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Chefvisite

Dr. Rolf Jäger: Der Jäger der Hochschule räumt freiwillig sein Traum-Revier

Dr. Rolf Jäger: Der Jäger der Hochschule räumt freiwillig sein Traum-Revier

Wenn jemals der Spruch vom „Mann der leisen Töne“ seine Berechtigung hatte, dann bei diesem Protagonisten, der tatsächlich ganz leise redet, so dass jeder genau zuhören muss, was Dr. Rolf Jäger zu sagen hat. Dabei hat der Chef der „hochschule 21“ eigentlich viel zu sagen.

Von Wolfgang Stephan Samstag, 29.06.2019, 20:00 Uhr

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Die Frage ist erst einmal berechtigt: Wieso sitzt ein promovierter Maschinen- und Motorenbauer, der große Teile seines Berufslebens als Manager im Mineralölkonzern BP in London verbracht hat, in diesem kleinen Zimmer im offiziell als „Verwaltung“ ausgewiesenen kleinen Trakt der Hochschule 21 in Buxtehude?

„Reiner Zufall“, sagt der Maschinenbau-Doktor, geboren im Land Hadeln, mit Vorfahren auf Krautsand. Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. „Frag doch mal den Jäger“, das war die Empfehlung an den IHK-Geschäftsführer Bodo Stange, der 2014 in einer ziemlich labilen Lage der privaten Hochschule mit vereinten Kräften aus dem Gesellschafterkreis einen Scherbenhaufen zu kitten hatte, der durch die vorherige Geschäftsführung entstanden war.

Der Jäger war zu dieser Zeit ein ziemlich zufriedener Zeitgenosse mit Wohnsitz Altes Land, der sich mit 52 Jahren mit einem goldenen Handschlag von einem internationalen Konzern verabschiedet hatte, um nur noch das zu machen, was ihm Spaß macht. Ohne Geldsorgen ehrenamtlich arbeiten. Beispielsweise beim „Senior Experten Service“, der weltweit ehrenamtliche Fach- und Führungskräfte im Ruhestand vermittelt. Rolf Jäger ist Mitbegründer von „Vera“, einer Unterorganisation des SES zur Betreuung von Auszubildenden und Umschülern durch erfahrene Führungskräfte. Auch heute noch betreut er einen Umschüler.

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Und vermutlich ist das typisch für den mittlerweile 63-Jährigen, dass er in nur einem Gespräch mit Landrat Michael Roesberg, als Vertreter der Hochschul-Gesellschafter, den vermeintlichen Ruhestand beendete und ziemlich schnell als Geschäftsführer der Hochschule eingestellt wurde. Drei Wochen später saß er an diesem immer aufgeräumten Schreibtisch im kleinen nicht repräsentativen Hochschulzimmer, rechts oben im Verwaltungstrakt, linke Tür, fast immer offen. Neben der Tasse mit Süßigkeiten für jeden Besucher ist die offene Tür auch ein Markenzeichen des Rolf Jäger. Immer gesprächsbereit. Aber bitte genau zuhören. Jäger spricht druckreif, mit klarer Ansage.

Aber sitzt da wirklich der Chef der Hochschule 21? „Einer der beiden Chefs“, sagt Jäger über Jäger, denn natürlich kann auch Hochschul-Präsident Dr. Steffen Warmbold diese Titulierung für sich beanspruchen. Warmbold ist der akademische Leiter des Lehrbetriebes, Jäger der Geschäftsführer der privaten Hochschule ohne Weisungsbefugnis für das wissenschaftliche Personal, aber am Ende dann doch als GmbH-Geschäftsführer disziplinarisch Vorgesetzter aller 82 Beschäftigten im Haus. „Unter dem Strich bedeutet diese Konstellation, dass Geschäftsführer und Präsident auf Gedeih und Verderb gut zusammenarbeiten müssen“, sagt Jäger. Weil das in früheren Jahren nicht immer gut funktionierte, habe es unruhige Zeiten gegeben, seit er und Warmbold am Ruder stehen, sei die Hochschule in ruhigem Fahrwasser – sagen beide und belegen das mit Zahlen: Seit 2015 sind die Studierendenzahlen weiter gestiegen: von 890 auf 1150, jeweils zum Wintersemester. Mit „Hebamme Dual“, Pflege Dual“ und „Gebäudetechnik und Automation“ sind drei neue Studiengänge im Angebot.

„Ich habe als Geschäftsführer dieser Hochschule mein spätes Glück gefunden und kann alles umsetzen, was ich in meiner Berufszeit in einem internationalen Konzern gelernt habe“, sagt Jäger. Mit dem Unterschied, dass er in seinen 13 verschiedenen Jobs bei BP in 22 Jahren selbst als leitender Angestellter nie die Entscheidungsbefugnis hatte, die vom ersten Tag in der Hochschule von ihm erwartet wurde. „Der Aufsichtsrat lässt mir alle Freiheiten, so lange ich alles richtig mache.“ Wobei Jäger auch sagt: „Im Vergleich zu einem internationalen Konzern ist so eine Hochschule jeden Tag wie Kindergeburtstag.“ Das solle bitteschön nicht arrogant oder despektierlich klingen, aber wer Explosionen und Störfälle erlebt habe, könne „tiefenentspannt“ bleiben, wenn er „Aufregungen“ an einer privaten Hochschule zu managen habe.

„Tiefenentspannt“, ja, sagt Jäger, das sei eigentlich sein Gemütszustand in jeder Lebenslage. Laut werde er nie, denn: „Ich sehe den Vorteil intellektueller Argumentationen.“

Ein wenig klingt das nach Traumjob, und so sieht der Wahl-Altländer das auch. Aber warum geht der Mann jetzt mit 63 Jahren schon wieder vorzeitig in Ruhestand?

„Weil die Hochschule in den nächsten Jahren vor drei Herausforderungen steht, die ein Geschäftsführer managen muss, der mit einem langen Atem Visionen entwickelt und umsetzt.“ Deshalb erschien ihm der Zeitpunkt Ende November dieses Jahres richtig, um zum zweiten Mal freiwillig einen guten Job zu beenden. Die drei Projekte seien große Herausforderungen für alle Beteiligten an der Hochschule 21:

Mit Marcus Hübner ist sein Nachfolger gefunden, ein 49-jähriger Hamburger, der bei seinem ersten Auftreten im internen Kreis an der Hochschule eine Spur extrovertierter wirkte als sein Vorgänger, der manchmal introvertiert erscheint, was er aber gar nicht ist. „Was der Jäger in Zukunft machen wird?“. „Das weiß er noch nicht“, sagt der scheidende Geschäftsführer, aber dass er etwas machen werde, sei sicher. Übrigens: So ein introvertiertes Merkmal ist sein Hobby: Nach eigenen Worten kann er einen Motor eines VW-Käfers im Schlaf zerlegen und wieder zusammenbauen. Ganz allein. Natürlich kann er auch jeden VW-Käfer nach Baujahr zuordnen. Natürlich fährt er einen 40 Jahren alten Käfer-Oldtimer, aber natürlich ist er bei Oldtimer-Rallys nicht dabei. Da stehe er lächelnd am Straßenrad und denke sich seinen Teil. Was auch immer.

Ach ja, Golf spielt er auch. Passt für einen Manager seiner Klasse. Nicht aber seine Einschätzung des eigenen Leistungsstandes: „Ich bin vermutlich der schlechteste Golfspieler, den sie kennen“, sagt er und schiebt in echter Jäger-Manier nach: „Ich spiele leidenschaftlich gerne Golf.“

{picture1s} Der Schreibtisch als Spiegel der eigenen Seele? Einmal im Monat besucht TAGEBLATT-Chefredakteur Wolfgang Stephan meist unangemeldet einen Chef in der Region – um einen Blick auf seinen Schreibtisch zu werfen. Daraus folgt ein Porträt des Protagonisten.

Heute: Dr. Rolf Jäger Geschäftsführer Hochschule 21

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