Das ist die Elbphilharmonie von innen

Handwerker arbeiten noch im großen Saal der Elbphilharmonie , während die Teilnehmer einer Pressekonferenz über den aktuellen Stand der Bauarbeiten informiert werden. Foto Heimken/dpa
Hamburgs größtes 3D-Puzzle ist komplett: In der Elbphilharmonie ist die aus 10 000 Einzelteilen bestehende Weiße Haut fertig montiert, gestern durften Journalisten einen ersten Blick auf die sagenumwobene Innenverkleidung des großen Konzertsaals werfen.
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Die Gipselemente sollen für perfekten Klang sorgen und Hamburg einen der zehn weltbesten Konzertsäle bescheren. So haben es Architekten, Baufirma und Sounddesigner Yasuhisa Toyota der Stadt vertraglich zugesichert. Die termingerechte Übergabe der eigens für die Elbphilharmonie konstruierten Oberfläche markiert den letzten großen baulichen Meilenstein vor der Eröffnung des neuen Wahrzeichens am 11. Januar 2017.
Ähnlich einer Haut hüllt das Material nicht nur die Wände im großen Konzertsaal ein, sondern auch die 25 Meter hohe Decke und die Balkonbrüstungen. „Jedes Teil ist ein Unikat“, berichtete Architekt Jacques Herzog (Herzog & de Meuron). Die Platten sind von Akustik-“Papst“ Toyota so entworfen und von einer Spezialfirma mit Computerfräsen modelliert worden, dass rund eine Million Mulden und Spitzen entstanden. Sie sollen die Musik brechen, zurückwerfen und optimal im Raum verteilen, damit die 2100 Besucher ein Hörererlebnis von Weltformat genießen können. Die Kosten der Verkleidung betragen knapp 16 Millionen Euro.
Baumeister Herzog bat indes, den Begriff Weiße Haut gleich wieder zu vergessen. Nicht nur ist das aus Gips und Altpapier gebildete Material tatsächlich eher hellgrau. Auch handele es sich nicht um eine Haut, sinnierte der Schweizer Stararchitekt (Allianz-Arena in München, „Vogelnest“ in Peking) auf der Baustelle: „Es erinnert mehr an etwas Mineralisches wie ein Muscheltier.“
Die Montage war hoch kompliziert und dauerte mehr als zwei Jahre. „Extrem schwierig“ sei es gewesen, jedes der 10 000 unterschiedlichen Elemente exakt am zugeteilten Platz auf dem Stahlskelett-Unterbau zu befestigen, so Projektleiterin Beate Cornils vom Bauunternehmen Hochtief. „Die maximale Maßtoleranz jedes Teils lag bei fünf Millimetern.“
Auch wenn die Sitze im Saal ebenso noch fehlen wie 300 Scheinwerfer – die beeindruckende Wirkung des terrassenförmig aufgebauten Inneren lässt sich deutlich erkennen. Entsprechend zeigten sich die Verantwortlichen restlos begeistert. Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) spürte „ein Gefühl von Erhabenheit“ im „Herzstück“ der Elbphilharmonie. Die Übergabe der Weißen Haut sei ein „vorgezogener Freudentag“, an den sie angesichts der langen Pannengeschichte des Millionengrabes am Elbufer fast nicht mehr geglaubt habe. Intendant Christoph Lieben-Seutter ließ den Blick durch den Saal wandern und befand euphorisch: „Es ist verblüffend, wie die schon ungeheuer hohen Erwartungen noch übertroffen werden.“ Besonders beeindruckt ihn die Kompaktheit des Raumes: „Alles ist der Musik untergeordnet.“
Nun biegen die Arbeiten endgültig in die Schlusskurve. Die Bühne im großen Saal ist fertig, der Einbau der Orgel hat begonnen. In zwei Wochen startet die Montage der Stühle, Mitte März soll das Parkett fertig sein. Im Anschluss beginnen Musiker damit, die Saalakustik einzuspielen.
Zum 30. Juni 2016 muss Hochtief den gesamten Bau übergeben, bis Oktober gibt es noch Zeit für Nachbesserungen. Anfang November soll zunächst die Plaza für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Die Eröffnungskonzerte sind für den 11. und 12. Januar geplant. Ein Viertel der Karten wird verlost.