichen mit 2020 oder 2021, sagte die Ärztin. Es drohten keine Engpässe in den Kliniken und auf den Intensivstationen. „Im Grunde ist es wie letztes Jahr, nur die Varianten und Buchstaben heißen anders.“

Der leichte Anstieg der Corona-Fälle in den vergangenen Wochen hat sich einem Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge zuletzt nicht fortgesetzt. Für die Woche ab dem 9. September gab es den Experten zufolge geschätzt rund 600 Covid-19-Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Bislang seien etwas mehr als 5640 Corona-Fälle an das RKI übermittelt worden. Schwere Infektionen seien vor allem bei älteren Menschen diagnostiziert worden.

Mehrfache Infektion nicht ungewöhnlich

Es sei nicht ungewöhnlich, dass sich Menschen nach wie vor und auch zum wiederholten Male mit dem Virus infizieren, sagte Ciesek, die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt ist. „Man kriegt Atemwegserkrankungen nicht nur einmal im Leben, sondern immer wieder, manche jedes Jahr, manche alle zwei Jahre.“ Die Immunität, die durch eine zurückliegende Infektion oder eine Impfung entsteht, nehme mit der Zeit ab und der Mensch werde wieder empfänglich für eine Infektion.

Trotzdem solle man Corona nicht verharmlosen. Mehr Infektionen bedeuten der Virologin zufolge auch mehr schwere Fälle. Vor allem Menschen mit schwachem Immunsystem sind demnach gefährdet.

„Alle, die zu Risikogruppen gehören, die kein gesundes Immunsystem haben oder einen schweren Verlauf zu erwarten hätten, die wären gut daran, sich jetzt impfen zu lassen, damit sie sich in der Welle nicht anstecken“, empfahl Ciesek.

Auch an Long Covid erkranken nach wie vor Menschen, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diese Woche bei einem Runden Tisch sagte. Weil es inzwischen aber eine Grundimmunität in der Bevölkerung gibt, ist das Risiko an Long Covid zu erkranken niedriger als noch zu Beginn der Pandemie.

Sublinie gilt als ansteckender

KP.3.1.1. gilt als ansteckender als vorherige Varianten. Das sei wenig verwunderlich, sagte Ciesek. Das Virus mutiere weiter und suche immer neue Wege, um den Menschen zu infizieren. Am Ende setze sich eine Variante durch, die irgendeinen Vorteil habe und zum Beispiel ansteckender sei - wie im Fall von KP.3.1.1. Das bedeute aber nicht, dass die Variante auch kränker mache, sagte die Virologin. „Da gibt es im Moment keine Hinweise drauf.“

Corona-Zahlen steigen - Minister rät zur Maske

Angesichts steigender Corona-Zahlen rät Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi zur Vorsicht. „Es ist nicht wieder da, es war nie wirklich weg“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Das Virus habe sich in seiner Art und Weise aber stark verändert. Wer heute krank werde, der habe eine laufende Nase, ein bisschen Husten und zwei Tage Kopfschmerzen. „Manche gehen dann trotzdem arbeiten, was ich allerdings überhaupt nicht befürworte“, sagte Philippi.

Das niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) verzeichnet derzeit zunehmende Meldezahlen von Corona-Infektionen. Den Angaben zufolge lag die 7-Tage-Meldeinzidenz Anfang September bei 8,3 – der Wert ist etwas höher als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres (7,8). Die Zahl deute auf ein verbreitetes Infektionsgeschehen im gesamten Land hin, hieß es: „Die wirkliche Inzidenz wird höher liegen, da nur noch im Einzelfall getestet und gemeldet wird.“

Immer mehr Krankmeldungen wegen Corona

Auch bei den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aufgrund von Corona-Erkrankungen zeige sich ein Anstieg. In jeder zehnten Probe eines Patienten mit einer Atemwegserkrankung werde Corona nachgewiesen. „Dieser Wert ist in den letzten Wochen kontinuierlich angestiegen“, hieß es weiter.

„Die Leute nehmen das Virus nicht mehr ernst, was auch ein Stück weit normal ist“, sagte Philippi. Es werde daher auch nicht mehr viel getestet. Aber Corona sei da. Es gebe eine neuere Variante, die hochansteckend, im Endeffekt aber recht ungefährlich sei. Doch bald, so der Minister, kämen die ersten Erkältungs- und Grippewellen. Deshalb sei es klug, ein paar Masken zu Hause in der Schublade zu haben.

Stiko empfiehlt Auffrischungsimpfung für bestimmte Personen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Menschen ab 60 Jahren und Erwachsenen mit Grunderkrankungen, sich im Herbst eine Auffrischungsimpfung zu holen.

Laut Ciesek sollten Impfwillige darauf achten, dass sie einen Impfstoff verabreicht bekommen, der auf die aktuell zirkulierende Variante angepasst ist. Nach RKI-Angaben dominiert in Deutschland derzeit die Variante JN.1, ein Abkömmling der Omikron-Variante.

Am häufigsten nachgewiesen wurde dabei zuletzt die Sublinie KP.3.1.1. Laut RKI machte sie bei der Untersuchung von Stichproben aus den letzten beiden Augustwochen einen Anteil von 62 Prozent aus.

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