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Europaweiter Schlag gegen Clankriminalität: Razzia auch in Drochtersen in Co.Net-Zentrale

Polizisten durchsuchen vor der Co.Net-Zentrale in Drochtersen einen Altpapiercontainer.

Polizisten durchsuchen vor der Co.Net-Zentrale in Drochtersen einen Altpapiercontainer. Foto: Vasel

Gegen 9 Uhr stürmten schwerbewaffnete Polizisten der Bereitschaftspolizei Lüneburg das Firmengebäude der Co.Net-Verbrauchergenossenschaft in Drochtersen. Der Verdacht: Geldwäsche und Clankriminalität. Zeitgleich griffen Polizisten in Spanien und in Polen zu.

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Von Björn Vasel
Freitag, 23.02.2024, 12:37 Uhr

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Drochtersen. Seit Freitagmorgen findet eine durch die Zentrale Kriminalinspektion Lüneburg unter der Sachleitung der Staatsanwaltschaft Stade groß angelegte Durchsuchungsaktion mit internationaler operativer Unterstützung von BKA, Europol, Zoll sowie spanischen und polnischen Polizeibehörden statt.

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Es werden polizeiliche Maßnahmen an Örtlichkeiten im Landkreis Stade - in Drochtersen und Stade -, Neu Wulmstorf, Hamburg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Lodz (Polen), Barcelona (Spanien) und auf Mallorca (Spanien) im Kampf gegen ein Netzwerk von Personen wegen Untreue im besonders schweren Fall und anschließender Geldwäsche durchgeführt. Im Rahmen dieser Aktion wurden bislang 29 Objekte durchsucht und ein Haftbefehl gegen eine Tätergruppierung von zwölf Beschuldigten vollstreckt.
Polizisten nehmen eine Person in einem Nebengebäude im Gewerbegebiet Nindorfer Deichfeld in Drochtersen fest.

Polizisten nehmen eine Person in einem Nebengebäude im Gewerbegebiet Nindorfer Deichfeld in Drochtersen fest. Foto: Vasel

Dem Hauptbeschuldigten wird Untreue im besonders schweren Fall von mindestens 6 Millionen Euro und dadurch eine Schädigung einer Genossenschaft aus Drochtersen - der Co.Net - im Landkreis Stade sowie deren spanischer Tochterfirma mit rund 4000 Genossenschaftsmitgliedern zugeschrieben. Den weiteren Beschuldigten wird unter anderem die Geldwäsche dieses veruntreuten Geldes vorgeworfen.

Geld der Genossenschaftler vor Clan-Kriminalität gerettet

Es wurden bisher zahlreiche Beweismittel und Vermögenswerte beschlagnahmt, darunter vor allem Datenträger, aber auch Luxusgüter. Die Auswertung der Beweismittel dauert an. Die professionell und organisiert agierende, international vernetzte Tätergruppierung nutzte gewerbliche Strukturen zur Veruntreuung von Mitgliedsgeldern der geschädigten Genossenschaft.

Genossenschaftsgelder wurden an extra dafür gegründete Firmen und Privatpersonen von einer spanischen Firma nach Deutschland überwiesen. Einem Hauptbeschuldigten werden dabei unter anderem die Veranlassungen der Geldströme vorgeworfen. Ein weiterer Hauptbeschuldigter, der einer örtlichen Clanfamilie angehörig ist, veranlasste und begleitete die genannten Firmengründungen in Deutschland sowie Bargeldabhebungen und Weitergaben, um damit Immobilien, Luxusfahrzeuge und andere Luxusgüter zu finanzieren.

Die Razzia der Polizei läuft, in der Zentrale von Co.Net wird Beweismaterial gesichert. Gegen 9 Uhr hatten Schwerbewaffnete das Gebäude gestürmt.

Die Razzia der Polizei läuft, in der Zentrale von Co.Net wird Beweismaterial gesichert. Gegen 9 Uhr hatten Schwerbewaffnete das Gebäude gestürmt. Foto: Vasel

Ziel der international abgestimmten Ermittlungen ist neben der Überführung der Beschuldigten und der Beweissicherung die anschließende Aufklärung weiterer Geldströme und die Durchsetzung vermögensabschöpfender Maßnahmen zur Einziehung des widerrechtlich erlangten Vermögens.

Der seit 2020 in der Zentralen Kriminalinspektion bestehenden Ermittlungsgruppe, die unter Sachleitung der zur Bekämpfung krimineller Clanstrukturen zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft Stade agierte, gelang durch eine umfassende Ermittlungsarbeit der entscheidende Erfolg, der nunmehr zur Festnahme besagter Tätergruppierung führte. Die bereichsübergreifende und enge Zusammenarbeit zahlreicher Polizeibehörden mit der Justiz sowie den spanischen und polnischen Ermittlungsbehörden hat diese erfolgreiche Bekämpfung der organisierten Kriminalität erst möglich gemacht.

Die Ermittlungen der ZKI Lüneburg und des „Actionday“ selbst wurden vom @ON-Netz finanziell unterstützt, das von der EU-Kommission unter der Leitung der italienischen Direktion Antimafia (DIA) finanziert wird. Die europaweiten Kommunikationsplattformen wurden von Europol bereitgestellt und unterstützt. Das BKA unterstützt das Verfahren seit Beginn der Ermittlungen mit operativen Analysten und Verbindungsbeamten in Spanien und Polen, deren Engagement und Kontakte maßgeblich zum Erfolg beigetragen haben.

Bei der Durchführung der heutigen Maßnahmen sind insgesamt rund 230 Einsatzkräfte beteiligt. Hierzu zählen neben den Kräften der deutschen Behörden auch Angehörige der ausländischen Einheiten der Guardia Civil und der Polizei in Polen.

Polizeipräsident stolz auf EU-weite Zusammenarbeit

„Der Zentralen Kriminalinspektion Lüneburg ist hier in beispielhafter internationaler Zusammenarbeit mit der Justiz und anderen Strafverfolgungsbehörden ein beeindruckender Ermittlungserfolg gelungen“, sagt Polizeipräsident Thomas Ring. Durch die Veruntreuung von mehreren Millionen seien viele Genossenschaftsmitglieder finanziell stark geschädigt worden.

Durch den heutigen Schlag gegen die organisierte Tätergruppe habe verhindert werden können, dass sich der Schaden der Genossenschaftsmitglieder vergrößert und die Clanangehörigen weiterhin von dem Geldwäschenetzwerk profitieren. Ring: „Bedanken möchte ich mich bei allen Beteiligten der heutigen Aktion und den ermittelnden Kräften, die diesen Erfolg durch ihre akribische Arbeit erzielt haben. Dank gilt auch unseren Kolleginnen und Kollegen der Guardia Civil in Spanien, der Stadtpolizei in Lodz/Polen, der Landespolizei Hamburg, der Landespolizei Rheinland-Pfalz, den Verbindungsbeamten in Spanien und Polen, Europol und dem BKA für die professionelle Zusammenarbeit.“

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