Ahmadiyya-Gemeinde: Neuer Imam spricht über Frieden

Imam Syed Salman Shah mit den Mitgliedern der Ahmadiyya-Gemeinde Buxtehude, Abdul und Ata Shakoor sowie Nasir Ahmed (von links). Foto Felsch
„Ist der Feind auch noch so mächtig, dann hilft das Gebet“, ist Syed Salman Shah sicher. Der 28-Jährige sollte es wissen: Er ist der neue Imam der Ahmadiyya Muslim Jamaat Buxtehude und hat sieben Jahre die „eigentliche“ Lehre des Islam studiert, die sich eindeutig gegen Gewalt ausspricht.
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So wie es der Heilige Prophet Mohammed einst vorgelebt habe, um Frieden zu schaffen, was nur möglich sei mit Toleranz und Akzeptanz Andersdenkender. Frommer Wunsch oder Wirklichkeit? Ungefragt antwortet der islamische Theologe, dass viele den Koran falsch interpretierten, selbst solche, die sich Muslime nennen, denn Allah sage eindeutig: „Wer einen Menschen tötet, hat die ganze Menschheit getötet.“ Die Ahmadiyya-Mitglieder versuchten sich, mit Aktionen und Veranstaltungen gegen Vorurteile zu behaupten, erzählt Syed Salman Shah und fügt hinzu: „Bei uns gibt es keine Radikalen.“
Das weltweit gepredigte Motto der Ahmadiyya, ihr Werbeslogan sozusagen: „Liebe für alle – Hass für keinen“ kommt dem aus einer pakistanischen Familie stammenden Geistlichen auf der Pressekonferenz der Ahmadiyya-Gemeinde in Buxtehude gleich mehrfach über die Lippen. So predige es der fünfte Kalif in London, Mirza Masrur Ahmad, der fünfte Nachfolger des Gründers, von dem der junge Mann mit der traditionellen Kopfbedeckung, die Jinnah Cap, in höchsten Tönen schwärmt.
Wie sein großes Vorbild, der sein Leben im Sinne des Religionsgründers Mirza Ghulam Ahmad ausrichte und sich Zeit für seine Mitmenschen nehme, so will auch er 24 Stunden für jeden, der Sorgen oder Probleme habe, da sein. Der Kalif soll täglich 1 600 bis 2 000 Briefe lesen, angesichts der Tatsache, dass der Tag „nur“ 1 440 Minuten hat, eine unvorstellbare Leistung, von der Syed Salman Shah aber überzeugt ist: „Das macht einen Imam aus: Seelsorge für jeden“, betont er. Neben seinen üblichen Aufgaben in zwölf Gemeinden, darunter Bremen, Lüneburg, Stade, wo er geboren wurde und bis zu seinem fünften Geburtstag lebte, sowie Buxtehude. Für den nicht gerade einfachen Job hält sich der Geistliche mit einem ganz weltlichen Programm fit: mit täglichem Jogging.
Sein größter Wunsch für die Hansestadt: eine Moschee. Aus dem Grund, weshalb er auch Imam geworden sei, erklärt der Vater eines zweijährigen Sohnes: „Um zu zeigen, dass unsere Religion für alle offen ist, wir wollen den Frieden in der Welt verbreiten.“ Gebetet werde dafür getrennt, so wie jetzt in der Wohnung der Ahmadiyya-Gemeinde in der Andersenstraße. Dort gibt es einen Raum für Männer und einen für Frauen. Diese Regelung begründet der Geistliche mit einer besseren Konzentration. „Wenn viele Menschen eng beieinander knien, dann wieder aufstehen, sollen sie nicht abgelenkt werden, sondern ihre Blicke auf den Boden werfen.“ Das einstige Projekt „100 Moscheen in Deutschland“ steht nicht mehr zur Debatte – die Zahl wurde von den Ahmadiyya bereits zurückgefahren – aber dennoch steht der Bau von Moscheen weiterhin auf ihrer Agenda.
Kritiker befürchten daher immer noch den Versuch der Übernahme der Weltherrschaft und belegen dies mit einem Zitat des Gründers. Sayed Salman Shah, der durch ein spezielles Studium in London und durch Aufenthalte in Uganda, Madrid und Pakistan, auf seine Aufgabe vorbereitet wurde, sieht die Angst unbegründet und spricht einmal mehr vom Frieden, den der wahre Islam in der ganzen Welt verbreiten will, von Gerechtigkeit, Respekt und wie wichtig Integration sei. Aber nicht auf Kosten des Staates. Finanziert werden alle Projekte von den Mitgliedern der Ahmadiyya-Gemeinde . Shah: „Wer seine Religion liebt, spendet selbstverständlich für sie.“
Die Ahmadis sind eine Gruppe von Muslimen, die glauben, dass ein neuer Prophet vor etwa 120 Jahren die muslimische Gemeinschaft erneuert hat und der erwartete Messias war. Durch diese Glaubensansicht werden die Ahmadis von orthodoxen Muslimen oft als außerhalb des Islams stehend betrachtet und verfolgt – wie in ihrem Ursprungsland Pakistan. In Deutschland hat die Gemeinde ungefähr 40 000 Mitglieder. Muslime gibt es in Deutschland geschätzt 4,4 bis 4,7 Millionen.