Urteile nach Gruppenvergewaltigung: Hetze gegen Hamburger Richterin
Neun von zehn Angeklagten wurden verurteilt. Foto: Marcus Brandt/Pool-dpa/dpa
Die Vergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark hat viele Emotionen hervorgerufen. Nach Verurteilung von neun jungen Männern wird die Vorsitzende Richterin zur Zielscheibe von Hassbotschaften im Internet.
Hamburg. Einen Tag nach der Verkündung der Urteile im Prozess um eine Vergewaltigung im Hamburger Stadtpark hat sich der Hamburgische Richterverein bestürzt über persönlichen Angriffe in sozialen Medien auf die Vorsitzende der Jugendkammer am Landgericht gezeigt. „Dabei wird mehr oder weniger verhüllt zur Gewalt gegen die Richterin aufgerufen und der Wunsch geäußert, sie möge selbst Opfer einer Vergewaltigung werden“, erklärte der Verein, zu dem auch Staatsanwälte angehören, am Mittwoch.
Es handele sich um einen gezielten Angriff auf den Rechtsstaat. Die zuständige Kammer habe in einem aufwendigen Verfahren eine Vielzahl von Beweisen erhoben und sei zu einem differenzierten Urteil gelangt. Die Hassbotschaften beschränkten sich ohne Kenntnis der Hintergründe des Falles auf einseitige Polemik und persönliche Angriffe gegen die Richterin. Verurteilungen zu Jugendstrafen mit Bewährung, die eine der schärfsten Sanktionen des Jugendrechts darstellten, würden als Freisprüche bezeichnet. „Der Hamburgische Richterverein verurteilt derartiges Verhalten auf das Schärfste und steht solidarisch hinter seiner Kollegin“, erklärte die Vorsitzende des Vereins, Heike Hummelmeier.
15-Jährige im Stadtpark vergewaltigt
Die Jugendkammer hatte am Dienstag neun Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt. Ein zehnter Angeklagter wurde freigesprochen, wie schon ein ursprünglich elfter Beschuldigter am vergangenen 5. April. Die Jugendstrafen von ein bis zwei Jahren für acht Angeklagte setzte die Kammer zur Bewährung oder der sogenannten Vorbewährung aus. Nur ein 19-Jähriger bekam eine härtere Strafe, und zwar zwei Jahre und neun Monate Haft ohne Bewährung.
Nach Überzeugung des Gerichts hatten die Verurteilten im Alter zwischen 19 und 23 Jahren im September 2020 eine damals 15-Jährige vergewaltigt. Dabei hätten sie ausgenutzt, dass die Jugendliche nach dem Besuch einer Party erhebliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigte. Der Prozess dauerte über anderthalb Jahre und fand bis auf Teile der Urteilsverkündung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Neun Männer wegen Vergewaltigung im Stadtpark zu Haft verurteilt
Das Gericht entsprach im Wesentlichen der Strafforderung der Staatsanwaltschaft. Die insgesamt 20 Verteidiger hatten für alle Angeklagten Freispruch gefordert. Die Vorsitzende Richterin kritisierte bei der Urteilsverkündung das Verhalten der jungen Männer im Prozess: „Keiner der Angeklagten hat ein Wort des Bedauerns über die Lippen gebracht.“ Den Verteidigern sagte die Richterin laut „Zeit Online“, dass ihre Forderung, alle Angeklagten freizusprechen oder das Verfahren gar einzustellen, abwegig gewesen sei. Die Verurteilten waren zum Tatzeitpunkt 16 bis 20 Jahre alt.
Das 15 Jahre alte Opfer hatte am Abend eine Party auf der Festwiese des Hamburger Stadtparks besucht. In der Corona-Zeit hatte sich die Grünanlage zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt. Zunächst hätten vier der Angeklagten die Jugendliche in ein Gebüsch geführt und gegen den erkennbaren Willen der 15-Jährigen sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen. Einer von ihnen stahl ihr dabei das Handy und das Portemonnaie.
Danach hätten zwei andere Angeklagte den verwirrten Zustand des Mädchens ausgenutzt und es ebenfalls vergewaltigt. Als die 15-Jährige erneut über die Festwiese irrte, lief sie einem weiteren jungen Mann in die Arme, der sie missbrauchte. Schließlich gingen die drei übrigen Angeklagten mit der Jugendlichen in ein Gebüsch. Allerdings sei nicht sicher, dass alle drei sie vergewaltigt hätten.