Dollerner streitet mit Gemeinde um ein schmales Grundstück

Die begrünte Kante zum Uferstreifen sackt weg: Reihenhaus-Bewohner Frank Ziehm sorgt sich um sein Grundstück am Buschteich. Foto Lohmann
Frank Ziehm (52) aus Dollern bangt um sein Grundstück am Buschteich. Einen Meter auf einer Länge von 15 Meter benötigt er, um den absackenden Hang zu stabilisieren. Doch die Gemeinde stellt sich quer.
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„Ich will nur mein Eigentum schützen“, sagt er. Die Gemeinde müsse ihm nur das Recht einräumen, sein Grundstück auf eigene Kosten zu stabilisieren. Dazu benötigt er ein Stück des zwölf Meter breiten gemeindeeigenen Uferstreifens. Seit mehr als zwei Jahren streitet er sich mit der Gemeinde darum. Seine Anträge seien alle abgelehnt worden, sagt er. Den letzten Versuch habe er vergangenes Jahr gestartet.
Seit mehr als 30 Jahren lebt Ziehm in Dollern. Vor zwölf Jahren hat er das Reihenendhaus auf dem Grundstück am Buschteich gekauft, direkt am Uferstreifen, auf dem der Bodo-Mohr-Wanderweg verläuft; hier wohnt er mit seiner Frau und den drei Söhnen. Als sich Risse und Verschiebungen auf der Terrasse und der Treppe im Garten bildeten, wurde ihm geraten, die rund zwei Meter hohe begrünte Kante zum Uferstreifen abzustützen, damit das Grundstück nicht ganz wegrutscht. Die Ursache der Absackung sei bislang ungeklärt, so Ziehm. Möglich wäre ein übermäßiger Druck auf das Grundstück durch die starke Nutzung der Straße Am Buschteich.
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Daraufhin habe er sich an die Gemeinde gewandt. Die sah sich nicht in der Pflicht, doch auch sein Wunsch, den schmalen Streifen zu kaufen oder zu pachten, wurde abgelehnt; ein dauerhaftes Nutzungsrecht wurde ihm ebenfalls verwehrt. Das sei eine politische Entscheidung, sei ihm gesagt worden, es gehe um persönliche Animositäten. Dabei habe er mit keinem Streit, beteuert das CDU-Parteimitglied. Er habe die Politik und Verwaltung eingeladen, sich vor Ort von der Absackung zu überzeugen. Doch ohne Erfolg.
Von Falsch-Informationen berichtet Ziehm. Ihm sei unterstellt worden, er wolle eine Betonmauer errichten: „Das habe ich nie gesagt.“ Mit einer Konstruktion aus gestaffelten begrünten Pflanzsteinen – wie beim Nachbarhaus, in dem seine Eltern wohnen – will er die Böschung befestigen.
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Im Frühjahr 2018 sei ihm Hoffnung gemacht worden – im Zusammenhang mit dem Kauf eines Grundstücks im Gewerbegebiet. Dabei traf der Unternehmer mit Bürgermeister Wilfried Ehlers (SPD) und Gemeindedirektor Matthias Herwede zusammen. „Das kriegen wir schon hin“, sei ihm signalisiert worden.
Als auch der letzte Versuch nicht fruchtete, habe er sich einen Rechtsanwalt genommen, erzählt Ziehm. Doch nun werde ihm genau das vorgeworfen: Sein Antrag sei abgelehnt worden, weil er den Anwalt eingeschaltet habe, sei ihm gesagt worden. In der öffentlichen Ratssitzung im August reagierten Ehlers und Herwede verärgert auf die Erklärung Ziehms in der Bürgerfragestunde.
Seitdem ist Funkstille. „Keiner will mehr etwas sagen“, beklagt sich Ziehm. Auch gegenüber dem TAGEBLATT will sich keiner äußern. Durch die Einschaltung des Anwalts sei es eine juristische Auseinandersetzung geworden, Antworten gebe es nun nur noch über den Anwalt – mit der Begründung verweigern Bürgermeister Ehlers und Gemeindedirektor Herwede eine Antwort.
Auch Bauamtsleiter Roger Courtault will in der heiklen Angelegenheit auf Nachfrage nichts sagen – nur, dass die Gemeinde so entschieden habe. In seiner schriftlichen Antwort an den Anwalt, in dem Courtault mitteilt, der Antrag sei durch den (nichtöffentlich tagenden) Verwaltungsausschuss abgelehnt worden, weist er lediglich auf den Paragrafen 26 des Niedersächsischen Nachbarschaftsgesetzes hin. Offensichtlich geht die Gemeinde von einer Erhöhung des Grundstückes durch den Eigentümer aus. Ziehm widerspricht: Das Gelände sei nicht angehoben worden.
Die Fraktionsvorsitzenden halten sich ebenfalls bedeckt. „Ich möchte dazu nichts sagen, ich will kein Öl ins Feuer werfen“, sagt Stefan Hartlef, CDU-Sprecher und stellvertretender Bürgermeister. Das sei eine Grundsatzentscheidung gewesen, mehr dürfe er dazu nicht sagen.
Auch Wilfried Behrendt (SPD) sagt, er könne nichts sagen und verweist auf das „juristische Verfahren“. Hermann Döpke (FWG), ebenfalls stellvertretender Bürgermeister, war bei der entscheidenden Sitzung nicht dabei. Zu dem Zeitpunkt, als das Anwaltsschreiben eintraf, sei aber noch nichts endgültig entschieden gewesen, erinnert er sich. „Wir wären ihm vielleicht entgegengekommen.“ Indem Ziehm mit rechtlichen Schritten gedroht und damit „uns als Gemeinde gegen das Schienbein“ getreten habe, habe er sich „ins eigene Knie geschossen“: Jetzt „unterhalten wir uns nur noch mit dem Anwalt“. „Wir müssen gar nichts“, sagt der Ratsherr. Das sei im Nachbarschaftsrecht eindeutig geregelt.
Er suche nicht den Rechtsstreit, sondern sei er an einer „einvernehmlichen Lösung interessiert“, sagt dagegen Ziehm. Er könne nicht nachvollziehen, warum ihm kein Nutzungsrecht gewährt werde. Vergleichbare Regelungen seien doch auch mit anderen Anliegern der Straße Am Buschteich getroffen worden. Auch die Gemeinde müsste ein Interesse daran haben, das Problem zu lösen, meint der Familienvater. „Wenn etwas passiert, ist die Gemeinde verantwortlich.“ Immer noch hofft er darauf, dass die Politik doch noch einlenkt.
{picture3s} Die Fronten in der Sache Böschungsbefestigung sind verhärtet. Jetzt wird gar nicht mehr geredet. Wie es dazu kommen konnte, ist für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen, weil nur die eine Konfliktpartei redet, die andere hüllt sich in Schweigen. Warum die Gemeinde, der ja keine Kosten entstünden, sich sperrt, verwundert.
Von Klüngelpolitik redet Frank Ziehm, während ich von Politikern davor gewarnt werde, mich von ihm instrumentalisieren zu lassen. Ich kennte nur die halbe Wahrheit, wird mir gesteckt. Wie die andere Hälfte aussieht, will mir aber keiner sagen. Die Sorge, das eigene Nest zu beschmutzen, hält die Eingeweihten zurück, dabei tragen sie zumindest verbal nicht dazu bei, es sauber zu halten. Offen miteinander zu reden, wäre ein Weg, um wieder zueinander zu kommen. Denn es wäre doch in beider Interesse, eine Lösung zu finden, um die Kante zum Uferstreifen am Buschteich zu befestigen.
Dies ist nicht das erste Mal, dass es in Dollern zu Zerwürfnissen kommt, weil zu wenig miteinander geredet wird und persönliche Befindlichkeiten eine zu große Rolle spielen. Knatsch gibt es deshalb immer mal wieder im Rat, innerhalb der Ratsfraktionen, aber auch zwischen der Politik und einzelnen Bürgern, die sich vom Rat mit seinem nichtöffentlich – und damit nicht transparent – agierenden Verwaltungsausschuss schlecht informiert fühlen. Die Folge sind Unzufriedenheit und Verdruss.
Im Verwaltungsausschuss beraten und entscheiden Fraktionsvertreter unter Vorsitz des Bürgermeisters und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Würde der Gemeinderat auf das Gremium verzichten und dafür einfach öfter tagen – wie es andere Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Horneburg tun, würde vielleicht mehr in den öffentlichen Ratssitzungen diskutiert.