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Arndt Grube: Die Visionen des Möbelverkäufers

Arndt Grube an seinem Schreibtisch. Foto: Stephan

Arndt Grube an seinem Schreibtisch. Foto: Stephan

Seit 17 Jahren  ist Arndt Grube der Herrscher aller Reußen in dem Möbelhaus Jähnichen an der B73 in Stade. Ein 50-Jähriger, der sein Unternehmen behutsam durch die Wirren der Möbelbranche führt und der nun in eine neue Dimension einsteigen wird.

Von Wolfgang Stephan Sonntag, 30.09.2018, 09:00 Uhr

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Natürlich ist das spannend, das Büro eines Möbelhaus-Besitzers zu betreten. Arndt Grube erfüllt alle Erwartungen gleichermaßen, denn einerseits ist der große Schreibtisch keinesfalls extravagant, eher schlicht und zeitgemäß, andererseits ist das raumhohe Foto vom Stader Hafen ein moderner Blickfang, der dem eher kleinen Chefgemach das ungewöhnliche Flair gibt. Die Büromöbel sind eher Klassiker aus dem Sortiment. Dass zum Chefbüro auch eine kleine Wohnzimmerecke mit großem TV gehört, ist ungewöhnlich. „Mein Rückzugsrefugium“, sagt Arndt Grube, der beteuert, dass sein Schreibtisch beim Verlassen des Büros immer aufgeräumt sei.

Letztlich ein Spiegelbild des Gemüts vom Chef, der als geschäftsführender Gesellschafter das Stader Möbelhauses im Gewerbepark „Am Steinkamp“, seit 17 Jahren in der Region erfolgreich führt.

Gelernt hat Arndt Grube Einzelhandelskaufmann im Aktiv Markt Funk in Drochtersen, war über mehrere Stationen im Rewe-Konzern schnell Filialleiter im Minimalmarkt Stade. Und weil da die Eigentümer des damaligen Möbelhauses Jähnichen Stammkunden waren, gab es irgendwann das Angebot, die Branche zu wechseln. Heute gesteht er offen ein, dass er damals bei seinem Einstieg bei Möbel Jähnichen keinen blassen Schimmer von der Branche hatte. Doch Arndt Grube lernte schnell und griff zu, als ihm das Geschäft am Standort Kaisereichen angeboten wurde. Das Motiv? „Ich war jung und brauchte das Geld“, sagt er scherzhaft mit ernstem Hintergrund, denn der Unternehmergeist erwachte schnell in ihm.

Der zweite Glücksgriff neben dem alteingesessenen Möbelgeschäft war zwei Jahre später die Anmietung einer damals seit zwei Jahren leerstehenden Immobilie an der B73, in der zwei Möbelanbieter zuvor gescheitert waren. 15.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Das war vor 17 Jahren. Mittlerweile hat Arndt Grube die Immobilie längst gekauft und bilanziert nach eigenen Angaben ein kerngesundes Unternehmen mit 106 Beschäftigten.

Mit einem, wie es der Chef nennt, „grundsoliden“ Angebot, das in die Region passe. Das Einzugsgebiet liegt zwischen Otterndorf, Zeven und Buxtehude mit der Elbe als nördlicher Grenze. „Grundsolide“. Das entspricht dem Sortiment auf der Ausstellungsfläche, aber nicht unbedingt dem Ruf. Leider, so bedauert der Geschäftsführer, werde dem Möbelhaus Jähnichen viel zu wenig zugetraut.

Durch die mediale Darstellung der Werbung bekomme der Kunde mitunter den Eindruck, nur Möbel und Küchen aus dem Sortiment der günstigen Preislagen bei Jähnichen zu finden. Grube bedauert: „Wir haben noch vielerorts das Image vom billigen Jakob.“ Was einerseits gar nicht schlecht sei, andererseits aber dem Image eines Möbelhauses mit Marken-Identität im Wege stehe. Grube: „Natürlich führen wir auch Qualitätsmarken.“

Den Satz: „So ein Angebot hätten wir hier gar nicht erwartet“, hört er immer wieder von Kunden in Bezug auf seine höherwertigen Produkte. Der Spagat zwischen den SB-Sonderangeboten und den Qualitätsmöbeln ist sein bisheriges Erfolgsmodell. „Wir brauchen die SB-Möbel als Frequenzbringer“, sagt Arndt. Aber er sagt auch: „Kommoden für 19 Euro gehören zum Sortiment, fallen aber nicht unter die Lieblingsartikel eines Verkäufers.“

Das Unternehmen läuft nach seinen Angaben gut, durch Veränderungen der Mitbewerber wird er demnächst profitieren und mit der Marke „Stressless“ ein Premium-Produkt anbieten können, das die Kunden bisher auch nicht bei Möbel Jähnichen erwartet hätten.

Und doch wird sich im Hause Jähnichen noch etwas ändern, das dem Chef schon jetzt die Freude ins Gesicht treibt. „360 Grad“ heißt das Zauberwort, mit dem Arndt Grube seinen Visionen freien Lauf lassen möchte. Sein bisheriger SB-Möbelmarkt gegenüber dem Haupthaus wird komplett neu gestaltet: Architektonisch und inhaltlich in eine neue Dimension befördert, denn ab Herbst nächsten Jahres startet das Projekt „360 Grad“. „Wir wollen mehr als Möbel und Küchen verkaufen“, so die Idee des Chefs. Konkret heißt das: Die Möbel und das Umfeld stehen gleichermaßen im Blickfeld der Kunden. Hört sich wie ein Verkaufsslogan an, ist auch einer, aber tatsächlich soll das eine neue Dimension des Möbelkaufs bei Jähnichen werden, denn der Kunde kann das Umfeld gleich mit kaufen, also nicht nur die Betten oder das Sofa erwerben, sondern auch gleich die neue Wandgestaltung bestellen.

Da hat Grube einen namhaften Wandgestalter mit im Boot, um neben Möbeln auch Konzepte und Ideen zu offerieren. „Das ist zu hundert Prozent mein Baby“, sagt der Chef und der Glanz in seinen Augen lässt keine Zweifel, welchen Stellenwert er dem Projekt zumisst.

Wir werden neue Lebenswelten aufzeigen“, sagt Arndt Grube, der das grundsolide Angebot im Hauptgeschäft, in dem dann auch SB-Möbel verkauft werden, unverändert als Schwerpunkt des Unternehmens sieht, aber gleichermaßen mit dem neuen Segment auch neue Kunden ansprechen möchte: „Das ist nichts für den Massenmarkt, aber eine Bereicherung für unser Unternehmen, das die Kunden so nicht in Stade erwarten“ – was eben auch seiner Philosophie entspricht. „Wir wollen den Aha-Effekt der Kunden herausfordern.“ Ganz im Sinne der Marketing-Strategie formuliert der Chef diesen Satz: „Mit Betreten der Ausstellungsräume soll ein „Wow-Moment“ ausgelöst werden und im selben Moment die Freude über einen marktgerechten Preis aufkommen.“

Grundsätzlich sieht Grube die Möbelbranche angesichts der konjunkturellen Lage im ruhigem Fahrwasser, wenngleich die heißen Sommermonate für Möbelverkäufer Gift seien. Da gehe nicht viel. „Über 20 Grad ist kein Möbelwetter“, heißt es in der Branche. Umgekehrt allerdings heißt das: An heißen Tagen gibt es die beste Beratung, denn da haben die Verkäufer mehr Zeit. Die Konjunktur hat nur bedingt Einfluss auf die Branche, denn nach der jüngsten Marktstudie steht der Möbelkauf bei den Deutschen deutlich hinter Urlaub, Auto oder Textilien.

Aber: Die Branche liegt im Wandel, denn das Internet als Verkaufsplattform spielt auch bei Möbeln eine immer größere Rolle. Mittlerweile beträgt der Anteil im Onlinegeschäft von Möbel Jähnichen fast zehn Prozent vom Umsatz – mit steigender Tendenz. Schon jetzt könne sein Team 5000 Artikel feinsäuberlich verpackt aus dem Lager in Stade im Online-Handel anbieten – und das mittlerweile nicht nur im deutschen Markt, denn das Potenzial der Online-Kunden komme auch aus der Schweiz und Österreich. „Markt der Zukunft“, nennt Arndt Grube das Onlinegeschäft, bei dem er auch mit den großen Playern seiner Zunft konkurriert. Natürlich auch mit überregionalen Wettbewerbern, vor allem mit dem Marktführer aus Schweden. „Ich fühle mich bei Ikea nicht wohl“, sagt der Stader Möbel-Unternehmer. Massenansammlungen von Menschen, Zwangsführungen in den Ausstellungen seien nicht seine Sache. Folgerichtig entdecke er bei den Schweden auch kaum irgendwelche Impulse, die er im eigenen Haus verwenden könne.

Im Gegensatz zu seinen Besuchen anderer Möbelhäuser. „Das gehört für mich zur Selbstverständlichkeit, bei jeder Reise auch Möbelhäuser zu besuchen.“ Um Dinge zu entdecken, die er auch in Stade verwirklichen könne. Steht die Idee, wird die auch verwirklicht. Durch die Unternehmer geführte Struktur seien kurze Wege bei der Umsetzung gegeben.

Apropos: „Ohne einen Kapitän auf der Brücke geht es nicht und ohne Mannschaft wird das Boot nicht ablegen“, sagt Arndt Grube über den Chef Arndt Grube. Nicht immer verlaufe alles im „Chill-Modus“. Er sei aber auch bereit, sich Fehler einzugestehen und diese gegenüber Mitarbeitern zuzugeben. Dass einige seiner Beschäftigten mit ihm seit 20 Jahren an Bord sind, wird am Rande vermerkt.

Wer mit Arndt Grube parliert, erlebt einen unaufgeregt wirkenden Unternehmer, der weiß, was er will und der keine Probleme hat, seine Zufriedenheit zu benennen. Er versucht es erst gar nicht, sich interessanter zu zeichnen, als dies andere tun würden. Um 8.30 Uhr ist er im Unternehmen, um 19 Uhr ist Feierabend. Das Leben kann so schön sein.

Das gelte für Job und Privatleben gleichermaßen, privat spielen Pferde im Leben der vierköpfigen Familie mit den 12- und 15-jährigen Töchtern die große Rolle. Sein Job weniger. Allenfalls, wenn der Vater mal wieder mit neuen Möbeln um die Ecke kommt. „Nach fünf Jahren kann ich unsere Einrichtung nicht mehr sehen“, sagt Grube. Dann wird neu eingerichtet.

Nicht auszudenken, wenn sich derlei Mechanismen auch bei seinen Kunden durchsetzen würden.

Der Schreibtisch als Spiegel der eigenen Seele? Einmal im Monat besucht TAGEBLATT-Chefredakteur Wolfgang Stephan unangemeldet einen Chef in der Region – um einen Blick auf seinen Schreibtisch zu werfen. Daraus folgt ein Porträt des Protagonisten.

Heute: Arndt Grube, geschäftsführender Gesellschafter von Möbel Jähnichen in Stade.

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